Flaschenpost: Alles Lebkuchen
Darum trinken wir im Winter weniger Weißwein.
Die Angewohnheit, im Winter zarte Weißweine zu meiden wie der Teufel das Weihwasser, hält sich genauso erbittert wie das Dogma des Rotweinverzichts im Sommer. Sie fußt wohl in der Annahme, kalte Getränke würden den Körper kühlen und Alkohol heize so richtig ein. Je hochprozentiger, desto wirksamer. Ein Irrglaube, der im Winter unangenehme Folgen haben kann – auch mit einer Flasche Schnaps intus kann man im Freien erfrieren, nur merkt man es halt nicht. Zudem ist der Mensch insbesondere im Dezember offenbar auch olfaktorisch und geschmacklich auf Weihnachten programmiert: Ohne dem dominanten Lebkuchen- oder Zimtstern-Bukett geht jetzt gar nichts mehr. Es ist eben für viele die Hochzeit üppiger Rotweine.
Wenn überhaupt Weißwein, dann lediglich aus der Vanillekipferl-Abteilung. Filigrane Weiße hingegen haben jetzt meist Sendepause. Gegen den vorherrschenden Mix aus Siruppunsch, Langos und klebrigem Bratapfel haben subtile Aromen kein Leiberl mehr – sie gehen im Vorweihnachts-Geruchs-Rausch notgedrungen unter. "Wenn die stillste Zeit im Jahr vorbei ist, wird es endlich wieder ruhiger“, soll schon der bayrische Komiker Karl Valentin diagnostiziert haben. Und so kann man hoffen, dass im Jänner, wenn nach dem Völlern wieder Fasten angesagt ist, auch beim Wein wieder leisere Töne angeschlagen werden.
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