Gar nicht sauer: Das Essiggurkerl als neuer Star

Kaum zu glauben: Das Gurkerl hat es zum Literatur-Preis gebracht. Doch auch kulinarisch hat es einiges drauf, und reift heuer sogar früher.

Unbestritten ist beim Essiggurkerl alles klar. Die Konsistenz: knackig. Der Geschmack: würzig, säuerlich oder auch mild-süßlich. Die Form: Leicht gekrümmt im Ganzen,  in Längs- oder Querscheiben geschnitten oder, optisch besonders ansprechend, zum Gurkenfächer. Das verfeinert eine Wurstsemmel ebenso wie Rindsrouladen oder ein Fiakergulasch. Dass es jetzt zu literarischen Ehren kommt, war nicht unbedingt zu erwarten. Obwohl die Kunst an sich ohnehin keine Berührungsängste mit diesem kulinarischen Traditionsgemüse hat. Zuletzt hatte etwa der Konzeptkünstler Erwin Wurm die Gurke 2011 in Form von Skulpturen in Salzburg gewürdigt.

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Das Gurkerl als Literatur-Star

Doch nun hat es "das Gurkerl" - man weiß, es kann sich da nur um sauer Eingelegtes handeln  - zum renommierten Bachmannpreis gebracht. Und so thronte am vergangenen Wochenende während der Lesung von Johanna Sebauer beim Literaturwettbewerb passenderweise ein gut gefülltes Gurkenglas neben der Autorin auf dem Tisch. Der amüsante Text über die skurilen Auswüchse, die ein Tropfen Gurkerlwasser im Auge eines Tageszeitungsjournalisten auslöst, zählte nicht nur zu den Gewinnern des Wettbewerbs sondern  rückt den Fokus zum perfekten Zeitpunkt auf dieses sauer eingelegte Gemüse. Es ist die Zeit der Ernte – und des Einlegens.   

Kleine Gurken in Essigsud einlegen

Die Gurken reifen heuer, wie anderes Gemüse, früher als sonst. „Die Saison hat um 14 Tage früher begonnen“, sagt Gerald Pflügelmeier, der im Bezirk Eferding (OÖ) einen Bio-Hof bewirtschaftet. 

Gemüse in einem Essigsud einzulegen ist eine uralte Technik, um Gemüse haltbar zu machen. Im Prinzip ist das denkbar einfach: Gurken in Gläser schichten, Gewürze dazu und mit heißem Essigsud übergießen. Dass dafür natürgemäß kleinere Gurken als die bekannten Salatgurken verwendet werden, liegt auf der Hand. Etwa kleine Feldgurken oder sogenannte Einlegegurken, die aber ebenfalls zur Gattung "Cucumis sativis" gehören, sind besser geeignet. "Vereinfacht gesagt, handelt es sich um leicht veränderte Züchtungen der Feldgurke", sagt Georg Pflügelmeier. "Und sie werden kleiner geerntet." Manche haben auch eine dickere Haut als Salatgurken - das verstärkt mitunter die Knackigkeit. 

Familie Pflügelmeier setzt seit 1996 auf das alte Rezept von Geralds Mutter "Pepi", nach dem sie jahrzehntelang Gurken für den Hausgebrauch einlegte.  Sie wurde auch zum Namensgeber der Marke. Was die "Pepi's"-Gurken von jenen von Großherstellern unterscheidet: "Wir machen zuerst einen heißen Aufguss, damit werden die Gurken im Wasserbad schon pasteurisiert. Durch diese Aufgusszubereitung wird der Geschmack intensiver." Dann erst kommen die Gewürze dazu.

Das Gurkerl ist ein vielfältiges Produkt

Warum das Essiggurkerl eine gar so tiefe Tradition hat, liegt für Pflügelmeier vor allem in seiner Vielfältigkeit. "Ursprünglich stand wahrscheinlich der Gedanke des Haltbarmachens für den Winter im Vordergrund. Aber beim Einlegen ist den Geschmacksvorlieben keine Grenze gesetzt." Was jedenfalls unumgänglich ist: "Senf- und Pfefferkörner sowie Dille muss unbedingt sein." Mutter Pepi's Rezept sieht auch noch Lorbeerblätter und Gewürznelken vor. Was sich ebenfalls gut im Gurkerlglas macht: Knoblauch, Zwiebel, Chili oder ein Weinblatt, wie es in manchen traditionellen Rezepten angeführt ist. 

Essiggurkerl einzulegen ist zwar unkompliziert - kostet aber Zeit. Das ist im Privathaushalt genauso, wie am Bio-Hof. "Essiggurken sind ein Paradebeispiel eines arbeitsintensiven Produkts", erklärt Pflügelmeier. Vor allem die Ernte. "Jede Gurke ist ein Handgriff." Auch wenn bei großen Produzenten spezielle maschinelle Erntegeräte die Arbeit erleichtern, ist es schwierig, Arbeitskräfte zu finden. "Wer weiß, ob es Essiggurkerl aus heimischem Anbau in 15 Jahren noch gibt." 

Ingrid Teufl

Über Ingrid Teufl

Redakteurin im Ressort Lebensart. Gesundheit, Wellness, Lifestyle, Genuss. Seit 1997 beim KURIER, Studium Geschichte/Publizistik, Germanistik, Politikwissenschaften [Mag.phil.] Mag Menschen, Landschaften und Dinge, die gut tun, gut schmecken, gut riechen, neu sind.....und darüber schreiben.

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