Diese Quereinsteiger denken Schafkäse neu - und das schmeckt man
Die Quereinsteiger Katharina und Gerald Schinwald halten 123 Mutterschafe im Mostviertel und vermarkten rahmigen Camembert, würzigen Halloumi und cremiges Joghurt aus ihrer Bio-Schafmilch.
Lautes Geblöke bricht aus, als die fremden Besucher den Stall betreten. Gemeinsam flüchten die Herdentiere zur anderen Seite des Stalls, wo sie die Gesichter der Fremden ohne Furcht studieren können. "Das Schaf lässt sich etwas sagen: In der Gruppe sind sie gescheit und reagieren sensibel auf Gerüche, zudem erkennen sie sehr gut Gesichter", erzählt Gerald Schinwald. Die drei Widder stehen von den 123 Mutterschafen getrennt in dem 28 Meter langen Stall: Neun Lämmer – davon ein Nachzügler im Alter von einer Woche – wuseln zwischen den Müttern umher.
Für die Milchproduktion sind zwei Milchschaf-Rassen relevant: das ostfriesische und das Lacaune-Milchschaf. "Wir haben uns für Lacaune entschieden, das ursprünglich aus dem Süden Frankreichs stammt.
Die Milch dieser Rasse ist besonders reich an Inhaltsstoffen und wird in Frankreich für die Herstellung des bekannten Roquefort-Käses verwendet", erzählt der 35-Jährige.
Der ehemalige Mediendesigner sattelte mit seiner Ehefrau Katharina Schinwald, eine Modekolleg-Absolventin, vor sechs Jahren um: Sie studierten beide Agrarwissenschaften an der BOKU, sammelten Erfahrungen bei einem isländischen Schafhof und gründeten ihre Käserei "Milchmäderl" im Mostviertler Wallsee.
Daten und Fakten
Schafe
gehören zur Familie der Ziegenartigen – die Gattung umfasst 20 Arten. Aus dem Wildschaf ist das Hausschaf hervorgegangen. Wilde Schafe sind in Europa vor 3.000 Jahren ausgestorben
Hausschaf
Die ersten Schafe und Ziegen wurden vor 10.000 Jahren im Winterregengebiet am nördlichen Rand der syrischen Wüste gehalten
Lämmer
Die Paarungszeit von Schafen findet im Spätherbst statt. Nach fünf Monaten Tragezeit kommen die Jungtiere zur Welt
16.400 Schafbetriebe
mit 402.350 Schafen gibt es in Österreich
Jede Woche frischen Käse
Mit der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs verschwand das Lammfleisch von unserem Speiseplan: Zwischen 1950 und 1980 reduzierte sich der Schafbestand in Österreich fast um die Hälfte. Heute werden 402.350 Schafe gehalten – eine Herde umfasst im Schnitt 25 Schafe.
Da die Paarungszeit im Spätherbst stattfindet, kommen die Lämmer im Frühling zur Welt: Ein Muttertier gibt rund zwei Liter Milch am Tag, am Ende dann einen Liter. Katharina Schinwald: "Ein Mutterschaf bekommt meist zwei Lämmer. Die Jungtiere dürfen bei uns zwei bis 2,5 Monate bei ihren Müttern bleiben und so viel trinken, wie sie wollen. Da sie dann schon feste Nahrung zu sich nehmen, ist der Trennungsschmerz zu diesem Zeitpunkt nicht groß."
Zweimal am Tag geht die 32-Jährige melken – ihre Tiere erkennt sie an den Eutern. Schafmilch sticht im Vergleich zu Kuhmilch durch einen vollmundigen, samtigen Geschmack hervor, zudem hat sie einen hohen Eiweißanteil und einen höheren Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren.
In der Käserei gleich neben dem Stall stellt das Paar die Hartkäsesorten aus Rohmilch her, die Frischkäsesorten werden pasteurisiert. Der Käse wird u. a. beim Online-Bauernmarkt Markta, bei "Pöhl & Mayr" in Wien oder bei "Gut Ding" in St. Pölten verkauft.
Halloumi und Cheddar für regionale Burger
Für einen 2,5 Kilo schweren Hartkäse-Laib braucht es sieben Liter Schafmilch. Bei Joghurt ist das Verhältnis 1:1, da kein Wasser verloren geht. Generell lässt sich sagen, dass Schafskäse zwar geschmacksintensiver, aber nicht so intensiv wie Ziegenkäse ist.
"Frischkäse aus Schafmilch schmeckt voller und fetter." Etwas knifflig ist die Herstellung des Camemberts, um die perfekte Konsistenz zu erhalten: "Nach 14 Tagen Reifen ist er innen noch schön topfig, rinnt aber nicht vom Teller."
Als Renner hat sich der Cheddar entwickelt – das Landwirte-Paar möchte diesen für Burger in regionalen Wirtshäusern vermarkten: „Durch die Schafmilch präsentiert er sich cremiger und schmelzender auf der Zunge, sehr intensiv und herzhaft.“ Der Viehwirt selbst ist Vegetarier und bevorzugt seinen Halloumi paniert – als Fleischlaberl-Ersatz.
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