Wen interessiert heute noch, ob ein Wein 18 oder 18,5 Punkte errang?
Maßstab ist der eigene Geschmack und nicht das Diktat saturierter Gurus. Weine werden nicht mehr nach Parker-Punkten gekauft.
Die Weinwelt alter, weißer Männer scheint allmählich unterzugehen. Das zeigte das vergangene Jahr: Was Mann einst trank, geriet zunehmend zum Ladenhüter. Die Zeiten, als das Genre allein von elitären Herren bestimmt wurde, sind Geschichte.
Nicht nur Frauen machen, trinken und schreiben über Wein, auch junge und monetär weniger komfortabel ausgestattete Menschen bestimmen zunehmend den Markt. Sie trinken, was gefällt. Und das ist längst nicht nur Bordeaux namhafter Châteaus oder dressierter Weißwein uniformen Zuschnitts.
Die Zukunft der Weine ist bunt – irgendwo zwischen Weiß und Rot, von maischevergoren in allen Farbvarianten bis Rosé oder Zartrot. Dabei zählt nicht das Etikett, sondern die Substanz – sie sind leicht im Alkohol, bei vollem Geschmack, verträglich und möglichst unbehandelt.
Die Zeiten, in denen hoher Profit mit teuren Gewächsen, aber auch billiger Massenware auf Kosten der Umwelt ging, sind angezählt. Was zählt, sind Authentizität, Herkunft und Nachhaltigkeit. Und zwar nicht im Kombipack mit moralinsauren Predigten, sondern als Zeichen eines neuen Selbstwerts. Man will nichts mehr zu sich nehmen, was Körper und Seele schadet.
Maßstab ist der eigene Geschmack und nicht das Diktat saturierter Gurus. Weine werden nicht mehr nach Parker-Punkten gekauft, sondern aufgrund ihres tatsächlichen Inhalts. Wen interessiert heute noch, ob ein Wein 18 oder 18,5 Punkte errang, ob er nach durchgerittenem Ledersattel oder hawaiianischer Ananas anmutet? Schmecken soll er – und guttun.
Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.
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