Lucas Fendrich

"Wer Fendrich hört, denkt Rainhard" - Sohn Lucas über sein Album

"Dancing Star" Lucas Fendrich spielte lieber Indierock als Austropop und lebte in L. A., wo auch Taylor Swift seine Musik super fand.

Kann ein Name eine Belastung sein? In manchen Fällen sicher, und vielleicht zog es Lucas Fendrich auch deshalb nach Kalifornien, weil dort niemand etwas mit seinem Nachnamen verbindet, er sich einen eigenen machen konnte. Und das ist ihm durchaus gelungen. 

Warum Lucas Fendrich trotzdem zurück nach Österreich gekommen ist, weshalb er eigentlich nie deutsch singen wollte und wie es um das musikalische Verhältnis zu seinem Vater steht, sind einige der Fragen, auf die Lucas Fendrich im Interview offen antwortet. 

Und schließlich kramt er für die freizeit sogar in alten Kindheitserinnerungen, über seinen Vater und dessen Freunde.

Gratulation zu Ihrem ausgezeichneten neuen Album "Rezeptfrei". Es ist in mehrfacher Hinsicht ein Debüt für Sie, wenn ich nicht irre?

Vielen Dank! Es ist mein Solo-Debüt, das stimmt. Und ja, auf Deutsch zu singen hätte ich mir noch vor wenigen Jahren nicht einmal vorstellen können ...

Lucas Fendrich

Lucas Fendrich in seiner Wohnung in Perchtoldsdorf. Er sitzt auf einer ganz besonderen Couch ...

©kurier/Martin Winkler

Sie werden es am 13. März im B72, einem Indierock-Club präsentieren.  Eine Location, die man vielleicht nicht sofort mit Ihnen verbindet. 

(lacht) Was würde man denn mit mir verbinden? Die Stadthalle? Aber ich weiß schon, was Sie meinen. Nur ist es halt so, dass ich mit 17 mein allererstes Konzert im B72 gegeben habe, und mit unterschiedlichen Bands dort an die 20 Mal aufgetreten bin. Meine musikalische Sozialisation war Indierock, nicht Austropop. Als Teenager war ich Fan von Bands wie Incubus, Placebo, Radiohead ... 

Nachdem Sie nun bereits Austropop angesprochen haben, wollen wir auch kurz über den Namen reden, der wohl bei jedem Interview mit Ihnen elefantengroß im Raum steht: Wie schwierig ist es, mit Rainhard Fendrich als Vater einen eigenen künstlerischen Weg zu finden? 

Einerseits gar nicht, weil mein Vater mir nie etwas aufgedrängt hat. Andererseits ist es natürlich so: Die Fußstapfen meines Vaters sind so groß, die kann ich nicht einmal ausfüllen, wenn ich mich hineinlege. Wer Fendrich hört, denkt Rainhard, zumindest in Österreich. Deshalb wollte ich ganz einfach nie eine Angriffsfläche für Vergleiche bieten, indem ich zum Beispiel deutsch singe. Da war ich lange sehr unsicher ... 
Andererseits sagt der Name Rainhard Fendrich einer gewissen Taylor Swift sicher nichts, der Name Lucas Fendrich hingegen schon!
(lacht) Das mag tatsächlich stimmen ... Sie sprechen die Playlist von Taylor Swift vor acht Jahren an? Also ja, vielleicht kann sie sich ja wirklich an uns erinnern. 

Sie lebten mit ihrer Band "Hunger" damals in L. A. Und dieser Song, "Amused", war auch in der Netflix-Serie "Tote Mädchen lügen nicht" von Selena Gomez zu hören.

Genau, und deshalb wird wohl auch Taylor Swift darauf aufmerksam geworden sein. Die beiden waren ja Best Buddies.

Das ist doch eine Entwicklung, von der Tausende Bands nur träumen können ...

Ja, wir hatten schon große Hoffnungen, es lief auch richtig gut an danach. Wir sollten beim "South by Southwest Festival" spielen, dem größten Musikfestival der Welt, bei dem vor allem auch die meisten Vertreter der Musikindustrie anwesend sind. Dafür hatten wir eine US-Tour fixiert, die uns von New York bis nach Austin, Texas, führen sollte, wo das Festival stattfindet – und dann kam Corona. Alle Gigs wurden gecancelt, wir standen nach unserem zweiten Auftritt in New York sprichwörtlich vor dem Nichts.

Wie gingen Sie mit diesem Schlag um? 
Nun ja, wir blieben noch dazu auf den Kosten für die Tour sitzen, die bereits angefallen waren ... Die Band löste sich de facto auf, ich bin nach Österreich zurück und wollte eigentlich nichts mehr von Musik hören.

Wurden Sie deshalb zum "Dancing Star"?

In gewisser Weise ja. Sie hatten zuvor schon zwei, drei Mal angefragt, aber eigentlich hab ich mich nie so in der Hauptabendunterhaltung gesehen. Zu dem Zeitpunkt dachte ich mir dann aber: Warum nicht?  Und es hat überraschend viel Spaß gemacht. So kam die Idee, auch musikalisch etwas Neues zu versuchen.

Und deutsch zu singen?

Ja, ich bin schließlich keine 17 mehr und habe wohl auch ein bisschen mehr Selbstvertrauen als damals. Und es war tatsächlich sehr spannend. Ich habe zwei Jahre daran gearbeitet, 70 oder 80 Songs geschrieben. Zwölf davon sind auf dem Album.

Lucas Fendrich

Lucas Fendrich privat: Neben der Gitarre ist das Klavier sein Hauptinstrument, um zu komponieren 

©kurier/Martin Winkler
Zwölf Songs mit großer Bandbreite. Von treibenden Synthie-Beats bis zu eher Gitarre-dominierten Downtempo-Nummern wie das lässige "Irgendwie unangenehm".
Ich lasse mich nicht gerne in Schubladen stecken und habe gemacht, woran ich Spaß habe. Und diese frühen Synthie-Sounds – Oberheims, Prophets, Junos – liebe ich einfach. Bei "Hunger" hab ich sie mit Rocksounds kombiniert, lange bevor der Hype losging. Was ich jetzt mache, nennt man wohl 80s-Synth-Wave-Pop.
Beobachtet Ihr Vater eigentlich Ihre Karriere? 

Da müssen Sie meinen Vater fragen, wenn Sie wissen wollen, was er von meiner Musik hält.

Das stimmt, aber es ging mir eher um Sie, also wie seine Kritik – oder sein Lob – auf Sie wirkt? 

Na ja, jedes Kind wünscht sich, dass die Eltern stolz auf einen sind. Dementsprechend ist das bei mir, ich freue mich, wenn ihm meine Sachen gefallen. Bin ich niedergeschlagen, wenn ihm etwas nicht gefällt? Nein. Aber zum Glück findet er sehr viel von dem, was ich mache, gut.

Fragt er Sie um Ihre Meinung?

Definitiv, ja. Ich sag ihm auch klar ins Gesicht, was ich von einem Song halte. Vielleicht gehöre ich da zu den wenigen, die das tun. Genau so macht es mein Dad mit mir.

Und wenn Sie bei "Feuer über Wien" den Kokskonsum in der Stadt thematisieren, was sagt er da?

(lacht) Das fragen Sie ihn aber wirklich besser selbst.

Rasanter Themenwechsel: Neben den fetten Beats fällt auch Ihre sehr sichere Gesangsstimme mit schwierigen Falsett-Passagen auf. Hatten Sie Unterricht?

Vielen Dank, ich habe auch drei Jahre Pop- und Jazzgesang am "Vienna Music Institute" studiert. Eigentlich habe ich die Aufnahmeprüfung für Gitarre gemacht, bin aber dann recht bald auf Gesang umgestiegen. Und ich bin schließlich auch in einem sehr musikalischen Haus aufgewachsen. (lacht)

Lucas Fendrich

Ein Abstecher zum Heurigen ist in Perchtoldsdorf Pflicht: mit Lucas Fendrich im "Jezek" 

©kurier/Martin Winkler

Apropos: Wie war das für Sie als Kind, war Wolfgang Ambros für Sie Onkel Wolfgang?

Beinahe. Er war schon sehr oft bei uns, Georg Danzer auch. Da war immer was los, eine schöne Zeit. Der Hans kam auch immer wieder, da, auf der roten Couch sind sie alle gesessen (zeigt auf eine etwas zerschlissene Couch im Wohnzimmer). Mein Vater wollte sie irgendwann entsorgen, da hab ich sie genommen. Da stecken einfach sooo viele Erinnerungen drin.

Der Hans? Hölzel?  

Ja, klar. Besonders zu den Sommerfesten, da war er immer dabei. Als Kind hab ich einen Silberlöffel von ihm geschenkt bekommen. Den hab ich immer noch.

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

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