Pixars neuer Animationsfilm "Rot": Plötzlich Panda

Regisseurin Domee Shi und Visual Effects Supervisor Danielle Feinberg über ihre Arbeit an "Rot".

Gefühle und Körper spielen plötzlich verrückt, und die Eltern irgendwie auch. Bei der 13-jährigen Meilin „Mei“ Lee treibt die Pubertät aber besonders auffällige Blüten: Wenn ihre Emotionen hochkochen, verwandelt sich das fröhliche Mädchen aus Toronto in einen riesigen Roten Panda. Mei ist damit genauso überfordert wie ihre strenge Mutter, die panisch große Packungen Binden heranschafft.

Der flauschige Allesfresser wird in Pixars neuem Animationsfilm „Rot“ (englischer Titel: „Turning Red“, zu sehen bei Disney+) zur Metapher für eine Phase voller Veränderungen. Regisseurin Domee Shi, die 2019 für ihren Kurzfilm „Bao“ einen Oscar gewann, erzählt darin auch ein Stück ihrer eigenen Geschichte. Wie Protagonistin Mei ist die Filmemacherin in China geboren und wanderte mit den Eltern nach Kanada aus. Als Einzelkind hatte Shi eine enge Bindung zu ihnen, vor allem zu ihrer Mutter. Bis die Pubertät anklopfte.

„Ich begann, mich zu verändern, interessierte mich für Animes und Comics, unternahm mehr mit meinen Freundinnen und weniger mit meiner Mutter“, erzählt die 34-Jährige bei einer Pressekonferenz. Plötzlich sei sie hin- und hergerissen gewesen zwischen eigenen Interessen und Familientraditionen. Genau von diesen Herausforderungen ist auch „Rot“ inspiriert: „Wir wollten die Nuancen asiatischer Eltern-Kind-Beziehungen erforschen, den Umgang mit Veränderungen, generationsübergreifende Konflikte und wie uns diese prägen.“

Eingebettet ist das alles in jene Zeit, in der Shi selbst Teenagerin war: die frühen 2000er. Deshalb sieht man in „Rot“ keine Smartphones, sondern Tamagotchis. Mei und ihre Freundinnen hören Musik auf CDs und der letzte Schrei sind Boybands nach dem Vorbild von N*Sync oder den Backstreet Boys – hier heißt die Gruppe der Stunde 4*Star, deren Songs Billie Eilish und ihr Bruder Finneas beisteuerten.

Domee Shi bei der Premiere von "Rot"

©EPA/CAROLINE BREHMAN

Die Nullerjahre visuell einzufangen und sich daran zu erinnen, wie diese überhaupt aussahen, sei durchaus eine Herausforderung gewesen, wie Danielle Feinberg im KURIER-Gespräch erklärt. Sie verantwortete die visuellen Effekte bei „Rot“. „Bei den 70ern und 80ern hat man ein klares Bild vor Augen und auch eine bestimmte Farbpalette.

Viel Arbeit ging in die Auswahl der passenden Farben. Dabei wurde auch die Psychologie berücksichtigt: Meis Zimmer hat etwa dasselbe Grün wie die Kleidung ihrer Mutter.

Auch die Simulationen von Haaren und Stoffen seien komplex gewesen: Zum einen waren da die Fellbewegungen des Pandas. „Teenagerinnen umarmen sich oft, Meis Mutter berührt ihr Haar oder zieht ihr Jacket glatt. Es waren viele kleine Dinge, an die man zuerst nicht denkt, aber unser Simulationsteam hatte bei jeder einzelnen Einstellung etwas zu tun.“

©PIXAR/2021 Disney/Pixar

„Rot“ ist der erste Pixar-Film, bei dem eine Frau die Regie übernahm. Auch die anderen Führungspositionen waren mit Frauen besetzt. Feinberg war die erste Frau bei Pixar als Visual Effects Supervisor. „Und jetzt gibt es neben mir noch drei weitere. Das ist toll“, so Feinberg, die sich als Mentorin für technikinteressierte Mädchen engagiert.

Diese seien nicht mehr mit denselben Schwierigkeiten konfrontiert wie Feinberg früher. Während ihres Informatikstudiums seien höchstens 10 Prozent Frauen gewesen. „Man hat dann das Gefühl, nicht dazuzugehören, weil es einfach nicht danach aussieht.“ Mittlerweile sei der Prozentsatz höher und es gebe auch mehr Unterstützung. „Es verändert sich definitiv, aber wenn es um Diversität geht, ist das nichts, wo man einfach mit dem Finger schnippen kann.“

©PIXAR/2021 Disney/Pixar

Regisseurin Shi hofft, dass es künftig mehr Frauen-Teams wie bei der Produktion von „Rot“ geben wird. Sie wollte einen Film machen, den sie als 13-Jährige selbst gerne gesehen hätte, der ihr die Sorgen vor der Pubertät genommen hätte. „Aber es geht nicht nur um die inhaltliche Ebene, sondern auch darum, Mädchen zu zeigen, dass Frauen und insbesondere auch Frauen of Color große Filmproduktionen stemmen und dabei erfolgreich sein können.“

Nina Oberbucher

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