Neuer Pixar-Film "Elemental": Wenn die Liebe brennt

Die beiden deutschen Schauspielenden Emilia Schüle und Jannis Niewöhner sind die Synchronstimmen von Feuermädchen und Wasserjungen in „Elemental“

„Gegensätze ziehen sich an“, lautet eine alte Binsenweisheit. So abgedroschen sie auch klingen mag, hat sie doch das Pixar-Animationsstudio – mittlerweile Teil von Disney – zu einer etwas abwegigen Liebesgeschichte inspiriert. In „Elemental“ (ab Donnerstag im Kino) verliebt sich ein Feuermädchen in einen Wasserjungen – und stößt dabei auf heftigen Widerstand.

Eine Romanze zwischen einer Stichflamme und einem Tropfen Flüssigkeit – wie soll das gehen?

An den nordamerikanischen Kinokassen bisher nicht so gut: Mit „nur“ 30 Millionen Dollar Einspielergebnis am ersten Wochenende fuhr „Elemental“ das zweitschlechteste Ergebnis der Studiogeschichte ein.

Dabei hat Pixar schon ganz andere Aggregatzustände animiert als nur Feuer und Wasser: Innere Gefühle, zum Beispiel, wie in „Alles steht Kopf“. Von Spielzeug („Toy Story“), Fischen („Findet Nemo“) oder Ratten („Ratatouille“) ganz zu schweigen.

In der jüngsten Culture-Clash-Komödie „Elemental“ wird eine Emigrationsgeschichte mithilfe der vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft erzählt.

Das Flammenmädchen Ember stammt aus dem Volk der Feuermenschen. Gemeinsam mit seinen Eltern wohnt es in der farbenfrohen Elemental-City, wo auch noch Wassermenschen, Erdbewohner und Luftmenschen leben. Die orange-lodernden Feuermenschen gehören zur ärmeren Bevölkerungsschicht und bleiben unter sich. Feuermädchen dürfen nur Feuerbuben heiraten, lautet ein ungeschriebenes Gesetz.

Als sich Ember in den Wasserbuben Wade verliebt, bricht sie dieses ungeschriebene Gesetz. Außerdem will sie das Geschäft des Vaters nicht fortführen – und enttäuscht damit die Erwartungen ihrer Eltern schwer.

Dieses Thema sei ihr gleich bekannt vorgekommen, sagt Emilia Schüle im KURIER-Gespräch. Die deutsche Schauspielerin – derzeit als „Marie Antoinette“ in der gleichnamigen Serie zu sehen – hat dem frechen Feuermädchen ihre Synchronstimme gegeben; und Gemeinsamkeiten mit ihr entdeckt.

Die deutsche Stimme von Feuermädchen Ember: Emilia Schüle

©Disney/Hanna Boussouar

Falsche Wünsche leben

Schüle hat ebenfalls eine Migrationsgeschichte. Sie stammt aus einer russlanddeutschen Familie und kam als Kleinkind nach Deutschland: „Ich kenne das Gefühl, sich seinen Eltern gegenüber in einer gewissen Schuld zu befinden. Man weiß, dass sie ihr Leben aufgegeben haben, um den Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Aber die Liebe zu den Eltern bedeutet nicht, dass man ihre Wünsche lebt“, so die 30-Jährige: „Ein Teil des Erwachsenwerdens besteht darin herauszufinden, was die eigenen Wünsche sind. Insofern konnte ich mich mit Ember und den Konflikten, die sie mit ihren Eltern hat, sehr gut identifizieren.“

Auch die Liebesgeschichte findet Schüle gut. Der Wasserbub ist – wenig verwunderlich – nah am Wasser gebaut und lebt seine Gefühle voll und ganz. Bei der kleinsten Rührung bricht er in Tränen aus und weint ganze Kübel voll: „Wade ist das Gegenteil von toxischer Männlichkeit“, freut sich Schüle: „Er hat keine Angst, Gefühle zu zeigen. Das ist heutzutage besonders ungewöhnlich für einen Mann, aber auch für Frauen. Ich glaube, es ist eine Herausforderung für die ganze Gesellschaft, so ehrlich und gekonnt wie Wade seine Gefühle zu kommunizieren.“

Spricht den Wasserbuben Wade: Jannis Niewöhner

©Disney/Hanna Boussouar

Auch der deutsche Schauspieler Jannis Niewöhner (,Narziss und Goldmund“), der die Synchronstimme für Wade übernahm, hatte viel Freude mit seiner wässrigen Rolle: „Ich finde es gut und wichtig, Männerfiguren so emotional zu erzählen. Er steht seinen Gefühlen und der Welt offen gegenüber.“

Extra laut

Überhaupt sei das Schöne am Einsprechen eines Animationsfilms, dass man „über die Stränge schlagen kann“, findet Niewöhner: „Man darf extra laut weinen, extra laut lachen und extra laut verliebt hauchen. Das macht Spaß.“

Die Synchronarbeit selbst verlangt absolute Präzision und perfektes Timing. Die Tonaufnahmen sind in Akte unterteilt, die jeweils in bis zu 300 „Takes“ eingespielt werden: „Man arbeitet sich Ton für Ton ab. Ich liebe Töne“, gesteht Emilia Schüle: „Laute, die man beim Springen oder Fliegen von sich gibt, machen mir total Spaß. Die langen Dialogpassagen hingegen finde ich viel schwieriger, weil man sie am Stück perfekt abliefern muss. Jeder Atemzug, jede Lücke muss sitzen. Das erfordert wahnsinnig viel Konzentration.“

Gegensätze ziehen sich an: Feuer und Wasser in Pixars "Elemental"

©PIXAR/Disney/Pixar

Was die wohlmeinende Toleranzbotschaft von „Elemental“ und dessen Plädoyer für die Überwindung von Vorurteilen angeht, sind sich Emilia Schüle und Jannis Niewöhner jedenfalls einig: „Es geht um Selbstfindung, Verantwortung, Familie und Liebe. Und es geht um Migration, Herkunft und um das Brückenschlagen zwischen sich fremden Welten. Ich finde, dass der Film in all seinen Themen hundertprozentig relevant ist“, sagt Emilia Schüle. Und Jannis Niewöhner pflichtet bei: „Geschichten über Toleranz und Liebe sollten immer wieder erzählt werden. Diese Botschaft ist einfach wichtig und schön.“

Alexandra Seibel

Über Alexandra Seibel

Alexandra Seibel schreibt über Film, wenn sie nicht gerade im Kino sitzt.

Kommentare