Unwiderstehlich: Lady Gaga als Patrizia Reggiani macht eine reiche Heirat in „House of Gucci“

Lady Gaga in "House of Gucci": Einfach wie eine Hauskatze

Lady Gaga ist umwerfend als Patrizia Reggiani, Ehefrau und Mörderin von Maurizio Gucci, und nahm sich Katze, Fuchs und Panther zum Vorbild.

Niemand weiß, wie man Patrizia Reggiani spielt, nicht einmal Patrizia Reggiani selbst. Das weiß nur Lady Gaga. Sie allein ist die Spezialistin für Patrizia Reggiani, jene Frau, die in die schwerreiche Designer-Familie Gucci einheiratete und kurz vor der Scheidung ihren Mann Maurizio auf offener Straße abknallen ließ.

Lady Gaga ist Patrizia Reggiani. Drei Jahre lang hat sich die global berühmte Sängerin akribisch auf ihre – nach ihrem Filmdebüt in „A Star Is Born“ – erst zweite Filmrolle in Ridley Scotts weitmaschig gestricktem Drama „House of Gucci“ (derzeit im Kino) vorbereitet. Als resolute, aber ungebildete Tochter eines (mafiösen?) Transportunternehmers mischt Gaga – unwiderstehlich temperamentvoll mit dunkel gefärbtem Haar, Klunker im Ohr und knappem Kostüm – das steife Haus der Guccis auf. Der schüchterne Maurizio (Adam Driver mit Brille) hat keine Chance gegen sie und ergibt sich kampflos ihrer gebieterischen Liebe. Es beginnt ein Highlife, das Gagas Patrizia mit dem gierigen Gusto der Kleinbürgerin solange auskostet, bis innerfamiliäre Streitigkeiten die Beziehung sprengen.

Lügengesicht

Lady Gaga vertritt den Typ Schauspielerin, die – ähnlich wie ein Daniel Day-Lewis – komplett in ihrer Rolle aufgeht und sie nicht einmal zu Hause ablegt. So sprach Gaga die letzten eineinhalb Jahre auch privat wie Patrizia Reggiani: Mit schwerem italienischem Akzent. Zudem arbeitete sie sich durch eine Unzahl an Interviewaufnahmen mit Reggiani und sammelte Informationen über sie „wie eine Journalistin“, wie Gaga während einer virtuellen Pressekonferenz zu „House of Gucci“ erklärte: „Ich wollte dahinterkommen, wer Patrizia ist, und wie es zu der Tat kam. Sie ist eine Person, die in vielen ihrer Interviews lügt. Also wollte ich für mich herausfinden, was sie für ein Gesicht macht, wenn sie lügt, und was sie für ein Gesicht macht, wenn sie nicht lügt.“

Salopp könnte man sagen: Gaga hat sich in die Rolle hineingetigert. Allerdings stimmt dieses Bild nicht, denn es handelt sich um das falsche Tier. Nicht der Tiger hat die Künstlerin in ihrer Rollenaneignung inspiriert, sondern Katze, Fuchs und Panther.

Adam Driver und Lady Gaga in "House of Gucci"

©Fabio Lovino/UPI

Befragt nach ihren Vorbildern bei der Vorbereitung auf Reggiani, gibt Lady Gaga eine verblüffende Antwort: „Ich habe mich an drei Tieren orientiert. Als ich mich auf die Patrizia der frühen Jahre vorbereitete, war ich eine Katze, eine einfache Hauskatze. Im zweiten Teil des Films werde ich zum Fuchs. Ich habe mir angeschaut, wie Füchse jagen. Sie machen das spielerisch. Und für den dritten Akt, das Finale, habe ich den Panther studiert. Patrizia wird zur Riesenkatze, und dazu habe ich mir eine Menge Videos mit jagenden Panthern angesehen. Panther werden beim Jagen sehr verführerisch. Sie locken das Opfer an, dann schlagen sie zu.“

Bei ihrem Studium der Patrizia Reggiani wollte sich Lady Gaga – abseits von der schnurrenden Tierwelt – von niemandem dreinreden lassen. Auch nicht von Patrizia Reggiani selbst.

Lady Gaga als Patrizia Gucci in Ridley Scotts "House of Gucci"

©Fabio Lovino/UPI

Diese war im Jahr 2016 nach 18 Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen worden und hatte sich bei der italienischen Presse darüber beschwert, dass Gaga sie nicht persönlich konsultierte.

Perücken

„House of Gucci“ erzählt die mäandernde Ehe- und Familiengeschichte der Guccis über mehrere Jahrzehnte hinweg – von der ersten Liebe bis zur Ermordung Maurizio Guccis in Mailand im Frühling 1995: „Das war eine ziemliche Herausforderung“, gibt Lady Gaga, mittlerweile 35 Jahre alt, unumwunden zu: „Allein, dass ich als 22-Jährige durchgehen soll, ist eigentlich schon ziemlich lächerlich. Danke, Ridley!“ Um den Überblick über die wechselnden Frisuren zu behalten, die Gaga als Reggiani zu unterschiedlichen Zeitpunkten trägt, wurde ihr Trailer mit Szenenfotos zugepflastert. So konnte man immer überprüfen, in welcher Szene sie welchen Look zu tragen hatte: „Wir besaßen 15 Perücken, die exakt so aussahen wie Patrizias jeweiliger Haarstil. Wir haben sogar die gleichen Färbemittel für die Haare benutzt, die man damals verwendet hat. Alles war punktgenau. Manchmal musste ich in der Früh eine Szene drehen, in der Patrizia Anfang 40 ist, kurz darauf eine, in der sie 25 ist. Aber weil wir alles so akkurat dokumentierten, war ich immer bestens vorbereitet.“

Salma Hayek als Wahrsagerin, die Patrizia Reggiani beim Mord an Maurizio Gucci unterstützt

©Courtesy of Metro Goldwyn Mayer

Trotz all dem Glamour, den teuren Sonnenbrillen, den kostbaren Pelzen und den exquisiten Handtaschen, mit denen sich Gaga als Patrizia eindeckt, achtete die Schauspielerin immer darauf, dass „Patrizia nie so glänzend aussieht wie die Guccis.“

Sie selbst sieht die mörderische Gattin nicht als Frau, die nur auf das Geld eines mächtigen Mannes aus war: „Ich glaube, sie hat Maurizio Gucci wirklich geliebt. Aber sie liebte auch seinen Status und die Macht, die ihr durch ihn im Familienunternehmen zukam. Als er sich von ihr abwendet, ist sie schwer verletzt und reagiert auf eine Art, wie es nur die wenigsten Frauen tun: Sie lässt ihn umbringen.“

Auf Schiurlaub: Adam Driver und Lady Gaga in "House of Gucci"

©UPI
Alexandra Seibel

Über Alexandra Seibel

Alexandra Seibel schreibt über Film, wenn sie nicht gerade im Kino sitzt.

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