Isolde Maria Joham, die Malerin mit dem Durchblick
Die erste Schau der neuen Leiterin der Landesgalerie NÖ bereitet hyperrealistischen Gemälden und Glasobjekten einen großen Auftritt
Man staunt zunächst einmal über die Größe und malerische Finesse der Bilder. Und dann über die eigene Unkenntnis: Wie kann es sein, dass man diese Werke so lange nirgendwo sah? Isolde Maria Joham, die im Mai 90 Jahre alt wird, war immerhin lange Zeit Professorin für Glasmalerei an der „Angewandten“ und aktiv am Kunstgeschehen beteiligt.
Als Schöpferin monumentaler, hyperrealistischer Gemälde saß Joham aber stets zwischen allen Stühlen. Als sie 1982 ihre über mehrere Jahre „heimlich“ gemalten Gemälde erstmals im Wiener Palais Liechtenstein präsentierte, war der Hype um Pop Art und fotorealistische Malerei schon abgeklungen. An Netzwerke fand Joham keinen Anschluss. Sie malte dennoch weiter, jahrzehntelang.
Nachdem Joham 2021 in der Schau „The 80s“ der Albertina Modern wieder aufgeblitzt war, liefert die Landesgalerie NÖ in Krems nun jenen Auftritt, der auch die Werkentwicklung der Künstlerin sichtbar macht. Mit kluger Raumgestaltung und großen Schauwerten legt dabei auch Gerda Ridler, die neue Chefin des Hauses, eine gelungene Premiere hin.
Transparent
Glaskunst – Joham schuf u. a. die Fenster im Stiegenaufgang des MAK, Kirchenausstattungen und Skulpturen – ist dabei nur auf den ersten Blick eine von der Malerei getrennte Sphäre. Denn auch in den ab Mitte der 1970er Jahre entstandenen Bildern blieb Joham monumentalen Formaten treu. Dazu blieben Spiegelungen, Brechungen und Spiele mit der Durchsichtigkeit als Stilmittel bestehen.
Anders als der für seine Schaufenster-Bilder bekannte US-Fotorealist Richard Estes beließ es Joham aber nie nur dabei, optische Phänomene umzusetzen: Bei ihr kollidieren fast immer kontrastierende Welten, meist jene von Technik und (romantisierter) Natur. Eine Pferdeherde samt Cowboy vor der Space-Shuttle-Startrampe, Kraniche auf einer Mülldeponie (1985) – Öko-Bewusstsein und Pop-Sensibilität gehen in den Bildern Hand in Hand.
Ab 2000 ging Joham noch weiter, indem sie jede räumliche Bildlogik fallen ließ und Motive aus Ost und West, High and Low einfach übereinanderlagerte: Neben dem Roboterhund Aibo und dem Pokémon-Maskottchen Pikachu taucht vor allem Marvin, der depressive Roboter aus „Per Anhalter durch die Galaxis“, als Leitfigur halb transparent auf den Bildern auf.
Wenn der Roboter vor blutroten Farbspritzern steht („Der Traum von künstlichen Menschen“) oder Wasserknappheit thematisiert („H2O for me and you“), geht allerdings die künstlerische Doppelbödigkeit flöten, und das Werk erschöpft sich in der Illustration von – zweifellos aktuellen – Themen. Absolute Zeitlosigkeit kann man dem Werk nicht restlos attestieren – die Notwendigkeit, gesehen zu werden, aber in jedem Fall.
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