Indie-Pop-Aufsteiger Dives: „Wir sind keine aktivistische Band“

Das Wiener Trio veröffentlicht mit „Wanna Take You There“ ein tolles Album, in dem Humor genauso Platz hat wie Berührendes und sanfte Kritik

„Wie geht es euch mit einer männlichen Schlagzeugerin?“ Diese Frage stellen die Musikerinnen von Dives in einem zum 40. Geburtstag des Wiener Clubs WUK von ihnen verfassten Artikel. Weil es dabei um Utopien gehen sollte, dachten sich die drei, sie drehen den Spieß um und stellen sich vor, die Musikszene sei von Frauen dominiert, eine Männerband sei immer noch exotisch. In diesem Szenario stellen sie der fiktiven Männerband „Tears“ all die degradierenden Fragen, mit denen sie seit dem Beginn ihrer Karriere konfrontiert waren – mit umgekehrten Gender-Vorzeichen.

„Eine der skurrilsten Fragen, die wir je hatten, war: ‚Wie geht es euch mit einem weiblichen Schlagzeuger?‘“, erinnert sich Gitarristin und Sängerin Tamara Leichtfried im KURIER-Interview. Und Schlagzeugerin Dora de Goederen fügt hinzu: „Wir glauben, der beste Weg, aus derartigem Sexismus rauszukommen, ist, die Männer immer wieder mit genau dem zu konfrontieren, mit dem wir konfrontiert sind. Dann werden sie anfangen, darüber nachzudenken, und sich vielleicht langsam ändern.“

Auch wenn sich Dives mit ihrem Debüt-Album von 2019 und ihrem rockigen Indie-Sound mittlerweile in ganz Europa etablieren konnten, begegnet Leichtfried, de Goederen und Bassistin Viktoria Kirner immer noch jede Menge diesbezüglicher „Blödsinn“. Es wird ihnen immer wieder vorgeworfen, Auftritte bei Festivals nur zu bekommen, weil sie Frauen sind. Noch schlimmer: Fast immer werden sie dafür schlechter bezahlt als Männerbands.

All das thematisieren Dives auf ihrem neuen Album „Wanna Take You There“ aber nur in dem Song „Burger“. Denn obwohl sie der Alltagssexismus extrem nervt, haben sie auch sehr viel Spaß im Musikbusiness.

„Klar ist es wichtig, darüber zu reden“, sagt Kirner. „Aber eigentlich wollen wir nur in einer Band sein und Musik machen. Wir sind zwar alle privat politisch und feministisch, aber wir sind keine aktivistische Band. Wir haben den Song ‚Burger‘ nicht geschrieben, um die Gesellschaft besser zu machen – sondern weil wir uns im Proberaum darüber unterhalten haben, wie uns all das nervt, was in dem Song beschrieben ist, und uns damit Luft gemacht haben.“

Musikalisch sind Dives mit „Wanna Take You There“ einen winzigen Schritt in Richtung Indie-Pop gegangen, klingen nicht mehr so wütend wie auf dem Debüt und gehen das Musikmachen viel lockerer an.

„Wir müssen uns selbst jetzt nichts mehr beweisen“, sagt Leichtfried. „Am Anfang haben wir noch genau darauf geachtet, ja keine Pop-Strukturen in die Songs zu bringen, und sie sehr verkopft und mit Absicht komplex gestaltet. Jetzt haben wir es einfach laufen lassen.“

Laut Kirner liegt diese neue Leichtigkeit im Sound auch an den 170 Konzerten, die Dives inzwischen gespielt haben: „Dadurch haben wir gelernt, was dem Publikum Spaß macht, und auch, was uns selbst beim Livespielen Spaß macht. Und wir sind selbstbewusster geworden. Wir haben unseren Sound gefunden und konnten aus dieser Sicherheit heraus auch ein paar Pfeif-drauf-Songs schreiben, in denen wir herumblödeln und nur zum Tanzen einladen.“

Aber auch ernste Themen haben auf „ Wanna Take You There“ Platz. In dem Song „Only Lies“ zum Beispiel geht das Trio auf die Krebserkrankung von Leichtfrieds bester Freundin ein, die sie seit der Schulzeit kennt: „Sie hat das überstanden, hatte aber eine Transplantation. In dem Song geht es um den Moment, wo man merkt, dass nichts mehr so sein wird wie früher und es keinen Weg zurück zu dem Leben gibt, das man sich noch vor wenigen Jahren für seine Zukunft vorgestellt hat.“

Dives auf Tournee

27. 10.  Linz/ Stadtwerkstatt

28. 10.  Graz/Orpheum

3. 11. Klagenfurt/ Kammerlichtspiele

4. 11.  Salzburg/ Arge Kultur

5. 11.  Wien/WUK

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