Hier postet die schelmische Bibliothekarin aus Wien

Monika Reitprecht betreut bei den Büchereien Wien die E-Books. Aus den originellsten Anfragen und Erlebnissen hat sie ein Buch erstellt.

Ihr Arbeitstag beginnt mit einer guten Tasse Kaffee und dem Abarbeiten der E-Mails vom Vorabend. Viele sind für sie längst Routine, einzelne zaubern ihr ein verschmitztes Lächeln ins Gesicht, etwa dieses: „Mein akademischer Titel scheint im Büchereikonto nicht mehr auf. Wurde es gehackt?“

Sie arbeitet schon seit 1999 bei den Büchereien Wien – und liebt ihren Beruf. Die Nachrichten, die Monika Reitprecht Tag für Tag aus dem Inneren einer großen Bildungsorganisation absetzt, erheitern seit 13 Jahren all jene, die ihr auf Twitter und Facebook folgen. In ihrem neuen Buch (siehe rechts) hat die Bibliothekarin erneut die besten Tweets und Posts vereint.

Stillleben in einer Wiener Bücherei: Der Fahrradhelm und der gelbe Buchsack der Mitarbeiterin – mit einer Zeichnung der Satirikerin Stefanie Sargnagel

©Kurier/Gilbert Novy

Für Heiterkeit sorgt auch jene Antwort eines Akademikers, der sich mit dem Runterladen von Buchtiteln auf den E-Reader plagt:

„Welche Titel haben Sie derzeit?“

„Einen Magister.“

Missverständnis? Oder ist dieser Leser nach seinem heftigen Hustenanfall einfach nur unglaublich schlagfertig:

„Omikron?“

„Nein, Leibniz.“

Magistra Monika Reitprecht, die selbst Geschichte und Politikwissenschaften studiert hat, lächelt schelmisch. Irren ist menschlich. Genau dieses Irren macht ihren Job so menschlich. Mit einer Kollegin arbeitet sie im Referat „Digitale Angebote“.

Die Bedeutung der E-Books hat in der Coronazeit, als der physische Besuch der Büchereien zeitweise verboten war, zugenommen. Im Rhythmus von 14 Tagen bestellt sie Lizenzen für rund 200 Buchtitel. Manche verlängert sie auch.

"Ich sitze hier an der Quelle"

Ihr Beruf macht ihr weiterhin Freude: „Durch meine Arbeit habe ich immer den Überblick, was gerade neu erscheint. Ich sitze hier an der Quelle.“

©Kurier/Gilbert Novy

70.000 Facebook-Fans

Seit dem Jahr 2009 ist Reitprecht auch für den Facebook-Auftritt der Wien Büchereien zuständig, seit 2010 twittert sie als Bibliothekarin – oft mit Augenzwinkern, was in Wien und Umgebung auffallend gut ankommt: 70.000 Menschen folgen heute den Postings der Wiener Büchereien.

Weiterhin muss die nie um eine Antwort verlegene Bibliothekarin mit einem gängigen Vorurteil aufräumen. Zuletzt im Gedankenaustausch mit der Verkäuferin einer Wiener Bäckerei:

„Ich beneide Sie – den ganzen Tag lesen.“ – „Und ich beneide Sie erst – den ganzen Tag Schoko-Croissants essen.“

©Kurier/Gilbert Novy

So wie die Buchhändler kommen auch die Bibliothekare in Wahrheit nur in ihrer Freizeit zum Lesen: „Ich lese nur am Abend, im Bett“, erzählt Monika Reitprecht. Lesen ermöglicht ihr, „aus dem Alltag heraus in eine andere Welt einzutauchen. Es trainiert Hirnzellen, erweitert den Horizont und auch den Sprachschatz.“

Die meisten Leute wenden sich mit einem Problem an sie, das Niveau deren Entspannung ist überschaubar. Monika Reitprecht nimmt das jedoch sportlich: „Als gebürtige Wienerin hätte ich wahrscheinlich ein Problem, wenn alle immer ganz fröhlich wären.“

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Die Bibliothekarin: Monika Reitprecht  wurde 1973 in Wien geboren. Nach dem Studium (Geschichte und Politik) wurde sie Bibliothekarin.

Ihr neues Buch: „Den Titel hab ich leider vergessen ... aber es ist blau. Neues aus dem Bibliotheksalltag“ Milena, 128 Seiten Hardcover, 21 Euro.

1,3 Millionen Bücher sowie Filme, CDs, Zeitungen und Zeitschriften können in den Büchereien Wien entlehnt werden. Außerdem: 90.000 E-Books. Deren Ausleihen sind in der Coronazeit,
als das Abholen von Büchern zeitweise nicht erlaubt war, stark angestiegen.

Uwe Mauch

Über Uwe Mauch

Uwe Mauch, geboren 1966 in Wien, seit 1995 Redakteur beim KURIER, Autor lebensnaher Porträts und Reportagen sowie zahlreicher Bücher, unter anderem: "Unsere Nachbarn", "Wien und der Fußball", "Lokalmatadore", "In 80 Arbeitstagen um die Welt", "Stiege 8/Tür 7. Homestorys aus dem Wiener Gemeindebau", "Die Armen von Wien" (2016) sowie eines "Wien"- und eines "Zagreb"-Stadtführers.

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