Harald Schmidt über Peter Alexander und kein Mitleid für Gottschalk

Harald Schmidt im "Weißen Rössl": "Ich gebe mich zur Schlachtung frei." Außerdem im Interview: Trump, Gottschalk, Weihnachten.

Harald Schmidt ist schon beschwingt. Am 7.12. ist Premiere von "Im Weißen Rössl" an der Volksoper Wien und er liebt die Gassenhauer wie "Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist", die er noch lang nach der Probe vergnügt pfeift. Das Singspiel will Folklore und Jazz mit Foxtrott und Walzer verbinden und zudem humorvoll hinter Tourismus-Fassaden blicken. Ein programmierter Publikumshit. Schmidt wird einen schwäbischen Urlauber mimen, der sogar ein Wienerlied anstimmt.

Beim "Weißen Rössl" denkt man an Peter Alexander, Heimatidylle und Heiterkeit. Wie sehen Sie diese Operetten-Folklore und dieses Klischee-Österreich?

Ich find’s toll und genau das Richtige für diese Zeit. Es ist ganz klar Eskapismus. Im Fernsehen sehen die Leute Krieg auf Katastrophe folgen. Wer sich auf diese Weise ablenken möchte, sollte das ohne Wenn und Aber. Das Stück ist die absolute Ohrwurm-Hölle. Sogar ich darf ein Lied singen: "Erst wenn’s aus wird sein". Eigentlich ein Nationalhit in Wien, groß gemacht von Paul Hörbiger und Peter Alexander.

Da reihen Sie sich zu einer Liga aus Legenden.

Es ist die richtige Form von Größenwahn, dieses Lied in Wien zu singen. Aber ich gebe mich gern zur Schlachtung frei. (lacht)

Womit lenken Sie sich selbst ab, wenn Sie im Entertainment Eskapismus suchen?

Ich schaue mir sehr gerne Bundestagsdebatten an. Vor Kurzem etwa den grünen Parteitag, der medial ziemlich für Aufsehen gesorgt hat. Ich beobachte das unter theatralischen Gesichtspunkten. Wer kann gut reden? Wer setzt die falschen Gesten? Wem bricht die Stimme weg? Wer sagt was anderes, als er eigentlich meint?

Trump hat absolute Stand-up-Qualitäten, spricht frei, kann Pointen setzen. Er ist für sein Publikum glaubhaft und unterhaltsam. Ob die Fakten stimmen, interessiert nicht.

Harald Schmidt

Wen halten Sie denn für einen guten Redner?

Bei den Österreichern kenne ich mich zu wenig aus. In einer Finalrunde zur Wahl fand ich den Ton aber ziemlich zivil. In Deutschland ist Robert Habeck ein toller Redner. Es ist nur die Frage, ob sich das auch im Wahlergebnis niederschlägt. Angela Merkel war keine besonders aufregende Rednerin, hat aber vier Bundestagswahlen gewonnen.

TV-Duelle, Interviews mit Spitzenkandidaten, Sommergespräche: Ist das noch zeitgemäß? 

Nein, ich glaube nicht. Entscheidend dafür gewählt zu werden ist letzten Endes der Kontostand der Leute. Inflation ist nicht mehr abstrakt. Die Leute spüren sie, beim Einkauf oder beim Urlaub buchen. Die Nr. 1-Themen sind Arbeitsplatz, Gesundheit und Bildung für die Kinder. Umwelt kommt in den Umfragen immer weit hinten.

War es also richtig von Donald Trump, bei den US-Wahlen auf diese Themen zu setzen?

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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