Räumungstrupp bei der nuklearen Katastrophe von 2011

Fukushima-Serie auf Netflix: Die unsichtbare Bedrohung bebildern

Die US-japanische Serie „The Days“ rollt die Atomkatastrophe von Fukushima in fiktionalisierter Echtzeit-Atmosphäre auf und macht die Gefahren der Atomkraft bewusst.

"Nicht gut ... der Geigerzähler spielt verrückt!" - Zwei Männer tappen im Dunkeln durch das schwerbeschädigte Atomkraftwerk Fukushima Daiichi. An diesem 11. März 2011 herrscht keine Gewissheit, wie schwer die Auswirkungen sein werden. Heute weiß man: Ein Beben der Stärke 9,0 hat die Nordostküste Japans getroffen und einen Tsunami ausgelöst. Insgesamt 15.900 Menschen kamen ums Leben. In Fukushima kam es zu einem Super-GAU. Das Kühlsystem fiel aus, in drei der sechs Reaktoren kam es zur Kernschmelze, umliegende Orte wurden zu Geisterstädten. Bis heute dauern die Aufräumarbeiten an, jeden Tag müssen Tonnen an verstrahltem Wasser gefiltert werden.

Die US-japanische Serie „The Days“ schildert die entscheidenden Tage aus drei Perspektiven: Aus jener der Regierung, des betroffenen Unternehmens und der Helden, die unter gesundheitsgefährdenden Umständen versuchten, die schlimmsten Folgen abzuwenden.

In Folge 3 sagt der ungeduldige Premierminister (gespielt von Fumiyo Kohinata): „Das wird das nächste Tschernobyl.“ Ob das auch für die achtteilige Netflix-Serie gilt? Im Jahr 2021 landete der ORF mit der HBO-Serie „Chernobyl“ einen Quotenhit. Ob „The Days“ hierzulande ebenso funktioniert, ist keine ausgemachte Sache. Die Katastrophe hatte in Europa nicht so große Auswirkungen wie Tschernobyl. Es sind auch keine in Europa bekannten Stars an Bord, sondern durchwegs japanische Schauspieler. Eine deutsche Synchronfassung sucht man vergeblich.

Koji Yakusho spielt den damaligen Chef des AKW Fukushima, Masao Yoshida. Dieser starb im Jahr 2013 an Krebs

©Netflix

Blickwinkel

Aber gerade der japanische Blickwinkel macht den Reiz von „The Days“ aus. Fans von realistischen Echtzeit-Dramen kommen auf ihre Rechnung. Es werden keine Lovestorys erfunden, um – wie bei vielen anderen Katastrophenfilmen – die Dramatik künstlich zu erhöhen. Das beschädigte AKW wird optisch eindrucksvoll bebildert, auch ein Licht auf die mediale Inszenierung geworfen.

Da die radioaktive Bedrohung eine unsichtbare ist, entsteht die Dramatik oft in einem entsetzten Gesicht – oder dann, wenn ein einzelnes Leben in Gefahr ist. Wenn etwa ein Trupp durchs verstrahlte Wasser stapft und plötzlich ein Mann untergeht. Der Tsunami hatte die Gullydeckel weggerissen.

Peter Temel

Über Peter Temel

Seit 2009 beim KURIER. Zunächst Entwicklung des Kultur-Themenangebots auf kurier.at. Später bei härteren Themen der Innen- und Außenpolitik angelangt, dann Aufbau und Gestaltung des Satire-Portals "KURIER mit Schlag". Aktuell wieder im Kulturbereich verankert und mit Freude TV-Tagebücher schreibend. Habe eigentlich immer "was mit Medien" gemacht, Geschichte und Philosophie studiert. Privat stehen Fußball, Skifahren, Wandern hoch im Kurs.

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