Johammer J1

Diese auffälligen E-Motorräder stehen unter Strom

Während sich einige Hersteller an den Maschinen mit Verbrennungsmotor orientieren, wagen andere Design-Experimente.

Wenn die Sonnenstrahlen die Straße ausleuchten und trocknen und die Temperaturen den Fahrtwind nicht mehr allzu eisig erscheinen lassen, dann spüren eingefleischte Biker ein Ziehen in der rechten Hand. Gas geben, sich in die Kurven legen, den Motor aufheulen und es beim Runterschalten krachen lassen.

Dass es Menschen gibt, die es bei den Geräuschen aus dem Liegestuhl im Garten hebt, hat man da eher nicht auf der Rechnung. Macht ja auch Spaß, das Fahren. Die lärmgeplagten Anrainer können allerdings hoffen, dass sich in Zukunft E-Motorräder durchsetzen, denen ein röhrender Auspuff fehlt. Das wird die passionierten Biker wohl nicht hinter dem Ofen hervorlocken, aber ein Blick auf die Beschleunigung könnte Wunder tun. Die ist nämlich noch einmal rasanter als bei den Modellen mit Verbrennungsmotor.

Die Kleinen legen vor

Viele große Hersteller sind bei E-Mobilität dennoch lange auf der Bremse gestanden, dafür waren kleinere Unternehmen auf der Überholspur. Manche haben designtechnisch auch einiges vorgelegt. Bei den finnischen Verge Motorcycles klafft ein großes Loch an der Hinterradnabe – sie erinnern ein bisschen an die futuristischen Geräte der Tron-Filme.

©Verge Motorcycles

Typ: Verge TS Besonderheit: Der junge finnische Erfinder  Teemu Saukkio wollte schon 2019 als 28-Jähriger ein E-Motorrad bauen. Die TS ist eine Weiterentwicklung und zeigt, wie ein Bike der Zukunft aussehen kann. Mit Radnabenantrieb und Loch bei der Hinterradnabe Preis: ca. 25.000 € Leistung: 80 kw (rund 109 PS),  die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 180 km/h, die Maschine beschleunigt von 0 auf 100 km/h in unter 4 Sekunden. Die Reichweite beträgt in der Stadt rund 300 km, 200 km auf der Autobahn, so  der Hersteller. 
 

Die reduzierten schwedischen Bikes von Cake wiederum sehen mit ihren Modulen aus, als wären sie wie Lego-Technik zusammengestückelt.

Ein spektakuläres Modell, das schon vor zehn Jahren für Aufsehen gesorgt hat, ist der Johammer J1 aus dem oberösterreichischen Mühlviertel. Als viele E-Mobilität noch nicht am Radar hatten, tüftelten Johan Hammerschmid und sein Team an dieser „Vorserie“, die wenig Ähnlichkeit mit klassischen Bikes hat. Der Rahmen ist mit einer Kunststoffhülle überdeckt, Lenker und Lichter lassen das Gefährt wie einen Käfer aussehen.

„Wenn etwas neu ist, versucht man eher den einfachen Weg und greift auf Gewohntes zurück. Das hat der Karl Benz schon gemacht, indem er einer Kutsche den Motor eingebaut hat. Aber wir hatten keine Altlast; keine Kutsche und kein Motorrad“, sagt Johann Hammerschmid. Und neue Entwicklungen und Materialien würden neue Lösungen brauchen. „Ein Tischler baut aus Holz auch einen anderen Sessel als aus Metall.“

©Johammer/Zeidler

Typ:  Johammer J1  Besonderheiten: Hier wurde ein Motorrad von Anfang an neu gedacht - und nicht Rücksicht auf Gewohntes genommen. Preis: ca. 25.000 €  Leistung: Zu seiner Einführung vor rund zehn Jahren war die Reichweite mit 200 Kilometern rekordverdächtig. Die Displays mit Geschwindigkeitsanzeige, Batterie- und Kilometerstand  sind in den  Spiegeln eingebaut. Jetzt wird im Mühlviertel an einem Nachfolgemodell gearbeitet.
 

Mittlerweile wird an einem neuen Modell gearbeitet. Es ist doch einiges passiert seit den Zehner-Jahren. „Damals hieß es, ein E-Motorrad schafft nur 100 Kilometer, wir schafften 200.“ Heute gibt es gar Maschinen, die es auf 400 bringen. Und auch das Aussehen wird sich wohl noch ändern. „Es gibt Leute, die sind mutig. Und dann gibt es jene, die sind nicht so mutig. Und die sind einfach mehr“, mein Hammerschmid. Das heißt für das neue Motorrad: „Es wird sicherlich etwas konservativer werden.“

Apropos konservativ: Warum trauen sich die großen Unternehmen designmäßig noch nicht so viel wie die kleinen, so sie E-Motorräder anbieten? „Ein Hersteller hat bis zu 30 Modelle mit einer gewissen Gestaltungslinie im Angebot. Für eine Marke ist es nicht sinnvoll, dass sich diese plötzlich massiv ändert“, erklärt Mario Zeppetzauer, Professor für Industriedesign an der Kunstuni Linz. Da haben es die kleineren Start-ups leichter.

©Albin Jonsson

Typ: Cake, Electric Bush Bike, Besonderheiten: Der schwedische Hersteller Cake hat dieses Motorrad eigens für südafrikanische Wildhüter und ihren Kampf gegen die Wilderei entwickelt.  Die Ranger sollen sich durch den leisen Motor den Wilddieben nähern können, ohne dass diese aufgeschreckt werden. Der Strom für den Antrieb kommt aus kleinen, mobilen Kraftwerken und Solarzellen. 

Auch kleinere Maschinen hätten es gestaltungsmäßig einfacher. „Bei Motorrädern für die Stadt ist noch viel möglich, wenn man Elektro mit der Mobilität der Zukunft verknüpft“, meint Zeppetzauer. Er sieht womöglich mehr Stauraum, andere Fußstellungen, andere Anzeigen kommen. Bei den rasanteren Modellen erwartet der Experte das eher nicht. „Je sportlicher die Geräte werden, umso mehr gleichen sie jenen mit Verbrennungsmotor.“ Immerhin sei auch Jahrzehnte daran gearbeitet worden, dass kein Teil zu viel verbaut wird.

©Werk/Harley Davidson/Josh Kurpius

Typ: Harley Davidson LiveWire Besonderheiten: Dass sich just der US-amerikanische Traditionshersteller Harley Davidson als erste große Marke über den E-Antrieb traut, damit hätten eher wenige gerechnet. Aber ganz trennt man sich nicht vom Althergebrachten. Ein Soundmodul kann die Maschine wie einen Verbrenner klingen lassen. Preis: ca. 33.000 € Leistung:  von 0 auf 100 km/h in 3 Sek., Reichweite: ca. 150 Kilometer.

©RGNT Motorcycles

Typ: RGNT No. 1 Besonderheiten: Designtechnisch geht es bei der schwedischen Firma RGNT nicht in die Zukunft, sondern eher in die 60er- und 70er-Jahre.  Preis: ab ca. 12.500 €
Sonstiges: Die Maschine ist etwas für jene, die es gemütlich haben wollen: 120 km/h Höchstgeschwindigkeit, 120 km Reichweite.

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember 2020 über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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