Die Malerin der Mumins war "für ihre Zeit sehr radikal"
"Tove – Auf der Suche nach Freiheit und Liebe": Ein Gespräch mit Alma Pöysti über ihre Filmrolle als Tove Jansson.
Was den Schweden Astrid Lindgren, ist den Finnen Tove Jansson: Auch sie war – wie Lindgren – Schriftstellerin. Aber sie war auch Malerin – und vor allem war sie die Erfinderin der Mumins.
Tove Janssons Mumins sind eine Klasse für sich.
Die nilpferdartigen Trollwesen leben im idyllischen Mumintal irgendwo in Finnland. Von dort aus traten sie ihren Siegeszug an – und eroberten (nicht nur) die Kinderzimmer in aller Welt. Erstmals tauchten sie 1945 in Tove Janssons Kinderbuch „Mumins lange Reise“ auf, das zum Vorläufer der Mumins-Reihe wurde.
Die Mumins erschienen in Büchern, Theaterstücken, Comics, Filmen und Serien und machten ihre Erfinderin weltweit berühmt.
In Finnland kennt Tove Jansson jedes Kind. Insofern wurde die Schauspielerin Alma Pöysti ein wenig nervös, als sie als Hauptdarstellerin für das Bio-Pic „Tove“ (ab Freitag im Kino) gecastet wurde: „Regisseurin Zaida Bergroth meinte, wir können bei den hohen Erwartungen, die an einen Film über Tove Jansson gestellt werden, nur scheitern“, erinnert sich die 41-jährige Schauspielerin im KURIER-Interview: „Aber wenn wir schon scheitern, dann wollten wir wenigstens interessant scheitern.“
Wenn es allerdings eine Spezialistin für Tove Jansson gibt, dann ist es Alma Pöysti. Ihr wurde die Verkörperung der eigenwilligen Künstlerin praktisch in die Wiege gelegt. Schon Pöystis Großeltern, beides Schauspieler, waren mit Jansson und deren On- und Off-Geliebten, der Theaterregisseurin Vivica Bandler, bestens befreundet und betrieben sogar mit ihr gemeinsam ein Theater.
Alma Pyösti kann sich noch an einen Besuch von Tove Jansson im Haus ihrer Familie erinnern – wenn auch nur vage: „Da war ich noch ziemlich jung.“
Seit sie denken kann, sind Tove Jansson und ihre Mumins Teil von ihrem Leben: „Das Tolle sowohl an Astrid Lindgren als auch an Tove Jansson war, dass sie Kinder ernst nahmen“, sagt Pöysti: „Für sie waren Kinder nicht nur niedliche Wesen, die man mit konservativen Werten bespaßen musste. Im Gegenteil: Sie inspirierten Kinder dazu, frei und unabhängig zu denken und unkonventionelle Entscheidungen zu treffen. Sie waren beide für ihre Zeit sehr radikal.“
Die Welt der Mumins hat trotz aller Fröhlichkeit auch ihre Schattenseiten: „Jansson verhandelt auch ernste Themen“, erzählt Pyösti: „Die Mumins lieben sich und sind witzig, aber sie gehen auch recht harsch miteinander um. Da ist beispielsweise das Mädchen Klein Mü, das allen immer die Wahrheit sagt, selbst wenn sie es nicht hören wollen. Auch werden die Mumins mit Krisen und Katastrophen konfrontiert wie etwa einer Flut, die das Tal bedroht. Dabei lernen sie, zusammenzuhalten. Tove Jansson hatte die Fähigkeit, sowohl Erwachsene als auch Kinder anzusprechen.“
Offenes Verhältnis
Alma Pöysti hat Jansson bereits in einer Theaterinszenierung verkörpert, insofern war der Sprung in die Filmrolle nicht allzu groß. Sie sieht das Bio-Pic „Tove“ als eine Art „Coming-of-Middle-Age-Film“, der das Leben der 1914 in Helsinki geborenen Künstlerin – sie starb 2001 – mit Ende des Zweiten Weltkriegs aufgreift. Zu diesem Zeitpunkt steht Jansson noch am Beginn ihrer Karriere und ist eigentlich noch wild entschlossen, Malerin zu werden. Die Mumin-Cartoons zeichnet sie nur nebenher, um Geld zu verdienen.
Jansson lebt in einem offenen Verhältnis mit einem verheirateten Mann, als sie sich überraschend in die Theaterregisseurin Vivica Bandler verliebt und eine leidenschaftliche Affäre beginnt. „Zeit ihres Lebens traf Tove Jansson unabhängig ihre Entscheidungen und lebte ein selbstbestimmtes, freies Leben“, so Alma Pyösti: „Ich finde sie unglaublich inspirierend.“
Kommentare