Virginia Hill und der Salzburger Schilehrer Hans Hauser

Die Mafiabraut und der Salzburger Skilehrer

Virginia Hill war die Vertraute von Gangsterbossen wie Bugsy Siegel und Lucky Luciano. Bis sie sich in einen Skilehrer verliebte.

Oberhalb der Stadt Salzburg liegt die Zistelalm, wo die Familie Hauser seit 1910 eine Gastwirtschaft betreibt. Auch Hollywoodreifes ereignete sich einst hier, aber vielleicht nicht ganz so, wie man sich das damals vorgestellt hat. Glamourös war es bestimmt, romantisch möglicherweise auch, am Ende war’s aber größtenteils ein Krimi, der sich hier in den 1960ern abgespielt hat. Tragödie inbegriffen.

Die Söhne des Hauses, Hans und sein Bruder Max, waren Skirennläufer, Hans gewann mehrere Medaillen bei den Skiweltmeisterschaften 1932 in Cortina. 1936 ging er in die USA und arbeitete in Sun Valley als Skilehrer. Der berufsimmanente Charme beeindruckte dort insbesondere eine Dame, die bisher gänzlich anderen Verführungen unterlegen war. Virginia Hill, mondäne Gangsterbraut und unter anderem Gefährtin des Mafiosos Benjamin „Bugsy“ Siegel, der das erste Hotel von Las Vegas bauen ließ und nach ihrem Spitznamen „Flamingo“ taufte. Denn die Beine der aus ärmsten Verhältnissen stammenden dunkelhaarigen Südstaatenschönheit sollen unendlich gewesen sein. Als loyale Vertraute von Gangsterbossen und verlässliche Drogenkurierin hatte sich Hill in der Mafiaszene einen Namen gemacht. Als Zeugin eines legendären Gerichtsverfahrens rühmte sie sich, die legendärste Gangsterbraut Amerikas zu sein – bestritt aber, über die Machenschaften des organisierten Verbrechens Bescheid zu wissen.

Am Anfang war es Liebe: Hans Hauser und Virginia Hill

©Familie hauser

Nach Siegels Ermordung 1947 wird ruchbar, dass Hill hin und wieder für das eigene Konto Geld abgezweigt hat, in Mafiakreisen scheint es eng für sie zu werden. Sie sucht wohl tatsächlich so etwas wie heile Welt bei dem feschen Skilehrer, den sie bald heiratet (ihre dritte Ehe) und 1952 mit ihm und dem gemeinsamen Sohn nach Salzburg zieht. Der Kulturschock ist beträchtlich. Die Begeisterung der Schwiegermutter ist enden wollend und „Ginny“, wie Hauser seine Frau nennt, fehlt der Glamour. Das ortsübliche Dirndl kann sie nicht leiden, lässt sich aber, womöglich aus Trotz, gleich Dutzende schneidern. Und verprasst auch sonst alles, was sie hat. Steuerschulden machen Virginia in den USA zur Persona non grata, doch noch zehrt sie von früherem Vermögen und investiert es ins Salzburger Nachtleben. Die Ehe zerbricht, auch Hans ist nicht schuldlos daran.

Idylle auf der Alm: Virginia Hill mit Sohn Peter, Mitte der 1950er-Jahre.

©Familie hauser

Wer über das rastlose Leben dieser zum Exzess neigenden Frau liest, wird den Eindruck nicht los, dass sie weniger glamoursüchtig als vielmehr einsam gewesen sein muss. Und wohl ein handfestes Alkoholproblem hatte. Immer wieder sucht sie Kontakt zu ihrem alten Leben. Das letztlich auch zu ihr Kontakt sucht. Sie droht, ihr jahrelang geheim gehaltenes Tagebuch zu veröffentlichen –, um von alten Kontakten Geld zu erpressen. Das könnte ihr Ende bedeutet haben. Virginia Hill wird am Nachmittag des 24. März 1966 leblos von einem Spaziergänger beim Alterbach in der Nähe von Salzburg gefunden. Sie ist 49. Laut Obduktion hat eine Überdosis Schlafmittel zum Tod geführt. Würgemale am Hals werden nicht weiter untersucht.

Virginia Hill ist wie ihr Mann und ihr Sohn in Salzburg begraben. Sie soll dort gerne im Dom zur Messe gegangen sein. „It’s a nice show, you know?“

Peter Blaikner: „Virginia Hill“ Gmeiner. 284 Seiten. 16 Euro.  

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Barbara Beer

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