Wie Rockstars leben: Der Blick durchs Schlüsselloch

Seit drei Jahrzehnten ist ein Mann Gastgeber für Rock- und Popstars aus aller Welt: Manfred Stallmajer. Jetzt hat er ein Buch darüber geschrieben. Mit der "freizeit" traf er sich zum Interview.

Sex and Drugs and Rock’n’ Roll – so stellen wir uns gemeinhin das Leben eines Rockstars vor. Nur sind wir normalerweise nicht dabei. Nicht einmal nah dran. Also wissen wir nix Genaues.

Umso spannender, wenn’s doch Menschen gibt, die, quasi stellvertretend für uns, ganz selbstverständlich neben und mit eben diesen Stars leben. Und am spannendsten wird es, wenn sie uns einen Blick durchs Schlüsselloch ermöglichen. Manfred Stallmajer ist einer dieser Menschen. Er stand mitten in einer kalten Jänner-Nacht mit einem nur mit Bademantel bekleideten Johnny Depp auf der Straße, philosophierte mit David Bowie über Erfolg und schleppte einen höchst illuminierten Joe Cocker eigenhändig zur Pressekonferenz.

Auch in Manred Stallmajers neue Wirkungsstätte, dem „Guesthouse“ kommen die Stars. Hier ist er (li.) mit Melody Gardot und Regisseur/Produzent Peter Koköfer

©Privat

Das Magazin - Nachgefragt bei Manfred Stallmajer

Aber beginnen wir ganz am Anfang: Wie kommt man überhaupt dazu, dass echte Superstars sich in einem Hotel quasi die Klinke in die Hand geben? „Das fing ganz langsam an“, sagt Stallmajer lächelnd und fügt hinzu: „Vielleicht hat es ja auch gerade damit zu tun, dass ich im Hotelbetrieb ein echter Quereinsteiger war.

In den 1980ern startete er nach der Matura als Nachtportier im Wiener SAS Palais Hotel. Dort  lernte er nicht nur Falco und den  „Roten Heinzi“ kennen, er machte seine Sache so gut, dass er ein Stockwerk aufstieg und in die „Sales“-Abteilung versetzt wurde. „Und da fragte ich mich recht bald: Warum fahren die großen schwarzen Tourbusse der Popstars immer gegenüber ins Marriott  und nie zu uns?“, erinnert sich der erklärte Musik-Fan Stallmajer. 

Es benötigte einiges an detektivischem Talent, bis er in London tatsächlich im Büro eines jungen Tourveranstalters landete. Aber er hatte Erfolg, und so kamen zuerst Lisa Stansfield und die Beach Boys ins SAS, später immer weitere, immer größere Namen. Erst recht ins Hotel Triest, wo Manfred Stallmajer 1997 Direktor wurde. Das Geheimnis dahinter: „Was sie wollen, bekommen sie bei mir. Privatsphäre? Klar. Einen Drink an der Bar um 6 Uhr früh? Dann sperren wir die Bar auf. Barry White hat ein Problem ins hohe Luxusbett zu kommen? Dann bekommt er auf der Stelle ein Stockerl, auch mitten in der Nacht.“

Robbie Williams, der in den 2000ern einige Male im Triest abstieg, liebte die Hotel-Bar über alle Maßen. „Obwohl er zu der Zeit keinen Alkohol trank. Aber er fing regelmäßig an, in der Bar Musik aufzulegen und sang auch ganz gerne mal dazu, wenn’s später wurde“, wie sich Manfred Stallmajer erinnert. Also wurde ihm für sein großes Konzert im Happel-Stadion genau diese Hotel-Bar exakt von einem Bühnenbildner nachgebaut. Und der legendäre Triest-Barkeeper Keita mixte ihm natürlich dort seine alkoholfreien Lieblingscocktails. Nach dem Konzert wurde er mit Polizeieskorte zurück ins Hotel Triest gebracht, damit die Party weitergehen konnte.

Abgesehen von diesen Kleinigkeiten, also Polizeieskorten und nachgebauten Lieblings-Bars, die sie sich eben leisten können, weil sie Superstars sind, seien sie „wie andere Gäste auch. Bei manchen findest du nach der Abreise ein Durcheinander an Handtüchern, Geschirr und Kondomen, andere wie Hugh Grant, Al Jarreau oder David Bowie machen sogar ihr Bett selbst.“

Einer von vielen David Bowie-Einträgen in Manfred Stallmajers Gästebuch

©Manfred Stallmajer

Gerade David Bowie kam auch privat gerne nach Wien, machte Kultur-Trips und plauderte mit Stallmajer über das ungewöhnliche Design im Hotel Triest. Bad Boy Johnny Depp zeigte sich zwar durchaus freundlich, aber weniger gesprächig. Er verbrachte die meiste Zeit mit den Kumpels seiner Band rauchend in seinem Zimmer. Was genau er rauchte? Stallmajer grinst und zuckt die Achseln: „Da gilt für den Hotelier das Beichtgeheimnis.“

Nachdem Johnny und seine Kumpels von der Band in einer Nacht bereits zwei Feueralarme ausgelöst hatten, kam es zu einem dritten. Und diesmal ließ sich der Alarm auch nicht mehr abstellen, die Feuerwehr evakuierte das ganze Hotel. So stand Mr. Depp im Bademantel neben den anderen Gästen auf dem Gehsteig und rauchte möglichst unbeteiligt. Der Grund für den Alarm: Er hatte versucht, den Rauchmelder auszubauen. Und kam im Nachhinein selbstverständlich für die Kosten auf.

„Hotel Rock ’n’ Roll“ von Manfred Stallmajer und Martina Parker (Schultz & Schirm Verlag), 223 Seiten, ab 20. September im Handel

©Schultz & Schirm Verlag

Musste Manfred Stallmajer tatsächlich Joe Cocker zur Pressekonferenz tragen? „Die Mini-Bar war vorausblickend leergeräumt worden, aber Joe hatte beim Zimmerservice eine Flasche Whisky bestellt und die auch bis auf den letzten Tropfen genossen. Er war nicht mehr wirklich gehfähig. Alleine hätte ich es nicht geschafft, Bernd Rengelshausen von seiner Plattenfirma EMI hat mir geholfen“, lacht Stallmajer. „Aber kaum saß er vor den Mikros der Journalisten, war er höchst professionell!“

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