Obonya über Ausstieg bei ServusTV: "Das möchte ich nicht mittragen"

Der Schauspieler im Gespräch über die Oper „Morgen und Abend“, das Vatersein, Corona-Demos und warum er bei ServusTV aus dem „Altaussee Krimi“ ausgestiegen ist.

An der Oper Graz tritt Cornelius Obonya bis Ende April in „Morgen und Abend“ von Georg Friedrich Haas als Fischer Olai auf, der die Geburt seines Sohnes erwartet. Morgen und Mittwoch ist der Schauspieler in „Muttertag – Ein Taunuskrimi“ im ZDF zu sehen (jeweils 20.15 Uhr). Auch hier ist das Elternsein Thema: Als der Ziehvater des wegen Stalking vorbestraften Claas Reker (Obonya) tot aufgefunden wird, gerät dieser unter Verdacht.

Was hat Sie an der Oper „Morgen und Abend“ gereizt?

Cornelius Obonya: Es ist im Grunde die Untersuchung dessen, was bei Geburt und Tod passiert, wie sich Menschen verhalten und wie das musikalisch ausgedrückt werden kann. Da gibt es keine klassischen Dialoge. Es ist sehr kopfig und spielt mit der Vorstellung der Zuschauer. Das hat mich gereizt. Abgesehen davon stehe ich auch mal wieder gerne auf der Bühne, nach dem vielen Drehen.

Sie haben die einzige Sprechrolle: den Fischer Olai.

Der Name Olai heißt im Alt-Norwegischen Urvater. Es geht um gewisse Figuren: Da ist der Vater, die Frau, der Freund, die Hebamme. Die stehen für sich und haben mehr oder minder keine weitere Aufgabe. Aber dadurch beginnt man ganz anders nachzudenken: Was heißt eigentlich Vater? Ich bin selber Vater und habe jetzt schon ein paar Sachen hinter mir, was Vatersein bedeutet. Aber hier geht es darum, dass jemand zum ersten Mal Vater wird. Was habe ich damals gefühlt, in dem Moment, als mein Sohn auf die Welt kam? Vielleicht kann man das jemandem vermitteln, der noch nicht Vater ist. Und jemand, der schon fünffacher Vater ist, darf sich erinnern.

Obonya als Fischer Olai

©Werner Kmetitsch
Und haben Sie etwas Neues übers Vatersein gelernt?

Gelernt übers Vatersein? Nein. Aber vielleicht doch das eine: Alles, was man als Vater macht, jede einzelne Entscheidung und jeder Ratschlag, will wohl überlegt sein – ob er für ein kleines oder ein älteres Kind ist, und ich glaube, selbst wenn mein Sohn ein erwachsener Mann ist und ich ein alter Sack, wird es noch so sein. Man muss sich immer fragen, ob das eigene Ego einen Ratschlag gibt oder ob es wirklich um den anderen Menschen geht. Darüber noch einmal nachzudenken, das kommt automatisch durch diese Arbeit. Mein Sohn ist jetzt mitten in der Pubertät. Das ist nicht einfach. Trotzdem muss man sich immer überlegen: Was löst mein Rat in drei Jahren aus?

Im „Taunuskrimi“ spielen Sie einen Stalker. Kein Sympathieträger. Was hat Sie daran interessiert?

Genau das. Ich finde Rollen spannend, wo ich nicht Sympathieträger bin. Dieser Mensch war selten wirklich schuld, sondern es hat ihn ständig dorthin gerissen, was er tut und glaubt, tun zu müssen. Damit möchte ich nicht Stalker generell verteidigen, als wären sie alle nicht selber schuld und könnten halt nichts machen. Auch diese Figur hatte 15 mögliche Ausgänge, die sie hätte nehmen können. Ich halte sehr viel von therapeutischen Ansätzen, auch für Menschen, die Verbrechen begangen haben. Die haben meistens etwas erlebt, was ganz tief drinnen verpackt ist. Und irgendwann kommt es an vollkommen wahnsinnigen Ecken raus, weil sie nicht die Werkzeuge in die Hand bekommen haben, damit umzugehen.

Obonya im "Taunuskrimi"

©ZDF und Hagen Keller/ZDF/Hagen Keller
Sie waren kürzlich zum zweiten Mal an Covid erkrankt. Sie sind Präsident der Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich. Wie geht es Ihnen, wenn Sie Corona-Demos sehen?

Es muss allen klar sein: Wer mit Neonazis, unter Nazi-Symbolen oder unter antisemitischen Parolen mitmarschiert, macht sich der Mitwisserschaft und der Mittäterschaft schuldig. Punkt. Wer es nur für 15 Sekunden ernst meint, muss sich von diesen Dingen distanzieren und weggehen. Alles andere leistet einem Antisemitismus Vorschub und in welche anderen Anti-Ismen auch immer das noch mündet. Und was die Impfung betrifft: Sie hat mich vor einem schweren Verlauf geschützt und sie wird auch Hunderttausende andere Menschen schützen. Wenn man sich die Mühe macht, nicht bei Dr. Google nachzuforschen, sondern wissenschaftliche Publikationen zu lesen, dann kann man gar nicht auf den Trichter kommen, dass die Impfung in die Gene geht oder ähnliches. Das ist eigentlich ziemlich logisch.

Haben Sie selbst mit Impfgegnern oder -skeptikern in Ihrem Umfeld zu tun?

Ja, und durchaus auch im erweiterten Freundeskreis, zu meiner großen Überraschung. Es ist – und darum geht es auch bei diesen Demonstrationen – eine gewisse grundsätzliche Systemkritik. Diese Menschen haben sehr viel Angst und fühlen sich von vielem bedroht, nicht allein von dieser Impfung.

Haben Sie einen Weg gefunden, in Kontakt zu bleiben?

In Kontakt bleiben auf jeden Fall! Man muss anderer Meinung sein können. Wenn daran eine Freundschaft zerbricht, dann muss man ehrlich gesagt hinterfragen, was die Freundschaft eigentlich wert war. Wenn ich wüsste, dass dieser erweiterte Freundeskreis im Herzen wirklich massiv antisemitisch wäre, dann würde ich in der Tat ein Problem bekommen. Aber selbst dann müsste man sagen: Auch das diskutiere ich. Solange du mit mir redest, rede ich mit dir. Das mache ich sogar, wenn ich irgendwelche Schmäh-Mails bekomme, die oft unglaublich herabwürdigend sind.

Wie reagieren Sie darauf?

Dann antworte ich immer explizit höflich und lade zu einer Diskussion ein. Ich bekomme darauf selbstverständlich keine Antwort. Aber für mich ist es eine absolute Reinigung, damit umzugehen. Dann kann ich den Computer ausschalten und sehr gut schlafen gehen.

Sie haben im „Altaussee-Krimi“ bei ServusTV mitgespielt. Der Sender ist wegen seiner Corona-Berichterstattung massiv in die Kritik geraten.

Ich bin aus dem Krimi aus verschiedenen Gründen ausgestiegen: Einer der Hauptgründe war, dass mich die Bücher künstlerisch nicht mehr überzeugt haben. Und das zweite ist, dass eine Haltung dahintersteht, die mich dazu bewogen hat, zu sagen: Nein, das möchte ich nicht mittragen. Wenn der Intendant eines Privatsenders seine eigene „Satiresendung“ hat, in der er seine politischen und gesellschaftlichen Einstellungen frei und offen mitteilt, dann soll er das machen. Aber es gehört dann auch zur Demokratie, sagen zu können: „Das möchte ich nicht“.

Nina Oberbucher

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