Cleo Panther: Als Parov Stelar-Sängerin "absoluten Traum gelebt"
Acht Jahre lang war die Sängerin Cleo Panther Frontfrau der österreichischen Band Parov Stelar. 2019 verließ sie die Band – und hat nun ihr erstes Album als Solokünstlerin herausgebracht.
Coachella-Festival in Kalifornien, Sziget in Budapest, Glastonbury in England. Als Frontfrau der österreichischen Electroswing-Band Parov Stelar stand die gebürtige Wienerin Cleo Panther auf den größten Festivalbühnen dieser Welt, riss mit ihrer Stimmgewalt das Publikum mit. Auch in Amerika stürmte die Band in dieser Zeit die Charts. Doch 2019, am Höhepunkt ihres Erfolgs, verkündete Cleo Panther ihren Entschluss, die Band zu verlassen.
Vor zwei Jahren kam nun ihr Sohn zur Welt. Am 26. Oktober ist ihr Soloalbum erschienen, ein genre-sprengendes Konzeptalbum, in dem sie die prägenden Momente der letzten Jahre verarbeitet hat. Die hat die 45-Jährige in ihrer Wahlheimat London im Kaffeehaus getroffen. Ein Gespräch mit Cleo Panther über Leidenschaft, Familie und Entscheidungen.
Sie haben soeben Ihr erstes Soloalbum herausgebracht: Reflections of Paradise. Was war Ihr Paradies?
Ich habe mit Parov Stelar meinen absoluten Traum gelebt. Ich wollte immer international touren und auf großen Bühnen stehen.
Warum haben Sie sich dann aber dazu entschieden, diesen Traum aufzugeben?
Ich war doch sehr lange Teil dieses Projekts. Und nach acht Jahren in dieser Form hatte ich das Gefühl, in meiner Entwicklung an eine Decke zu stoßen. Ich wollte noch ein eigenes Projekt machen und habe es sehr lange aufgeschoben, eine Familie zu gründen. Weil ich das Tourleben geliebt habe – und es immer noch liebe.
Der Schritt muss eine enorme Herausforderung gewesen sein. Besonders in Anbetracht Ihres Erfolgs ...
Das war’s! Parov Stelar war ja riesengroß. Solche Sachen liegen nicht wie Sand am Meer. Ich musste mental viel Vorarbeit leisten, bin durch Phasen der Trauer und auch der Vorfreude gegangen und musste mir darüber klar werden, was danach sein kann, und wie ich damit klarkomme. Weil ich mich doch stark über die Arbeit definiert habe; das Künstlersein verschmilzt sehr mit dem Privaten. Es braucht also viel Mut und Kraft so ins kalte Wasser zu springen, aber am Ende ist Veränderung immer besser als Stillstand – weil es sonst nicht weitergeht.
Weiter gegangen ist es seitdem für Sie als Solokünstlerin. Im Song "Not Afraid to Lose" singen Sie davon, dass Sie sich zuvor in den Schatten von jemand anderem verwandelt hatten. Konnten Sie sich davor nicht richtig zeigen?
Vorher war ich eben nur eine Farbe, die Powerperformerin. Und die bin ich auch. Aber ich wollte nicht nur Performance Artist sein, sondern Artist an sich, Künstlerin. Ich wollte die Freiheit haben, Dinge auf meine Weise auszudrücken, meine Geschichte erzählen und Verletzlichkeit zeigen.
Sie haben mit Reflections of Paradise nun ein sehr persönliches Album geschaffen. In einem Lied singen Sie davon, wie naiv es war zu glauben, dass Sie alles erreicht hatten. Konzentrieren wir uns oft zu sehr auf den beruflichen Erfolg?
Wenn du für Shows gebucht bist, kannst du nicht sagen: Ah, der hat Geburtstag oder die feiert ihre Hochzeit. Ich habe sehr viele Sachen nicht mitmachen können, weil ich auf Tour war. Man lebt im ständigen Spagat zwischen der eigenen Erfüllung und dem Privatleben und muss akzeptieren, dass sich beides nicht immer ausgeht. Aber dafür hat man eben auch dieses aufregende Leben.
Ihr Sohn ist jetzt zwei Jahre alt. Wie schwierig ist es, das Familienleben mit der Musikbranche zu vereinen?
Puh. Meine Beobachtung: Wenn eine Frau ein Kind hat, darf sie das gerne tun, aber auf der Bühne soll am besten alles nahtlos so weitergehen, wie es war. Aber das kann nicht sein. Ein Kind verändert alles, den kompletten Rhythmus. Und diese beiden Welten zu vereinen, das ist schon eine Herausforderung.
Das klingt nach einer gewissen Frustration mit der Branche.
Mutterschaft wird im Musikbusiness einfach noch immer viel zu wenig thematisiert. In meinen acht Jahren auf Tour hab ich genau zwei Künstlerinnen und Künstler mit ihren Kindern gesehen. Was bedeutet das im Umkehrschluss? Dass es so aussieht, als wären Mütter im Musikbusiness nicht existent. Aber muss man sich als Frau immer noch für das eine oder andere entscheiden? Ich stell das mal so in den Raum.
Denn es zieht Sie wieder auf die Bühne?
Ich war im Mai beim Gamechanger Festival in Wien das erste Mal seit Langem wieder auf der Bühne – und es war wie Radfahren. Es war spannend zu sehen, wie sich mein ganzer Organismus an alles erinnert. It runs in my bloodstream. Und das kann man nicht mehr rauskriegen. Ich wollte das immer.
Warum eigentlich?
Das ist, wie wenn man fragt warum jemand Arzt werden will. Das kommt einfach aus einem heraus. Ich habe sehr früh begonnen, Musik zu machen. Und man hat relativ früh erkannt, dass ich anscheinend eine sehr starke Stimme für mein Alter habe. Ich war im Kinder-, später im Jugendchor, dann auf einem privaten Jazz-Konservatorium. Habe begonnen, mit Bands aufzutreten, Wettbewerbe zu spielen. Und dann habe ich einfach gewusst, dass ich auf der großen Bühne spielen möchte.
Das ist Ihnen mit Parov Stelar schon einmal gelungen. Was war auf Ihrem Weg dorthin am wichtigsten: Talent, Glück, Durchhaltevermögen?
Ich denke, man braucht einen laserstarken Fokus auf das, was man erreichen möchte. Und dann muss man alles dafür geben. Ich habe neben meinem Studium am Konservatorium in verschiedenen Jobs gearbeitet, aber ich war total unglücklich mit ihnen. Und irgendwann war der Moment da, an dem ich die Entscheidung getroffen habe, alles hinzuschmeißen und nur Musik zu machen. Ich habe mich einzig darauf fokussiert. Das hat unvergleichliche Power.
Nun liegt der Fokus auf Ihrer Verwirklichung als Solokünstlerin. Bei Ihren Musikvideos kommentieren viele langjährige Fans, dass sie sich freuen, Ihre Stimme wieder zu hören. Was macht das mit Ihnen?
Das ist sehr schön! Menschen schreiben mir auch, dass sie immer noch die Konzerte mit mir anschauen. Immer wieder. Und die sind doch schon eine Weile her. Es bestätigt mich, dass ich verstanden wurde. Dass ich etwas hinterlassen habe, was Menschen bewegt. Wozu bin ich sonst da?
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