Austin Butler in Baz Luhrmanns Bio-Pic „Elvis“

Baz Luhrmanns "Elvis" in Cannes: Hüftschwung wie ein Stromschlag

Baz Luhrmann verfilmt das Leben von Elvis Presley als hyperaktives Spektakel aus der Sicht seines fiesen Managers, gespielt von Tom Hanks

Gemessen an der Länge des Applauses bei seiner Premiere, wäre Baz Luhrmanns Bio-Pic „Elvis“ der heuer bislang beste Film in Cannes. Amerikanische Branchenblätter, die offenbar mit der Stoppuhr daneben standen, verzeichneten mit zehn Minuten Standing Ovations die längste Klatschdauer des heurigen Jahres an der Croisette.

Für den flamboyanten Australier Luhrmann bedeutet dieser frenetische Empfang in jedem Fall große Genugtuung. Als der „Moulin Rouge!“-Regisseur im Jahr 2013 mit seiner hohlen Exzessparty „Der große Gatsby“ das Filmfestival von Cannes eröffnete, war von Standing Ovations keine Rede. Gerade einmal höflicher Applaus schlug ihm entgegen, die Kritiken bewegten sich im Keller.

Von dieser Niederlage ist „Elvis“ (Kinostart: 24. Juni) meilenweit entfernt, wiewohl der Film nicht nur Freunde gefunden hat.

Gleich zu Beginn leuchtet einem schon von Weitem Logo von Warner Bros. entgegen, das Luhrmann mit buten Diamanten gespickt hat. Dann eröffnet „Baz“, wie er in der Unterhaltungsindustrie genannt wird, umgehend ein Trommelfeuer der Bilder und attackiert im Stakkato-Rhythmus die Netzhaut. Mit Hilfe von Splitscreens pulsieren nicht nur ein, sondern gleich drei Elvis-Presley-Gesichter auf der Leiwand, begleitet von einem ohrenbetäubenden Soundtrack. Es braucht ein bisschen Zeit, ehe man sich an das hyperaktive Erzähltempo gewöhnt hat.

Fieberrausch

Baz Luhrman wäre nicht Baz Luhrmann, würde er nicht im hektischen Fast-Forward-Tempo den Aufstieg und Fall von Elvis Presley, neben den Beatles wohl die größte Pop-Ikone des 20. Jahrhunderts, wie im Fieberrausch vor sich herjagen. Kaum ein Bild, das länger als drei Sekunden überlebt, ehe es mit schnellen Schnitten schon vom nächsten weggefetzt wird.

Als besonderen Erzählkniff hat sich der ausstattungssüchtige Maximal-Regisseur den netten Tom Hanks an Bord geholt, der hier die wohl unsympathischste Rolle seiner Karriere übernommen hat.

Hanks spielt Elvis-Manager Colonel Tom Parker, der nachgewiesenermaßen Elvis um viel Geld betrog und dem nach dessen Tod im Alter von 42 vorgeworfen wurde, er hätte den „King“ mit seinen Knebelverträgen in den (Drogen)Tod getrieben.

Tom Hanks im „Fatsuit“ ist anfänglich kaum zu erkennen, so sehr versinkt sein vertrautes Gesicht im Doppelgoder. Mit fiesen Schweinsäuglein und hässlicher Nasenprothese übernimmt eine Art Mephisto-Rolle und rekapituliert, wie er in den 50er-Jahren Elvis Presley entdeckt und durch gewieftes Marketing den jungen, weißen Country-Musiker, der schwarzen Rhythm and Blues singt, zum König des Rock ’n’ Roll und zum Las-Vegas-Weltstar macht. Dabei legt Luhrmann großen Wert darauf, den immensen Einfluss von schwarzer Musik auf die Karriere von Elvis zu betonen.

Der 30-jährige Austin Butler als junger Elvis erinnert an den jungen John Travolta und trägt mit seinem Babyface die Last von Elvis’ Sex-Appeal souverän. Sein Hüftschwung lässt die Kraft jener erotischen Stromschläge erahnen, mit denen Presley in den spießigen Fünfzigerjahren sein (weibliches) Publikum elektrisierte; auch Butlers Stimme sorgt für großen Wiedererkennungseffekt. Spektakulär, atemlos und oberflächlich, ist Baz Luhrmanns „Elvis“ keine  Dramatisierung von Presleys Leben, sondern seine suggestive Bebilderung.

Baz Luhrmanns "Elvis": Austin Butler (li.) und Tom Hanks als Manager

©Warner
Alexandra Seibel

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Alexandra Seibel schreibt über Film, wenn sie nicht gerade im Kino sitzt.

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