Sohn von Alexander Wurz: „Ich will Weltmeister werden“
Wie einst Formel-1-Ass Alexander Wurz steigt auch Sohn Charlie aufs Gaspedal. Sein großes Ziel: die Königsklasse und in die Fußstapfen seines Vaters zu treten.
Sie finden sich beide weit vor der vereinbarten Zeit am Treffpunkt im Wiener Prater ein: typisch Rennfahrer. Immer wollen sie die Ersten sein. So will es das kompetitive Renn-Gen. Und dieses nennen Vater und Sohn definitiv ihr eigen: Alexander Wurz ist Österreichs Ex-Ass in der Formel 1 und kommentiert heute Rennen im TV und designt Speedstrecken auf der ganzen Welt. Sohn Charlie ist ebenfalls ein Gasfuß: Der 16-Jährige gewann die Formel-4-Meisterschaft der Vereinigten Arabischen Emirate, fährt die Italienische und holte bei der deutschen den sechsten WM-Rang.
Es ist eine Rennfahrer-Dynastie: Bereits in der vierten Generation dreht man in der Familie Wurz am Lenkrad. Ur-Opa Franz Wurz war in den Fünfzigerjahren als Racer bekannt; Opa Franz war dreifacher Europameister im Rallye-Cross. Und Papa Alex errang in der Formel 1 drei Podestplätze.
Für uns wechselten Alex und Charlie das Profi-Terrain und traten im Prater beim Super Autodrom zum Vater-Sohn-Duell an. Zum folgenden Doppeltalk tauschten sie die Glamour-Atmosphäre der Grand Prix gegen das zünftige Ambiente des Restaurants Knusperhäuschen.
Ich bin kein großer Autodrom-Fan, seit ich mir dabei in jungen Jahren ziemlich wehgetan habe. Aber das Antreten gegen den eigenen Sohn ist natürlich der ultimative Showdown. Selbstverständlich nur zum Spaß.
ALEX: Natürlich nicht. Aber es liegt der Familie ein bisschen im Blut. Im Endeffekt zählt, was die Kids selbst wollen. Ich muss zugeben, anfangs wollte ich gar nicht, dass Charlie Rennfahrer wird. Weil ich weiß, wie hart und schwierig es ist, diesen Weg einzuschlagen.
Ich habe mich mit Mathias Lauda über das Thema unterhalten. Er meinte: Ein Tischler würde seinen Kids beibringen, wie man mit Holz arbeitet. Und Rennfahrer-Väter – und damit meinte er seinen Vater Niki – müssen ihren Kindern die Möglichkeit geben, von ihnen zu lernen. Mach das, Alex, hat er gesagt. Da dachte ich mir, er hat nicht ganz unrecht. Wir haben die Möglichkeit, Charlie zu unterstützen, um den Einstieg zu schaffen. Einen Namen muss er sich dann ohnehin selbst machen.
CHARLIE: Als ich acht Jahre alt war. Wir haben uns in Frankreich Karts ausgeborgt, ich fand das lustig. Auch ein Freund, der Profi ist, hat dazu beigetragen. Ab da wollte ich das auch machen.
Die Formel 1 ist mein Ziel, das will ich erreichen. Ich weiß, das ist sehr schwierig, aber ich arbeite hart daran. Wenn ich nicht Rennen fahre, halte ich mich fit, fahre sieben Mal die Woche Rad, laufe oder trainiere im Fitnesscenter. Ich will der nächste österreichische Formel-1-Weltmeister werden.
ALEX: Charlie ist ultra-ehrgeizig, beinahe übertrieben. Selbst wenn wir zusammen Rennrad fahren, geht es immer darum, wer der Schnellere ist. Durchschnaufen gilt nicht. Bei drei Söhnen unter einem Dach ist ein gewisses Wettkampfdenken natürlich von Haus gegeben. Aber es liegt vor allem an einem selbst.
CHARLIE: Er weiß viel, gibt mir deshalb viele Tipps. Manchmal höre ich auf seine Ratschläge, dann wieder nicht. Ich bin da öfters ein bisschen ein Sturkopf. Aber natürlich ist mir bewusst, welch toller Fahrer er war – und dass ich mehr auf ihn hören sollte.
Das analytische Talent. Ich sammle viele Infos. Da ähneln wir uns. Mein jüngerer Bruder Oscar, der Kart fährt, ist in dieser Hinsicht ein anderer Typ. Er hat einen anderen Fahrstil, macht alles aus Instinkt.
CHARLIE: Schnell.
ALEX: Es gibt Fahrer wie Jenson Button, die sehr sanft fahren. Und es gibt Fahrer wie Fernando Alonso, der das Lenkrad gerne wie eine Stichsäge benutzt. Für mich ist das Lenkrad wie ein Instrument, ein Geigenbogen. Und dementsprechend feinfühlig zu behandeln. Diesen progressiven Fahrstil habe ich auch meinen Kindern stets vermittelt. Du kannst dem Reifen nichts aufzwingen, das er nicht leisten kann. Was den Zweikampf mit dem Gegner betrifft, benutzt Charlie nicht die Brechstange, sondern fährt bedacht und mit kalkuliertem Risiko. Er möchte das Ziel sehen – und nicht im Schotterbett landen.
ALEX: Hin und wieder wünsche ich mir, er würde mehr den Ellbogen ausfahren. Aber er geht seinen Weg, feiert Erfolge, hat im Winter die Meisterschaft gewonnen. Es ist clever, lieber die Punkte zu machen, als aus dem Rennen zu fliegen. Die heutigen Kids sind viel smarter als meine Generation. Sie können via YouTube Rennen und Fahrverhalten studieren, bekommen viele Informationen und werden so einfach bessere Fahrer. Und die nächste Generation wird immer noch besser. Da werden sich die Verstappens und Hamiltons noch was anschauen, was da alles nachkommt.
CHARLIE: Mein Vater ist sicher eines meiner Vorbilder. Aber sonst habe ich nicht wirklich eines.
ALEX: In meiner Zeit war Walter Röhrl ein Fahrer, der mich beeindruckt hat. Wie mein Vater legte er zudem die Basis für mein technisches Wissen rund um Fahrdynamik und Geometrie der Mechanik und Aerodynamik. Schnell sein und das Auto verstehen, das ist ein gefragtes Gesamtpaket. Das hat mich immer ausgezeichnet und das versuche ich auch Charlie mitzugeben. Jetzt habe ich selbst einen Buben, der zehn Prozent zuhört und 90 Prozent seinen eigenen Weg geht. Aber so soll es auch sein. Es ist der Job von uns Eltern, die Kinder unabhängig zu machen. Ihnen zwar zuhören und sie unterstützen. Aber sie auch sich durchsetzen zu lassen.
CHARLIE: Ich bin von der normalen Schule auf eine Online-Schule gewechselt, dem King’s College. Nachdem ich vergangenes Jahr nur 30 Prozent der Zeit anwesend war, macht es das einfacher, Lernen und Rennfahren unter einen Hut zu kriegen. Schwierig ist es immer noch, weil mir sehr wenig Zeit bleibt. Im Vorjahr waren meine Noten besser. Aber ich bemühe mich.
ALEX: Schule ist unheimlich wichtig, das hat mir auch mein Vater beigebracht. Gleichzeitig lernst du im Sport Dinge fürs Leben, die sie dir auf keiner Universität beibringen. Alleine reisen und selbstständig sein, mehrere Sprachen beherrschen, viele Kulturen kennenlernen etwa. Am Rennwochenende mit Höhen und Tiefen umzugehen ist sehr charakterbildend. Und du lernst, im Bruchteil von Sekunden Entscheidungen zu treffen, sei es im Rennauto oder wenn dein Ingenieur eine Entscheidung fürs Set-up von dir verlangt. Dann musst du das durchdenken und mit den Konsequenzen leben.
CHARLIE: Wir waren schnell, dennoch hätten wir noch mehr Punkte machen können. Ein paar Rennen verliefen unglücklich, aber das war nicht wirklich meine Schuld.
ALEX: Nicht so oft. Ich reise sehr viel zu den Formel-1-Rennen, gleichzeitig konzipiere ich Rennstrecken auf der ganzen Welt. Grundsätzlich arbeite ich jede Minute, für mich gibt’s keine Wochenenden. Wir verbuchen derzeit ein enormes Wachstum, das taugt mir, und da gebe ich Vollgas. Was Charlie und ich gerne tun, ist gemeinsam trainieren, Radfahren oder Laufen. Unsere Teamchefin ist meine Frau Julia, der Boss im Haus.
CHARLIE: Mugello, in Italien, ist eine meiner Lieblingsstrecken. Viele S-Kurven, wirklich schön, eigentlich für Motorräder, aber auch für Rennwagen.
ALEX: Als Strecken-Designer hat man eine Vorliebe für gewisse Kurvenkombinationen. Deshalb frage ich Charlie gerne nach seinem Feedback und wie er es anlegen würde. Uns macht das Spaß, gleichzeitig macht es die Strecke besser.
ALEX: Oscar ist mit 14 Jahren der Jüngste, er ist bei der Kart-Weltmeisterschaft mit von der Partie. Felix ist 20, fuhr zuletzt Rallye-Cross, aber studiert mittlerweile in England Marketing. Außerdem arbeitet er als DJ, hat in New York und Ibiza aufgelegt, ist Resident-DJ in einem Club in Monaco, legt manchmal im Jimmy’z auf.
CHARLIE: Ich fokussiere mich mehr aufs Training und Rennfahren. Auch wenn es manchmal schwer fällt, sich darauf zu konzentrieren: Im Motorsport liegen meine Ziele und die will und muss ich erreichen.
CHARLIE: Als er in der Formel 1 aktiv war, war ich noch nicht geboren. Deshalb weiß ich nicht so viel über ihn. Ich hatte auch nie die Gelegenheit, ihn persönlich kennenzulernen. Aber ich habe den Film „Rush“ gesehen. Und weiß, dass er ein toller Rennfahrer war und eine Inspiration für viele Österreicher.
ALEX: Darauf ist die Antwort ganz einfach: Ich bin’s nimmer. Weder am Rad, noch beim Laufen, noch im Auto.
ALEX: Nein, überhaupt nicht. Mir tut nur das Kreuz weh, das macht das Alter. (lacht)
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