Im Oktober vorigen Jahres eröffnete Baruch Pomper seine Buchhandlung Analog

Abseits von großen Ketten: Eine Buchhandlung, ganz so wie sie sein soll

In der Otto-Bauer-Gasse eröffnete Baruch Pomper die Buchhandlung Analog. Die kleinen Läden und die Verkehrsberuhigung tun dem Grätzel gut, auch beim Einkaufen.

Neuerdings schaut die Jelinek auf das Jelinek. Im Oktober vergangenen Jahres eröffnete in der Otto-Bauer-Gasse in Mariahilf eine neue Buchhandlung, seitdem hängt im Schaufenster zur Gasse hin ein Plakat der Elfriede Jelinek. Ihr Blick: hinüber zum Café Jelinek.

Die neue Buchhandlung heißt Buchhandlung Analog. Und das mit dem Analogen nimmt man dort nicht nur wegen der Bücher ernst. Das Telefon ist ein Stand-Telefon (zwar eines, das am Modem hängt, aber doch), ein Display gibt es nur auf der Bankomatkassa. Inhaber Baruch Pomper, gelernter Buchhändler, hatte die vergangenen Jahre nicht einmal ein Mobiltelefon.

Analoge Telefone gibt’s in der analogen Buchhandlung auch  

©KURIER/Jeff Mangione

Für sein Geschäft hat er sich dann doch eines, sogar ein Smartphone, zugelegt. Man muss den Kundinnen und Kunden ja zumindest ein SMS schreiben können, wenn ihre bestellten Bücher eingetroffen sind. Und ein bisschen Werbung auf Instagram schadet auch nicht. (Das übernimmt dankenswerterweise die Tochter für ihn.)

Seit Ende Oktober ist die neue Buchhandlung in der Otto-Bauer-Gasse 6/1 geöffnet. Das Geschäftslokal stand lange leer. Und Geschäft war es noch viel länger keines mehr.

Von der Galerie: Der Tisch in der Mitte ist der Themen-Tisch 

©KURIER/Jeff Mangione

Idealtypisch

Pomper hat es gemietet, gehört hat es lange der Witwe eines Architekten. Sie hat ihr Vorhaben, die alte Einrichtung herauszureißen, doch nicht umgesetzt: die alten Holzschränke mit den Glastüren, das Fischgrätparkett, die knarzende Holztreppe, über die man auf die Galerie gelangt, wo die Mangas und Krimis zu finden sind.

Wüsste man nicht über die Vergangenheit des Geschäfts Bescheid, man würde meinen, die neue Buchhandlung sei schon ewig dort. Ihre Eröffnung im Oktober vergangenen Jahres fügt sich gut in die stückweise Wandlung der Otto-Bauer-Gasse ein.

Zu den Institutionen Gastwirtschaft Steman, Café Jelinek und Spielegeschäften Planet Harry und Spielraum gesellten sich in den vergangenen zehn Jahren mehrere kleine Einzelunternehmen. 2013 eröffnete das Repertoire, ein Laden, in dem man bunte Design-Stücke für zu Hause kaufen kann, 2016 „Grandios“, eine Boutique für große Größen. Zudem gibt es einen Unverpackt-Laden („Lieber ohne“), ein Kinderfachgeschäft („Popolini“) und seit 2020 den zweiten Standort der Wiedner Speciality-Coffee-Bar „Kaffeefabrik“.

2019 wurde die Otto-Bauer-Gasse umgestaltet

©Kurier/Gerhard Deutsch

Geschäfte großer Ketten findet man hier nicht. Seit 2019 bewegt man sich in der Gasse zwischen Mariahilfer Straße und Schmalzhofgasse in einer Begegnungszone. Die Königseggasse hat die Stadt zwischen Loquaiplatz und Otto-Bauer-Gasse zur Fußgängerzone umgestaltet.

Zahlen

12 ..
...Buchhandlungen eröffneten 2022 laut Wirtschaftskammer in Wien

23
Die meisten Neu-Eröffnungen von Buchhandlungen in den vergangenen acht Jahren gab es 2015 mit insgesamt 23 neuen Buchhandlungen

Nahversorgung

Eine Buchhandlung, noch dazu eine mit „Analog“ im Namen, passt da gut hinein. Da ist es auch kein Problem, dass die Versorgung mit Büchern im 6. Bezirk auch bisher schon recht gut war, etwa mit dem Phil in der Gumpendorfer Straße und der vierstöckigen Thalia-Filiale auf der Mariahilfer Straße.

Nur Nachteile für seine Buchhandlung sieht Baruch Pomper darin nicht, im Gegenteil. „Das gibt mir die Chance, auch manche Bücher nicht zu führen“, sagt er. Pomper hat dafür auch Bücher kleinerer Verlage, experimentelle Literatur macht im Spaß. „Die Leute kommen nicht zu mir, weil sie den jüngsten Fitzek kaufen wollen.“

Pompers Buchempfehlung: Ottessa Moshfegh: „Lapnova“, Hanser-Verlag, 335 Seiten, 26 Euro  

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Die Leute, die vorbeischauen, kommen vor allem aus der Nachbarschaft, erzählt er. Und sie kaufen erstaunlich oft Bücher in Originalsprache (zum Beispiel den jüngsten John Irving „The Last Chairlift“).

Menschen mit Kindern trauten sich bisher selten herein, dabei hat Pomper in seiner Kinderecke sogar ein Rutschfahrzeug für sie bereitgestellt.

©KURIER/Jeff Mangione

Wer kommt, ist jedenfalls eingeladen, länger zu bleiben. Baruch Pomper macht Čaj, mit dem darf man sich dann hinsetzen und schmökern oder herumgehen und schmökern.

Und zwischendurch ein bisschen aus dem Fenster schauen, wie die Jelinek auf das Jelinek.

Julia Schrenk

Über Julia Schrenk

Waldviertlerin in Wien. Seit April 2011 in der KURIER Chronik. Immer interessiert an spannenden Geschichten aus und über Wien.

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