Nur 6 Schritte: Wie man aus Tomaten Tomaten macht

Gärtner Rene Pollroß weiß, wie man Samen aus Paradeisern zieht. Allerdings eignet sich nicht jede Tomate. Worauf man achten muss.

Ein Rotes Herz aus dem 17. Jahrhundert, die Moneymaker aus dem Jahr 1894 oder eine Sorte, die es bereits vor dem Jahr 1492 gab und die man heute "Wiener Große" nennt – das sind nur ein paar von den Paradeisersorten, die Rene Pollroß in "seinem Garten" hat.

Pollroß ist Gartenleiter der Arche Noah in Schiltern bei Langenlois (NÖ), die es sich zur Aufgabe gemacht hat, alte Pflanzensorten zu bewahren. Auch Tomaten. Ein Vorteil dieser alten Paradeiser: Sie sind keine „Hybridsorten“ – diese können nicht aus den Samen der vergangenen Ernte nachgezogen werden. Anders eben bei den Sorten, die in dem Garten in Schiltern wachsen, denn diese sind samenfest und heterogen. Heißt: „Aus einem dieser vollreifen Paradeiser kann man Samen ziehen – und das ist gar nicht so schwer.“

Hintergrund: Alte Sorten bald nicht mehr verkäuflich?

Eine geplante „EU-Saatgut-Verordnung“ bereitet den Experten der Arche Noah Kopfzerbrechen. Denn der EU-Vorschlag erschwere die Weitergabe von vielfältigem Saatgut – zum Nachteil der Landwirtschaft und der Kulturpflanzenvielfalt. 
Die Befürchtung: Gibt man  zukünftig Saatgut außerhalb des privaten Bereichs weiter, könnte dies als „Vermarktung“ eingestuft und  die Weitergabe strengen bürokratischen Vorschriften unterworfen werden. „Sogar Saatgut, das für den Erhalt der Artenvielfalt weitergegeben wird, könnte zukünftig beschränkt werden“, befürchtet  Arche-Noah-Expertin Magdalena Prieler.   Ihre Forderung: „Saatgut-Initiativen, Genbanken und bäuerliche Netzwerke, die in ganz Europa die genetische Vielfalt von Kulturpflanzen bewahren, sollten nicht durch bürokratische  und praxisferne Auflagen verhindert werden sollte.“  Das reiche aber nicht aus: „Die Verbreitung und nachhaltige Nutzung der Vielfalt von Kulturpflanzen sollte explizit erlaubt werden.“
Auch die geplante Deregulierung der Neuen Gentechnik sieht Prieler kritisch: Patente auf Gentech-Pflanzen sorgen für Exklusivrechte auf die Nutzung von bestimmten Merkmalen und blockieren die Entwicklung neuer Sorten.“ Diese Regelung sei ein Hebel für Konzerne, ihre Konkurrenten aus dem Markt zu drängen und die Kontrolle über die Landwirtschaft  auszubauen.

Wer samenfeste Sorten selber zieht, tut gleichzeitig auch etwas für die Biodiversität, erklärt Pollroß: „Im Gegensatz zu homogenen Sorten sind sie vielfältiger und passen sich dem Standort besser an.“ Und weil wir nicht genau wissen, welche Eigenschaften aufgrund des Klimawandels zukünftig gefragt sein werden, sei es besonders wichtig, dass man viele Sorten erhalte. Es ist gar nicht so schwierig, aus den Tomaten im Garten Samen zu ziehen. Es sind nur sechs Schritte, die von reifen Paradeisern zu einer Menge an Samen führen.

  1. Selektieren: Die richtigen Früchte auswählen: Zuerst schaut man, welche Paradeiser man in den nächsten Jahren wieder anbauen will. Von den Sorten, die dem Gärtner im Aussehen und Geschmack am meisten zusagen, wird geerntet – wenn möglich je eine Frucht von verschiedenen Pflanzen. Aber Vorsicht: Man sollte hierfür nur Früchte von gesunden Tomatenstauden verwenden, denn manche Krankheiten werden von Samen übertragen.
  2. Ausquetschen: Die Samen aus den Tomaten lösen: Zuerst wird die Tomate halbiert. Danach hält man die Fruchthälften über ein Behältnis und quetscht sie zusammen, sodass sich die Samen samt Fruchtfleischresten von selbst herauslösen. Ist das Fruchtfleisch zu fest, kann man mit Messer oder Löffel nachhelfen. Sind die Früchte zu klein dafür, gibt man sie mit etwas Wasser in einen Standmixer und zerschlägt sie auf geringer Stufe – die Samen bleiben dabei unverletzt.
  3. Stehenlassen: So lange, bis es gärt: Das ausgepresste Gemisch lässt man ein bis drei Tage bei mindestens 20 Grad stehen – die Masse fängt spontan an zu gären. Dabei gilt: Je wärmer, desto schneller gärt es.
  4. Saubermachen: Samen vom Gallert befreien: Während des Vergärens lösen sich Fruchtfleischreste und gallertartige Hülle vom Samenkorn. Der Samen sinkt nach unten – das Fruchtfleisch schwimmt oben. Sobald die Masse vergoren ist, füllt man Wasser in das Gefäß und leert es nach ein paar Sekunden vorsichtig aus. Und zwar so, dass die Samen am Boden bleiben und die schwimmenden Fruchtfleischreste entfernt werden können. Diesen Prozess wiederholt man so lange, bis nur mehr das Saatgut sauber zurückbleibt. Zum Abschluss wird der Samen in ein Sieb gegeben und unter fließendem Wasser gespült.
  5. Trocknen: Auf die Unterlage kommt es an: Jetzt werden die Samen an einem luftigen und warmen Ort getrocknet. Optimal ist eine Temperatur zwischen 25 und 30 Grad. Die Paradeisersamen werden dazu auf eine Unterlage gelegt, auf der die Samen nicht festkleben. Bewährt haben sich zum Beispiel Vliesreste, Backpapier und Kaffeefilter – letztere sind für kleine Mengen optimal. Grundsätzlich gilt: Je flacher die Samen liegen, desto schneller trocknen sie.
  6. Richtig lagern: Bewahren für die Ewigkeit: Sobald die Samen sehr gut trocken sind, reibt man sie, sodass sie sich trennen. Danach gibt man sie in ein luftdichtes Glas, das an einem dunklen, trockenen und kühlen Ort aufgestellt wird. So bleibt das Saatgut mehrere Jahre keimfähig. Wer es noch länger lagern will, legt es in einen Alubeutel ins Gefrierfach.
Ute Brühl

Über Ute Brühl

Meist schreibe ich über so ernste Dinge wie Schule und Wissenschaft. Daneben widme ich mich immer wieder den schönen und heiteren Dinge des Lebens - dem guten Essen oder dem Gärtnern zum Beispiel.

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