Zugspitze, ein Gipfel für zu viele?

Die spektakuläre Aussichtsplattform wirkt viel zu groß für die Feinheit einer Bergspitze. Der deutsch-österreichische Grenzberg im Länderwettbewerb.

In der Talstation der Tiroler Zugspitzbahn in Ehrwald wirkt alles normal. Erst beim Aussteigen wird man von der Anzahl der Menschen überrascht, die sich da ganz oben tummeln. Die spektakuläre Aussichtsplattform wirkt viel zu groß für die Feinheit einer Bergspitze. Geteilt ist sie in die österreichische Seite mit Souvenirladen und die deutsche Seite mit Restaurant inklusive Weißwurst. In Deutschland wird die Zugspitze mit ihren 2.962 Metern als höchster Berg gefeiert. Wir haben unseren Großglockner mit 3.798 Meter plus Wildspitze (3.768 Meter) und Großvenediger (3.674 Meter), um nur die höchsten zu nennen. Die Legende, dass Kaiser Franz Joseph den Bayern die Zugspitze geschenkt hätte – „damits auch an richtigen Berg habts“ – bleibt unbelegt. Erzählt wird sie hierzulande gerne.

Seit 1924 findet auf der Zugspitze eine Art Seilbahnbau-Wettbewerb zwischen Österreich und Deutschland statt. Die Tiroler nehmen die erste Seilbahn 1926 in Betrieb, die aber 160 Meter vor dem Gipfel endet. 1930 startet die Zahnradbahn aus Garmisch aufs Zugspitzplatt und ein Jahr später führt eine Gipfelbahn vom Platt direkt zum höchsten Punkt. Die teils prekären Arbeitsbedingungen der andauernden Bauarbeiten flossen in Ödön von Horvaths Volksstück „Die Bergbahn“ ein. Aktuell führen drei Seilbahnen auf den Berg, zwei direkt auf den Gipfel auf das üppige Aussichtsplateau mit 360-Grad-Panorama.

©Alexandra Mayer-Rohrmoser

Von der Plattform kommt man direkt auf die massiven Felsen des Gipfels und sogar zum Gipfelkreuz. Im Sommer, wenn viel los ist, sieht man hier einen irren Mix: Top ausgerüstete Bergsteigerinnen und Bergsteiger mischen sich mit leger bekleideten Ausflüglern und drängen gemeinsam zum Gipfelkreuz zur Fotosession. Manche Touristen lassen sich wie im Rausch zu waghalsigen Aktionen hinreißen. Man sieht schon mal wackelige Menschen in Badeschlapfen über den schroffen Fels am Gipfelgrat künsteln.

Es sind Szenen, die einem die Haare aufstellen, geht es doch links und rechts kerzengerade hinab. Laut Auskünften vor Ort kommt es trotzdem zu überraschend wenigen Unfällen. Das ist gut. Das Halligalli schlägt sich mit der ruhigen Imposanz des Panoramas und dem einhergehenden tiefen, friedlichen Gefühl, das man so hoch oben oft verspürt. Es drängt sich der Gedanke auf, die Berggipfel doch bitte nur für die demütigen Menschen zu öffnen, die sich den Weg hinauf hart erarbeitet haben. Es den anderen aber zu verwehren, die vielleicht gar nicht hinaufsteigen könnten, weil sie beeinträchtigt sind oder einfach nicht fit genug, wäre natürlich auch nicht richtig.

Es ist schön, wenn viele das Gipfelgefühl genießen können. Das Modell ist deshalb wichtig und gut – viele Nachahmer braucht es aber nicht.

Infos

Wohnen: Das familiengeführte  Hotel Post in Lermoos bietet den direkten Blick auf die Zugspitze und erfüllt kulinarisch alle Wünsche. Die Atmosphäre ist modern und gemütlich. post-lermoos.at

 


Bergabenteuer: Bergsport Total – Profis fürs Wandern, Biken und Pistenspaß, bergsport-total.at

 


Gänsehaut: Die längste Fußgängerhängebrücke der Welt im Tibet-Stil, highline179.tirol

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