Winterliches Wunderland: Adventzeit in Zürich
Hier fallen die Sterne fast bis auf die Straße, ein prächtiger Weihnachtsbaum singt, Schokoladenbrunnen fließen und der „Samichlaus“ hat in der größten Schweizer Stadt Engel an Bord der Tram.
Überblick
Von Wien nach Zürick in 1 Std. 20 Min
Mit ÖBB-Nightjet von Wien nach Zürich in 9 Std. (nightjet.com)
Von Brigitte Jurczyk
Es hilft nichts, auch kein Augenreiben: Er ist es wirklich, der höchstpersönlich Tram fährt – der Samichlaus, die Schweizer Variante des Weihnachtsmanns, unverkennbar, mit langem, weißem Rauschebart und rotem Kapuzenmantel steht er vorne im Führerhäuschen am Steuer. Der gute Mann hat seine Rentiere im Stall gelassen und ist auf die Straßenbahn umgestiegen. Sehr zur Freude aller kleinen und großen Fans dreht er in der Vorweihnachtszeit in der „Märlitram“ – Schweizerdeutsch für Märchenstraßenbahn – seine Runden durch die Zürcher Innenstadt. Etwa 25 Minuten dauert die Fahrt vom Bellevue Platz aus, entlang des Flusses Limmat über die Bahnhofstraße und wieder zurück. Der rote, nostalgische Waggon wurde schon 1913 gebaut und ist das älteste historische Fahrzeug der Zürcher Straßenbahnen. Seit 1958 bringt das hübsche Gefährt mit zwei Engeln an Bord Kinder in Vorweihnachtsstimmung und zaubert Erwachsenen, an denen es vorbeifährt, ein Lächeln ins Gesicht. Erstmals in diesem Jahr öffnen sich seine Türen auch für die Großen, die zusammen mit den Kleinen eines gemeinsam haben: ein Faible für Märchen.
Wenn Lucy leuchtet
Bei der Rundfahrt taucht man in den strahlenden Kosmos der größten Schweizer Stadt ein. Denn die Bahnhofstraße funkelt jetzt in einem Lichtermeer: Ein jährlich wiederkehrendes Highlight, wenn die Weihnachtsbeleuchtung „Lucy“ angeschaltet wird und Tausende von funkelnden Sternchen vom Himmel bis fast auf die Straße hinabschweben. Die etwa anderthalb Kilometer lange, zentral gelegene Bahnhofstraße gilt als eine der teuersten und exklusivsten Einkaufsmeilen der Welt. Wer auf der Suche nach einer Luxusuhr oder einem Kaschmirpulli als Weihnachtsgeschenk für den oder die Liebste ist, wird hier in den Boutiquen und noblen Kaufhäusern fündig. Aber es sind auch die kleinen, liebenswerten Läden, die in den Seitenstraßen Wohnaccessoires, Bücher, Mode und viel Hübsches mehr offerieren. Bester Platz für die Shoppingpause: Das Traditionscafé „Sprüngli“, das in der Adventzeit zur Grand Cru Chocolat Chaud – der heißen Schokolade aus Edelkakao – seine legendären Weihnachts-Luxemburgerli, eine Art Macaron mit Glühweincreme oder Schokoladenbiscuit mit Truffe-Füllung serviert.
Wenn dann am Nachmittag die Sonne über der Stadt untergeht, erstrahlen die Lichter des „Singenden Weihnachtsbaums“ am Werdmühleplatz und der Gesang von Kinderstimmen ist schon von weitem zu hören. Es sind Chöre aus der Region, die auf der zum Christbaum gestalteten Bühne täglich auftreten und mit ihren Adventliedern eine festliche Stimmung zaubern.
Spazieren in der Altstadt
Über verschiedene Brücken, die die Limmat überqueren, sind es nur wenige Minuten bis in die Altstadt. Die schmalen Gassen mit den Jahrhunderte alten Häusern rund um das Großmünster aus dem 12. Jahrhundert bergen so manches Bijou. Zum Beispiel den Kolonialwarenladen Schwarzenbach, der schon seit über 150 Jahren und in fünfter Generation feine Delikatessen aus aller Welt in seinem hübschen Geschäft in der Münstergasse hortet und Schokoladen von Hand herstellt.
Durch die festlich geschmückten Straßen schlendert man gemächlich Richtung Zürichsee, wo auf dem Sechseläutenplatz vor der Oper der „Zürcher Wienachtsmarkt“ beim Bellevue nur wenige Schritte vom See entfernt seine 100 Buden aufgestellt hat. Es duftet nach Glühwein, Punsch und weihnachtlichen Gewürzen. Rauch steigt von den Ständen der Maroniverkäufer auf. Weihnachtsmusik zieht sich wie ein Klangteppich über das bunte Potpourri von hell erleuchteten Buden. Es ist einer der stimmungsvollsten Weihnachtsmärkte der Stadt, auf dem traditionelles Kunsthandwerk neben modernen Designstücken und vielen anderen Geschenkideen auf Käufer warten.
Der größte Indoor-Weihnachtsmarkt Europas lässt sich übrigens im Zürcher Hauptbahnhof finden, gleich dort, wo man per Zug die Stadt erreicht. Überall in Zürich haben auch die Fondue-Chalets Saison, die genauso zur Weihnachtstradition der Stadt gehören wie der Zürichsee. Das klassische Schweizer Käsefondue oder auch köstliches Raclette wird hier im rustikalen Rahmen an Holztischen serviert. Besonders schön am Abend: die Winterzauber-Schlittschuhlaufbahn, die größte Kunsteisbahn Europas in der Nähe des Dolder Hotels, wo der Tag beim Schlittschuhlaufen rund um einen riesigen, beleuchteten Weihnachtsbaum beim Glühwein ausklingt.
Wer hat’s erfunden
Schweizer Schokolade gilt als eine der besten der Welt. In der Schweiz wurden die ersten Schokoladen überhaupt hergestellt und 1875 die Milchschokolade erfunden. Nur vier Jahre später gelang es dank einer speziellen Technik, dem sogenannten Conchieren, der Kakaomischung ihre feincremige Konsistenz zu verleihen.
Eigentlich war es eher ein Versehen, das dazu führte, die zart schmelzende Textur zu entwickeln und das gelang dem Apothekerssohn Rudolphe Lindt. Heute steht die Firma Lindt wie kaum eine andere als internationaler Botschafter für die Kunst der Schokoladenfertigung. Die interaktive Schokoladenwelt „Home of Chocolate“ – das neue Schokoladenmuseum von Lindt – am Schokoladenplatz in Kilchberg zeigt, wie die süße Köstlichkeit hergestellt wird, die sich jetzt in Form von Christbaumschmuck oder Weihnachtsmännern zeigt. Spektakulär: der Schokobrunnen, der unaufhörlich sprudelt.
In Zürich gibt es aber noch andere Produzenten des zarten Schmelzes. Die Schokoladenmanufaktur laflor offeriert zum Beispiel handgefertigte Schokoladen mit unterschiedlich hohem Kakaogehalt. Im Schokoladenatelier entstehen Weihnachtsbaumkugeln aus hauchfeiner Schokomasse. Und wer nach einem Shopping- und Naschtag Erholung sucht, taucht ein ins hundertjährige Gewölbe einer ehemaligen Brauerei im Hürlimannbad & Spa, entspannt in der Sauna oder genießt den Panoramablick über die Stadt im Infinitypool auf dem Dach. Am Abend geht es zur Lichtshow Illuminarium im Innenhof des Landesmuseums, die sich interaktiv auf den Fassaden abspielt. Kleiner Tipp: Am besten die Tickets für einen Time-Slot im Voraus ordern.
Ich packe mei8nen Koffer...
… Wollhaube, Handschuhe und wetterfeste Schuhe, die Schnee und Regen trotzen.
... das Buch „Glücksorte in Zürich“, in dem Coco Petit die Leser auf Glückssuche in der Stadt mitnimmt (Droste Verlag, 168 S., 14,99 €)
… einen großen Cityshopper, in dem man die in Zürich gekauften Weihnachtsgeschenke gut nach Hause mitnehmen kann.
Wer bei all dem Weihnachtsrummel noch offen für neue Kunsterfahrungen ist, fährt eine knappe halbe Stunde ins Nachbarstädtchen Winterthur, wo auf dem ehemaligen Industrieareal Schleife das bekannte Fotozentrum bestehend aus Fotomuseum und der Fotostiftung untergebracht ist. Wechselnde Ausstellungen bilden hier die Vielschichtigkeit zeitgenössischer Fotokunst ab. Der Weg dorthin vom Bahnhof führt zu Fuß direkt durch die charmante Altstadt.
Ganz einfach lässt sich Kunst übrigens hautnah aber auch bei „The Christmas Paradox“ erleben. Gäste kommen beim „Hotel Noël“ in den einmaligen Genuss, mit Kunst zusammenzuleben, statt wie im Museum nur einen temporären Blick zu erhaschen. Dazu stellen bis zum 26. Dezember zehn Zürcher Hotels je ein Zimmer zur Verfügung, das von Künstlern in ein außergewöhnliches Übernachtungserlebnis verwandelt wird.
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