Minimundus: Willkommen in der kleinen Welt

Eine Reise um den ganzen Globus in einer Stunde? In „Minimundus“ in Klagenfurt geht das. Gut sogar.

Überblick

Beste Reisezeit

April bis Oktober 

Währung

EUR

Anreise

Klimafreundliche Anreise mit ÖBB ab Wien

Dauer ca. 5 Std

Auskunft

minimundus.at

Eine Rakete ist eine Dampflok dagegen. Vom Petersdom im Vatikan zum Opernhaus in Sydney sind es hier für die Besucher nur ein paar Sekunden. Oder, je nach Schuhgröße, zwischen 85 und 120 Schritte. Willkommen in Minimundus in Klagenfurt, willkommen in der wunderbaren Welt im Kleinen.

Exakt 159 Modelle von Wahrzeichen aus mehr als 40 Ländern lassen einen hier auf eine Weltreise gehen, die man nie vergisst. Ja, mehr noch. Eine, die man unbedingt wiederholen will. „Bei uns heißt es, drei Mal in seinem Leben besucht man Minimundus“, sagt Hannes Guggenberger, Geschäftsführer dieser Sehenswürdigkeit. „Einmal als Kind, später dann als Erwachsener mit seinem eigenen  Kind – und noch einmal später mit den Enkelkindern.“

Los geht's

Spazieren wir durch diesen riesigen, insgesamt eine Fläche  von 26.000 m² umfassenden Park mit den gar nicht so kleinen Modellen. Die Palette reicht dabei von zehn Zentimeter hohen Eisenbahnwaggons bis zum 22,20 Meter hohen und alles andere überragenden Nachbau des CN-Towers in Toronto in Kanada.

©Kurier/Jeff Mangione

„Bis zum 12. 9. 2007 war der Funk- und Fernsehturm mit einer Höhe von 553,33 Metern das höchste, frei stehende Gebäude der Welt“, klärt  eine Info über das Original auf. Schüler und Lehrer dreier Kärntner HTLs bauten ein Jahr lang an dem immerhin 20 Tonnen wiegenden Modell. Guggenberger: „Diese Leistung ist im Modellbau weltweit einmalig.“

Vis-à-vis befindet sich der Eiffelturm. Auch er weist eine Historie der Superlative auf. Bis zur Fertigstellung des Chrysler Building 1930 in New York galt das Pariser Wahrzeichen als höchstes Bauwerk der Welt. Superb! Aber nur die Nachbildung in Minimundus schafft die Meisterleistung, gleich zwei Mal erbaut zu werden. „Unser erster Eiffelturm wurde wegen seiner enormen Höhe von über 300 Metern nur im Maßstab von 1:50 gebaut. Wegen ständiger Reklamationen der Besucher haben wir nachgebessert“, sagt Guggenberger, „und 1967 einen Eiffelturm im Maßstab 1:25 präsentiert.“

Allein das macht verständlich, warum man hier gerne zum  „Wiederholungstäter“ wird. Erstens wächst Minimundus Jahr für Jahr. Zweitens betrachtet man Bauwerke wie etwa den Taj Mahal in Indien als Kind mit anderen Augen als ein Großer. Und drittens lassen sich bei einem Spaziergang durch die seit 1958 bestehende Anlage sowohl das Fernweh stillen als auch nächste  Reisepläne schmieden.

Reiseprospekt zum Betreten

Ja, man kann Minimundus auch mit einem begehbaren Reiseprospekt vergleichen. Alle hier kopierten Wahrzeichen – vom „Schiefen Turm von Pisa“ bis zur Windmühle in Retz – sind im Maßstab 1:25 zu gebaut. Nein, nicht ganz. Guggenberger: „Ausnahmen sind die Queen Mary und die Burg Hochosterwitz. Da haben unsere Modellbauer ein wenig  getrickst, damit sich diese besser ins Gesamtbild fügen.“

Wegen seiner enormen Länge von 310 Metern wurde der Luxusdampfer im Maßstab 1:100 nachgebaut. Alles andere hätte den Rahmen der engen Werkstatt gesprengt.

Sechs versierte Modellbauer samt einer Handvoll Lehrlingen sind am Werk. Manche kommen frisch von der HTL, andere bastelten hier schon neben ihrem Job als Bürgermeister. Und manchmal stehen den Kärntnern auch hilfreiche Hände aus Übersee zur Seite.  Der indonesische Borobudur Tempel aus Lavabasalt etwa wurde von indonesischen Modellbauern angefertigt und als Geschenk der Insel Java an Minimundus übergeben.  

„Bei uns ist immer alles in Bewegung“, sagt Hannes Guggenberger, der hier auch als "Bürgermeister von Minimundus" bekannt ist. Als gelernter Konditormeister weiß der Kreativkopf der kleinen Welt am Wörthersee, dass es gerade bei Kunstwerken im kleinen Maßstab auf die Details ankommt. „Im Moment wird an Hangar-7 und Hangar-8 gearbeitet“, führt er uns  zum Sehnsuchtsort vieler Flugbegeisterter.  Das Original steht  in Salzburg. Aber nur hier in Kärnten wird das Rollfeld penibel mit Besen und Pinsel  manikürt. Gerade erst wurde Marshall Titos ehemalige „Air Force One“ fertig, eine Douglas DC-6B. „Red Bull“-Boss Dietrich Mateschitz konnte sie davor bewahren, in Afrika ein Dasein als Ersatzteillager zu fristen. Und genauso frisch poliert und glänzend steht sie als Nachbau in Minimundus. Guggenberger: „Bei ihrem Anblick leuchten die Augen eines jeden Modellbaufans.“

Hoch hinaus

Wir biegen in die hauseigene Werkstatt ab. Eng ist es da, direkt ein Wunder, dass hier Kunstwerke wie die Chinesische Mauer oder der Tempel von Chichen Itza in Yucatan entstehen. In Miniaturversion, versteht sich. Aber trotzdem. Diese Nachbauten sind alle immerhin größer als eine Hundehütte. Daher wird an den richtig großen Klötzen im Freien gebastelt. Oder im derzeit Corona-bedingt geschlossenen Indoorbereich, wo sonst ein 4-D-Kino und weitere Sehenswürdigkeiten überraschen.
Sicher, selbst das Modell von so etwas Bekanntem wie Otto Wagners Stadtbahnstation am Karlsplatz in Wien ist spektakulär. Aber so richtig geht die Show erst ab, wenn das Space-Shuttle startet. Und das macht es in Minimundus im Stundentakt.

©Kurier/Jeff Mangione

„Bei uns läuft sogar der originale Countdown vom Band“, strahlt Guggenberger. Wie das, war hier auch schon einmal jemand von der NASA auf Besuch? 

„Nein, das lief viel unkomplizierter  als gedacht“, so die Antwort. Ein Modellbauer dachte sich, wenn wir es schon schaffen, unser Space Shuttle jede Stunde ein paar Meter hoch steigen zu lassen, wäre doch das Tüpfelchen auf dem i, auch den Countdown aus den Lautsprechern zu hören.  

Ein diesbezügliches E-Mail an Cape Canaveral war rasch formuliert, die Antwort samt originaler Audiodatei trudelte schon am übernächsten Tag ein – fast im Raketentempo quasi.

Apropos Tempo

Bis diesen Montag hat Minimundus bis 22 Uhr geöffnet, im September nur mehr bis 19 Uhr. Und gerade in den Abendstunden zeigen sich die Sehenswürdigkeiten wieder von einer anderen Seite. „Hier leuchtet sogar der Aufzug“, weist Hannes Guggenberger auf ein im Sonnenlicht kaum erkennbares Detail des CN-Towers hin. Wir sehen, wir müssen noch einmal kommen. 

 Minimundus, die Kärntner Institution wurde 1958 unter dem Namen „Minieurop“ gegründet. Geht es nach den Wünschen der Besucher, fehlt ihnen nur eines: die Golden Gate Bridge von San Francisco. „Das würden wir schon schaffen“, bestätigt Modellbauer Stefan Zobernig, der Groß-Cousin des Künstlers und Akademie-Professors Heimo Zobernig „Aber nicht im Maßstab 1:25, denn dann würde sie weiter über den Park hinaus ragen.“

©Kurier/Jeff Mangione

Hätten Sie's gewusst?

+ Ohne die Satire „Gullivers Reisen“ gäbe es Minimundus nicht: Der in Dublin geborene Schriftsteller Jonathan Swift ersann die kleine Welt des sagenhaften Liliputs fast zeitgleich mit  dem Drama des schiffbrüchigen Robinson Crusoe – vor beinahe  300 Jahren.

+ Die letzte Station seiner Reise führt Gulliver ins Land der groben, affenartigen, aber durchaus  lernwilligen Yahoos. Yahoo? Dieser Name wurde erst im Computerzeitalter wieder richtig modern. David Filo und Jerry Wang benannten so 1994 im Silicon Valley eine der ersten Internet-Suchmaschinen.

+ Als Dienstwagen fährt der "Bürgermeister von Minimundus" selbstverständlich ein passendes Gefährt, einen Mini und zwar den Cooper SE Elektro.

 

Bernhard Praschl

Über Bernhard Praschl

Bernhard Praschl, geboren 1961 in Linz. Als Stahlstadtkind aufgewachsen zwischen Stadtwerkstatt und Brucknerhaus. 1978 erster Manager der Linzer Punk-Legende Willi Warma. 1979 Studium der Politikwissenschaft und Publizistik an der Uni Wien. Zivildienst im WUK; 1986 Institut für Höhere Studien, Wien. 1989-1992 in der Die Presse, seit 1992 Redakteur im KURIER, 1994 Statist in Richard Linklaters "Before Sunrise", seit 1995 in der FREIZEIT. 2013 "Das kleine ABC des Geldes. Ein Lesebuch für Arm und Reich" (Czernin Verlag). Nach frühen Interrailreisen durch Europa (Portugal bis Irland) und Autofahrten entlang der California State Route und dem Overseas Highway nach Key West jetzt wieder Bahnfahrer - und E-Biker.

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