Der Fotospot schlechthin in Cascais: Leuchtturm Santa Marta

Weekender Cascais in Portugal: Mehr als einen Ausflug wert

Schöne Urlaubstage in Cascais, nur unweit von Lissabon: Wie aus einem Fischerdorf dank Königen, Spionen und Seefahrern die portugiesische Riviera wurde.

Überblick

Anreise

tägl. Flüge von Wien nach Lissabon, z. B. mit TAP Air oder Austrian Airlines. Flugdauer: 3, 40 Std. 

Von Lissabon per Zug

Nach Cascais, fährt alle 20 min (Station: Cais do Sodré). Dauer: 40 min

Währung

Euro

von Nicola Afchar-Negad

Fotos aus Cascais wirken oft ein bisschen so, als hätte man die Künstliche Intelligenz bemüht. Kleine Schlösschen und prächtige Villen, erbaut um die vorletzte Jahrhundertwende, stehen da in erster Reihe in der Meeresbucht. Man blickt durch Torbögen aufs Wasser und sonnt sich nach einem Museumsbesuch in der einstigen Sommerresidenz am Haus- und Hofstrand. Und im Park Marechal Carmona stolzieren Pfaue umher, irgendwie surreal.

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Könige und Spione

Für viele Lissabon-Reisende war Cascais schon lange ein Tagesausflug, aber eigentlich hat sich die Vila ein ganzes Wochenende verdient. Zu schön sind die Strände, zu abenteuerlich die Geschichte. Das nur vierzig Minuten westlich von Lissabon gelegene Städtchen ist heute eines der reichsten Portugals, die geografische Lage, politische Entscheidungen und natürlich der Zufall machten es möglich. 

So soll ein Fischer aus Cascais (gesprochen mit sch am Schluss) bereits zehn Jahre vor Columbus in der neuen Welt gelandet sein. Mr. James Bond, Ian Fleming, soll seine Inspiration für "Casino Royale" im zum selben Stadtkreis gehörenden Estoril gefunden haben. Und während des Zweiten Weltkriegs, als Portugal neutral war, verschlug es europäische Könige gleichsam mit Spionen in diese Gegend. Eine exaltierte Mischung.

Cascais ist auch für seinen Yachthafen bekannt, der auf dem Bild zu sehen ist.

Cascais ist auch für seinen Yachthafen bekannt 

©Getty Images/iStockphoto/luoman/iStockphoto

Was Cascais aber mehr als alles andere prägte, war der Aufschwung zum Badeort, zum Sommerfrische-Ziel des Königs und des Adels. 1870 ließ König Luis I. von Portugal die Zitadelle zur Residenz umbauen, etliche Schlösschen und Herrenhäuser sollten folgen. Sie stehen nicht etwa gut beschützt im Hinterland, sondern ganz keck, fast schon provokant, an vorderster Front.

Die Küstenstadt stieg zur Riviera Portugals auf, zum mondänen Reiseziel. Das Bad Ischl Portugals begeistert auch Cristiano Ronaldo, der hier seit Jahren an einem gigantischen Anwesen bauen lässt. Aber nicht täuschen lassen: Cascais ist charmant, nicht hip und ganz sicher nicht ausufernd.

Die Szenerie hat bis heute etwas Verträumtes und Ursprüngliches. Candice Tomkins lebt seit vier Jahren in Cascais. Die gebürtige Britin bietet "Travel Design" an, sprich: sie stellt persönliche Reiserouten zusammen. Cascais stehe dabei immer öfter auf der Wunschliste, so die Gründerin von "Soi 55" (@soi55travel). "Selbst nach vier Jahren macht mich der Blick Richtung Leuchtturm Santa Marta immer noch sprachlos."

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Der blau-weiß gestreifte Leuchtturm am westlichen Ortsausgang, die daneben liegende Casa de Santa Maria und das Meer, das beides umspült – ein ikonischer Anblick. Aber bitte nicht in Andacht erstarren, sondern rüberspazieren zu Lusophonica, direkt vor dem Eingang des Leuchtturms – auf einen Kaffee zu DJ-Sound. Davor oder danach geht es rauf auf den Leuchtturm und rein ins Museum in der Casa de Santa Maria, einst ein Hochzeitsgeschenk eines Tabak-Tycoons für seine Tochter und heute vermutlich das am meisten fotografierte Haus der Stadt.

Meeresfrüchte, was sonst? Hier zum Beispiel im "Monte Mar", etwas außerhalb der Stadt
 

©Monte Mar Cascais

Infernalisches Feuer

Wer schon hier in dieser Gegend ist, spaziert am besten weiter Richtung Westen, zum "Boca do Inferno", übersetzt: Höllenmund. Der Name mag ein wenig gar reißerisch sein, aber das Schauspiel ist durchaus infernalisch. Die Felsenklippen bilden eine Art Schlund, gegen den die gewaltigen Wellen bei Flut knallen und nach oben wegschießen. Wer will, deckt sich am Markt vor Ort noch mit Lammfell-Pantoffeln ein (beliebt bei den Einheimischen) und speist im "Mar do Inferno" den Fang des Tages (mittwochs geschlossen).

Auch shoppen kann man in Cascais, unter anderem natürlich in den kleinen Gassen der Altstadt

©Getty Images/bennymarty/istockphoto

Verglichen mit der Nachbarschaft fühlt man sich in Cascais fast wie in einem Kokon. Auf der einen Seite das quirlige Lissabon, auf der anderen Höllenschlund und eine stürmische See, die ideal für Surfer ist. Der immer etwas vom Winde verwehte "Praia do Guincho" ist ein Tipp von Tomkins. "Ein idealer Spot im Sommer, hier findet man auch in der Hochsaison Platz."

Kuriose Fakten

Wussten Sie, dass... 

  • ... Cascais für sein Jazzfestival bekannt ist? Am 26.7. etwa Diana Krall.
  • …  die neue Welt von einem Fischer aus Cascais entdeckt worden sein soll? Und zwar 10 Jahre vor Columbus.
  • … Der Strand Guincho Kulisse im James-Bond-Film "Im Auftrag ihrer Majestät" war?
     

Die Globetrotterin bezeichnet sich selbst als "Strand-Hippie", schwimmt bei herausfordernden Temperaturen im Ozean und ist mit Vorliebe zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs. "Es gibt einen Radweg von der historischen Altstadt zum Praia do Guincho – er führt am Boca do Inferno und dem Casa da Guia vorbei. Man sollte dafür unbedingt einen halben Tag einplanen."

Zum Boca do Inferno, was übersetzt Höllenschlund heißt, kann man von der Innenstadt aus in zwanzig Minuten spazieren.

©Getty Images/Katerina Kanska/istockphoto

Was Tomkins wichtig ist: "Jeder weiß von Sintra und ähnlichen Sehenswürdigkeiten. Ich empfehle, Richtung Süden zu fahren, in den Arrábida Nationalpark oder den Aussichtspunkt Cabo da Roca gegen den Cabo Espichel zu ersetzen." In Cascais, so wie in der ganzen Region am westlichsten Ende des europäischen Festlandes, dreht sich einfach alles ums Wasser. Cascais rieche nach gegrilltem Fisch, meint Tomkins. Wie es sich anhöre? "Nach Möwengeschrei", sagt die Britin lachend.

Yachthafen, der als drittgrößter in Portugal gilt

©Getty Images/CHUNYIP WONG/istockphoto

Alle Wege führen ans Meer 

Bis heute findet jeden Tag um 17 Uhr eine Fischauktion statt, durchaus spannend, das einmal mitzuerleben. Dann die Gehwege: Sie sind mit Calcado-Steinen gepflastert, oft im Wellenmuster. Oder die wunderschönen alten Brunnen, verkleidet mit blau-weißen Azulejo-Fliesen, die sich wie Zuckerstreusel verteilt in der Stadt finden.

Die Altstadt, nach einem Erdbeben 1755 komplett neu aufgebaut, bietet sich an, um für Stunden verloren zu gehen, aber irgendwie führt dann doch jeder Weg wieder Richtung Wasserfront, vorbei an Meeren aus pinker Bougainvillea und idealerweise mit Areias de Cascais (mit Zucker überzogene Teigbällchen) in der Hand. 

Ich packe in meinen Koffer …

  • …  "Casino Royale" von Ian Fleming. Die Inspiration für das Buch soll der britische Autor und James-Bond-Erfinder in Estoril gefunden haben.
  • …  eventuell einen Neoprenanzug für den stets kühlen Atlantik.
  • … die Golfausrüstung. Es gibt sechs verschiedene Golfplätze in der Region!

Denn ja, es gibt schöne Boutiquen in Cascais und die Yellow Street sollte man für ihre Restaurants kennen, aber irgendwie ist das alles nur ein leises Plätschern im Vergleich zum Grundrauschen des Meeres. Gleich, ob in der Zitadelle, dem Museum "Condes de Castro Guimarães" oder der Casa da Guia – der Atlantik ist immer allgegenwärtig und unterstreicht die Zeitlosigkeit der Stadt. 

Und wem das noch nicht reicht, der reist am besten Ende August an, denn dann beginnt das legendäre, zehntägige "Festa do mar". Traditionelle Boot-Paraden, Konzerte und das ganze typische Pipapo eines Festivals: Cascais lässt alljährlich seine maritime Vergangenheit aufleben und huldigt somit der Anfänge, aus denen Großes gewachsen ist.

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