Warum auf Mauritius auch Nachhaltigkeit ein Thema ist
Auf der Insel in Indischen Ozean entstanden auf Zuckerrohrplantagen gehobene Urlaubsdomizile. Wo man jetzt Wert auf Umweltschutz legt.
Überblick
Von Wien mit der AUA (in der Economy Class werden hin und zurück 4.207 kg freigesetzt) in 10 Std. 15 Min.
Flug mit Edelweiss Air ab Zürich in 13 Std.
Mauritius-Rupie
aktueller Kurs
Das Angebot klang verlockend: Im Namen der Rogers Group und Edelweiss Air wurde der KURIER „anlässlich des ersten klimaneutralen Reisens nach Mauritius“ eingeladen. Tatsächlich klimaneutral? Und wenn ja: Wie schaffen die das? Edelweiss, Ferienflieger der Schweizer, setzt ganz normale Airbus-Maschinen ein. Und für die Rogers Group, die auf der kleinen Insel im Indischen Ozean neun Resorts betreibt, beginnt der Urlaub erst mit der Landung. Logisch. Denn man fliegt ja in den Urlaub.
Mauritius (nur zwei Stunden Zeitunterschied) ist eine sehr gute Wahl, wenn man bereit ist, ein klimaverträgliches Dreijahresbudget an Emissionen für zwei Zehn-Stunden-Flüge zu verwenden (und als Economy-Passagier zur Gewissensberuhigung zumindest 100 Euro als Kompensationszahlung leistet). Und wahrscheinlich eine bessere als die geologisch jüngere Nachbarinsel Réunion, die zwar sehr hohe Vulkane und grandiose Landschaften hat, aber auch Haie. Denn nur rund um Mauritius hat sich ein Korallenriff gebildet, das die Wucht der Wellen bricht. Es gibt daher viele wunderschöne Strände mit weißem Sand, auch im seichten Wasser tummeln sich bunteste Fische.
Die ideale Lage nutzten bereits die Seefahrer: Mauritius war ein Zwischenstopp auf dem Weg vom Kap nach Indien. Anfang des 16. Jahrhunderts, als die Portugiesen an Land gingen, trug die Insel noch die arabische Bezeichnung Dinahrobi. Dann hieß sie Ilha do Cerne. Die Holländer benannten sie nach dem Statthalter Maurits von Oranien. Und sie taten, was Kolonialisten gerne tun: Das Land ausbeuten. Sie brachten Sklaven mit, schlugen die Ebenholzwälder und pflanzten Zuckerrohr. Ihre Ratten delektierten sich an den Eiern der Dodos. Das flugunfähige Riesenhuhn, das keine Feinde gehabt hatte (und nur ein Ei pro Jahr in die Erde zu legen brauchte), war für die Menschen leichte Beute. Es starb aus: Der letzte Dodo wurde 1681 gesichtet.
Dann kamen die Franzosen. Sie herrschten achtzig Jahre lang, intensivierten den Anbau von Zuckerrohr und drückten mit Namen ihren Stempel auf – von Port Louis über Flic en Flac bis Mahebourg.
1815 eroberten die Briten die Insel. Sie pflanzten als Ersatz für die Tropenhölzer Eukalyptus – und setzten beinhart auf Monokultur: Mehr als die Hälfte des Landes (ganz besonders im flachen Norden) sind heute noch Zuckerrohr-Felder. Die Zuckerbarone bauten Fabriken sonder Zahl und sich selbst klassizistische Landhäuser (darunter das sehenswerte Château de Labourdonnais). Als sie keinen Sklaven mehr halten durften, holten sie billigste Arbeitskräfte aus Indien und China. So entstand ein Vielvölkergemisch, das sich in Kreolisch verständigt und exzellent kreolisch kocht.
Strand-Resorts statt Zucker-Fabriken
Einer der Barone war Charles Telfair, der 1816 eine Plantage bei Bel Ombre im Süden erworben hatte – und sukzessive Ländereien wie Zuckermühlen aufkaufte. Die größte Fabrik ist heute ein höchst informatives Freilichtmuseum. Denn sie wurde 1999 stillgelegt – und die in Mauritius ansässige Rogers Group führte das riesige Areal (2.500 Hektar) neuen Nutzungen zu. Es entstanden am Strand mehrere Resorts, aus dem Landhaus wurde ein „Château“, darum herum liegen zwei Golfplätze, Hunderte Bungalows – und dahinter erstreckt sich bis zu den Bergen ein Naturreservat, in dem sich Damwild tummelt.
Lokale Produkte – wenn möglich
Mit dem Umweltschutz scheint man es wirklich ernst zu nehmen. Philippe Espitalier-Noël, der CEO, vergatterte sein Team zur Nachhaltigkeit: Die Mitarbeiter hatten mit ihrer Unterschrift zuzustimmen, die Ziele der Company – darunter die Erhaltung der Wälder, Lagunen, Riffe und Gewässer – mitzutragen. Wie ernst die Lage ist, erfährt man im konzerneigenen Museum „World of Seashells“: Die Zahl der Muscheln ist in den letzten drei Jahrzehnten um sechzig Prozent zurückgegangen.
Seit Jänner 2022 sollen so gut wie alle Lebensmittel aus Mauritius oder aus der Region kommen; diese erstreckt sich aber bis Neuseeland (Molkereiprodukte) und Australien (Rindfleisch). Man bereitet die Fische des Indischen Ozeans zu und verzichtet auf Räucherlachs. Man serviert die Früchte, die auf der Insel gerade reif sind. Man will dem Nespresso abschwören, auf Kaffee aus Mauritius zurückgreifen. Und so weiter.
Wasserkaraffen aus Zuckerrohrpflanzen
Das Quellwasser wird in transparenten Flaschen serviert, die aus Zuckerrohrpflanzen hergestellt und kompostierbar sind. Und man hat aufwendige Prozesse gestartet, um nicht mit Essen zu urassen. Nur eine der vielen Erkenntnisse: Es ist sinnvoller, kleine Platten aufs Buffet zu stellen, und bei Bedarf weitere anzurichten. Wiewohl das Ziel die Vermeidung von Verschwendung bzw. die Wiederverwertung ist, spart die Zusammenarbeit mit der Organisation „The Pledge on Food Waste“ dem Unternehmen auch erhebliche Kosten.
Der CEO hat zudem einen eigenen Manager für die Nachhaltigkeit verpflichtet. Alexandre Piat, ein sympathischer Enthusiast, weiß: Tourismus – immerhin der drittgrößte Wirtschaftszweig auf Mauritius – funktioniert auf lange Sicht nur, wenn die Natur keinen Schaden mehr nimmt. Daher wurden bereits Solaranlagen installiert, Fotovoltaik soll kommen, man forstet das Naturreservat auf und kauft -Zertifikate (die im Endeffekt immer der Gast bezahlt).
Piat muss aber auch eingestehen, dass seine Arbeit ein täglicher Kampf ist. Denn die Resort-Manager stehen unter einem Kostendruck. Und so wird im „Veranda“-Drei-Stern-Resort in Tamarin billiges Salz aus Südafrika verwendet, obwohl es 300 Meter entfernt eine Saline gibt. In den „Heritage“-Nobel-Resorts hingegen steht das teure „Fleur de Sel“ aus Mauritius auf den Tischen.
Unter einem unsichtbaren Schirm
Im Gegensatz zu den über die Insel verstreuten „Veranda“-Anlagen bildet das „Heritage“-Areal an der Südküste eine ziemlich abgeschlossene Welt. Man lebt – wie Jim Carrey in „The Truman Show“ – wohlbehütet unter einem unsichtbaren Schirm der Company. Denn andere Lokale als jene der Rogers Group gibt es nicht. Und selbst wenn man einen Ausflug macht (etwa zu den „Sieben Erden“), ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man auf konzerneigenem Territorium bleibt.
Etwas bedenklich stimmt zudem das Tradieren von Klischees: Das wirklich herausragende Fünf-Stern-plus-Resort „Le Telfair“ (samt Butler-Service) besteht aus höchst liebevoll im Kolonialstil errichteten Häusern.
Das All-inclusive-„Awali“ hingegen nebenan im afrikanischen Stil ist nicht nur etwas billiger, sondern auch weniger mondän.
Gerade die „Heritage“-Resorts sind, sagt Piat, das „Laboratorium“ in Sachen Nachhaltigkeit für die „Veranda“-Anlagen. Aber auch hier stößt man an Grenzen. Denn die Ansprüche der Gäste, vor allem der vermögenden, sind extrem hoch. Obwohl die Fahrt vom Flughafen mit der Limousine nur eine Dreiviertelstunde dauert, bestehen manche auf einen Helikopter-Service. Die Suite hat eisgekühlt zu sein, der Pool beheizt. Im „Château“ gibt es getrüffelte Speisen. Die Kids wollen mit den Quads durch die Wälder glühen.
Und nahe der Riffs wird dem Wasserskifahren gefrönt. Die Rogers Group bietet den umweltschädlichen Spaß zwar nicht an, die Konkurrenz jedoch schon ...
Info
Veranda-Resorts
Die Rogers Group betreibt auf Mauritius unter dem Namen „Veranda“ fünf 3-Stern- Anlagen, darunter das sehr empfehlenswerte „Paul & Virginie“ im Norden (2 P./ Nacht 180 Euro), benannt nach dem berühmtesten Roman-Liebespaar der Insel. Das „Tamarin“ (2 P./Nacht 141 Euro) punktet zwar mit Currys und Aktivitäten (Wanderungen durch den Nationalpark, Delfin-Watching), liegt aber nicht am Meer, der Strand ist wenig einladend. Weil es kein Riff gibt, kann man gut surfen. veranda-resorts.com/en
Heritage-Resorts
An der Südküste befindet sich das riesige „Heritage“-Areal der Rogers Group mit den Anlagen „Awali“ (All inclusive) und „Le Telfair“ (die tollen Suiten kosten für 2 P./Nacht bis zu 710 Euro). Alle Bars und Restaurants sind top. Zum Areal gehören zwei Golfplätze, das „Château“ und Wälder. Man kann zu Wasserfällen wandern, Pflanzen entdecken, massenweise Fledermäuse sehen und eher dekadente Picknicks machen.
heritageresorts.mu
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