Wandern in Südböhmen: Im Land der tausend Teiche

Ein Abstecher nach Tschechien und das Land entlang von jahrhundertealten Gewässern zu entdecken, hat seinen Reiz. Besonders zu Fuß.

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Dass der 2015 im Waldviertel eröffnete „Weg entlang der Lainsitz“ seine Reize hat, dürfte sich herumgesprochen haben – zumindest legt das die Anzahl der Wanderer nahe, die einem auf dem circa achtzig Kilometer langen österreichischen Abschnitt zwischen Karlstift und Litschau begegnen. Der Weg führt auf tschechischer Seite noch über hundertfünfzig Kilometer bis zur Mündung der Lainsitz in die Moldau weiter. Die ersten sechzig Kilometer davon verlaufen entlang der Oberen Lainsitz.

Diese Route beginnt dort, wo der österreichische Abschnitt endet – in Litschau. Die ersten Kilometer führen durch scheinbar endlosen Wald nach Chlum. Nach zwei Stunden passiert man auf einem Forstweg bei Schlag die Grenze – und schlagartig wird bewusst, dass diese, Europa hin, Europa her, tatsächlich noch real existiert: Krone statt Euro, Tschechisch statt Deutsch, Retro- statt Gegenwarts-Feeling. Was ebenfalls auffällt: Die Gegend jenseits der Grenze ist frei von Industrie und Gewerbeparks – ein (ausnahmsweise positives) Erbe des Eisernen Vorhangs.

Die erste Überraschung ist das hübsche Örtchen Chlum u Třeboně, das mit einem restaurierten Barockschloss (einst im Besitz von Thronfolger Franz Ferdinand) und einer barocken Marien-Wallfahrtskirche aufwartet. Davon abgesehen mutet die Umgebung herrlich altmodisch an – ein paar Campingplätze am Hejtman-Badeteich, viel unberührte Natur und sonst nichts.

Nah am Wasser

©Kautzky Wolfram

Am Weiterweg nach Třeboň (dt. Wittingau) dann ein Vorgeschmack auf die Folgeetappe am nächsten Tag: Ein wahres Wasser-Eldorado tut sich auf. Rund um Třeboň wurde im fünfzehnten und sechszehnten Jahrhundert ein aus circa tausend Teichen bestehendes Teichsystem geschaffen – gespeist vom Wasser der Lainsitz und verbunden durch zahllose Kanäle. Zweck der für damalige Begriffe unglaublichen Kraftanstrengung: Der Schutz vor Überschwemmungen durch die in Österreich so unscheinbare Lainsitz. Gleichzeitig nützte man die neu entstandenen Teiche für die Fischzucht. Kein Wunder, dass die Gegend heute ein Zentrum der Karpfenzucht ist.

Das Achttausend-Einwohner-Städtchen Třeboň selbst ist ein Schmuckstück, wie man es sich auf österreichischer Seite auch ab und zu wünschen würde, etwa der wunderschön restaurierte, barocke Hauptplatz mit dem Rathausturm sowie das Renaissance-Schloss, das bis 1958 den Fürsten von Schwarzenberg gehörte. Etwas außerhalb des Ortes kann man die Schwarzenberger Familiengruft besichtigen. In der Brauerei Bohemia Regent erfrischt ein Glas Bier nach der dreißig Kilometer langen Wanderung von Litschau.

©Kautzky Wolfram

Vogelparadies im Biosphären-Reservat

Am zweiten Tag verläuft die Wanderroute von Třeboň nach Veselí nad Lužnicí über neunundzwanzig Kilometer fast durchgehend entlang der Kanäle, Teiche und Seen, die hier im Laufe der Jahrhunderte angelegt wurden und seit 1977 Teil des UNESCO-Biosphären-Reservats Třeboňsko sind. Statt touristischer Einrichtungen wie Bäder, Campingplätze oder Boote bieten sie unzähligen Vogel- und Fischarten einen paradiesischen Lebensraum. Gleich nach Třeboň trifft man auf den größten Teich Tschechiens, den Rožmberk, benannt nach dem Geschlecht der Rosenberger, die hier im sechzehnten Jahrhundert regierten. Tatsächlich mutet der Teich wie ein riesiger See an – dementsprechend trägt er auch den klangvollen Namen „Südböhmisches Meer“.

©Kautzky Wolfram

Entlang an alten Eichen

Das Nordufer, über das der Lainsitz-Weg führt, ist ein kilometerlanger Damm, der von unzähligen, bis zu vierhundert Jahre alten Eichen gesäumt ist. Vor dem nächsten Teich lohnt ein kleiner Abstecher nach Lužnice, das seinen Namen von der Namensgeberin des Wanderweges, der Lainsitz – tschechisch Lužnice – bekommen hat. Überquert man dieses Gewässer (zur Abwechslung kein Teich), landet man auf dem menschenleeren Dorfplatz mit seiner kleinen Johannes-Kapelle – und fühlt sich in ein anderes Jahrhundert versetzt. Die restlichen fünfzehn Kilometer der Tagesetappe bieten noch einmal Teichwandern pur: Auf den Potešil-Teich und das Örtchen Klec folgt das Teichsystem von Naděje, das man auf einem Damm durchquert, und kurz darauf das Naturschutzgebiet von Rod, das im Frühling und im Herbst ein Sammelplatz für Zugvögel ist. – Apropos Zug: Wem die letzten fünf Kilometer nach Veselí nad Lužnicí schon zu anstrengend sind, wechselt in Vlkov nad Lužnicí in die Eisenbahn, in dreißig Minuten tuckelt der Zug zurück nach Třeboň. In der Dämmerung ziehen zum Abschluss der Wanderung nah am Wasser noch einmal die prächtigen Teichanlagen vorbei.

Info

Klimafreundliche Anreise
Litschau ist mit mehreren Regionalbussen erreichbar. Zwischen Třeboň  und Veselí nad Lužnicí, dem Endpunkt der zweiten Etappe, verkehren Züge im Zweistundentakt.  Fahrplan: idos.idnes.cz Zurück nach Österreich fährt man von dort mit der Bahn über Gmünd.

Die Wanderroute ist gut mit dem Fahrrad zu erkunden

Verköstigung
Ausreichend Proviant mitnehmen, Infrastruktur ist in diesem Teil Tschechiens wenig vorhanden

Unterkunft
Hotels sind auf dieser Strecke Mangelware. Ausnahmen finden sich in Třeboň  
(Tipp: Hotel Bílý Konícek am Hauptplatz, bilykonicekhotel.cz) sowie in Vlkov nad Lužnicí (Tipp: Hotel Vlkov, vlkovskahospoda.cz)

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