Cin cin auf das Rooftop - woher der Boom kommt und wo es die schönsten Ausblicke gibt
Mit einem Cocktail in der Hand und einer Skyline unter sich, lässt sich der Sonnenuntergang perfekt genießen. Rooftop-Bars erobern Dachflächen der Metropolen. Auch in Wien.
Hoch hinaus wollte man offenbar immer schon. Zumindest seit der Erfindung der Aufzüge. Heute schreitet die Urbanisierung voran, Stadtplaner müssen auf die neuen Bedürfnisse der Menschen eingehen, suchen nach Flächen, die besondere Outdoor-Erlebnisse ermöglichen sollen, und finden diese immer öfter auf ungenützten Dachflächen. Vor allem Hotels rüsten um, stellen weltweit Rooftop-Bars auf ihre Dächer, die neues Publikum anlocken sollen. Doch wie fing der Boom eigentlich an?
Als der Amerikaner Elisha Graves Otis 1853 den ersten modernen Aufzug vorstellte, hatte das nicht nur Folgen für die Nutzung, sondern auch für den Bau der zukünftigen Hochhäuser. Dank neuer technischer Möglichkeiten begann sich die Architektur der Gebäude umzudrehen. Bis dahin waren unter den Dächern im letzten Stock die billigsten Wohnungen mit den kleinsten Fenstern untergebracht, die man nur zu Fuß über Stiegen erreichen konnte. Im 19. Jahrhundert wurde zudem eine andere Idee immer populärer: Man wollte hoch hinaus und von oben über die Metropolen blicken.
Paris baute den Eiffelturm, die Wiener das Riesenrad. Auch die zahlreichen Aussichtswarten im Wienerwald erinnern an eine Zeit, als die Sehnsucht hinauszukommen, um über die Landschaft zu blicken, ihren Anfang nahm.
Die Idee, hinaus aufs Land zu fahren und mit dem Blick die Landschaft in Besitz zu nehmen, stammt aus der Aufklärung, als mit dem Bürgertum auch eine neue Landschaftwahrnehmung aufkam.
Das Panorama als Erlebnis
Das erste Rooftop-Café und -Restaurant entstand in Wien 1931 am Dach des ersten Wiener Hochhauses in der Herrengasse. Ganz nach amerikanischem Vorbild sollten Dach und Erdgeschoß etwas Besonderes sein, das der Öffentlichkeit zur Verfügung steht. Von oben über die Stadt zu blicken, sollte zeigen, wie groß sie war – der Panoramablick wurde zum Erlebnis. Eine demokratische Idee, die heute noch aktuell ist. Dank innovativer Architektur und Technik ist der Boom, urbane Dächer allen zugänglich zu machen, ungebrochen, Stadtplaner suchen dafür nach neuen Möglichkeiten. So marschierten letztes Jahr beim „Rooftop Walk“, einem Projekt vom Rotterdamer Büro MVRDV, Passanten auf einem orange eingefärbten Weg über ungenutzte Dachflächen, aus denen einmal öffentliche Treffpunkte entstehen sollen.
In Hamburg wurde soeben der alte Hochbunker in St. Pauli mit einem öffentlichen Dachgarten in 58 Metern Höhe, samt Hotel, Restaurant, Bar mit Terrasse und einem „Bergpfad“ mit viel Grün eröffnet, als Stadtoase für alle.
Wer heute zu DJ-Klängen, umgeben von schicken Menschen und einer traumhaften Skyline, einen Signature-Drink genießt, ist sicher Gast einer Rooftop-Bar. Etwa der Gaya-Bar des Swissôtel The Bosphorus.
Hier setzte Innenarchitektin Khuan Chew von KCA International, die auch das prachtvolle Burj Al Arab in Dubai gestaltete, eine luxuriöse Rooftop-Bar auf das Hotel in Istanbul.
Neben smarter Architektur und einem 360-Grad-Ausblick spielt gehobenes Interior und ein gutes Barkonzept eine wichtige Rolle. Beides zu finden auch in der schicken Nubeluz Rooftop-Bar im Ritz-Carlton New York von Designer Martin Brudnizki.
„Geschmack kann man kaufen, Stil aber nicht“, sagt der Stockholmer, der mit seinem glamourösen Interior Gefühle wecken will. „Räume müssen die Stimmung der Gäste auffangen und heben, sie an unbekannte Orte bringen und überraschend sein.“
In Wien baute Architekt Erich Bernard mit seinem Büro BWM Designers & Architects das Hotel The Hoxton Vienna, ursprünglich ein „Gewerbehaus“ der Wirtschaftskammer, das heute unter Denkmalschutz steht, um. Auch er wollte einen freien Blick über die Stadt schaffen. „Stahlbetonbauten eignen sich besser für den Dachausbau, als Ziegelbauten, deshalb konnten wir das Dach mit Rooftop-Bar und Pool bereichern.“ Auch Gewicht spielt eine wichtige Rolle bei der Planung. Ein Pool mit 1,4 Metern Tiefe hat am Quadratmeter eine Last von etwa zwei Tonnen. „Wir haben die ursprüngliche Idee der Architektur von Carl Appel 1954, durch eine zarte Glas-Stahl-Konstruktion umgesetzt. Der Pool wurde deshalb nicht größer geplant, weil man für größere Becken einen eigenen Bademeister anstellen müsste", erklärt der Architekt. "Schwierig war auch, den Ausblick frei zu halten, deshalb haben wir die Technik nach hinten geschoben um eine präzise, klare Vorderkante am Dach zu haben."
Weitere schöne urbane Weitblicke etwa auf Madrid, gibt es vom „Hotel The Principal“ und auf Stockholm von der neu umgebauten „The Winery“ – mit Italo-Flair. Denn in der Weinbar am Dach werden italienische Weinsorten angeboten, die vor Ort in hauseigenen Weingärten angebaut werden.
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