Routen für Geniesser: Herz der Dolomiten

Eine Tour nach Südtirol entlang der Dolomitenstraße, mit Abstechern in herrliche Täler und zu gastfreundlichen Menschen.

Es war ein gewisser Theodor Christomannos, der in den 1890er die treibende Kraft hinter der Erschließung der Region mittels einer durchgängig befahrbaren Straße war. Einige Teilstücke waren zu dieser Zeit wohl fertig, aber gerade die Pässe wie Pordoi oder Falzarego waren noch eine Herausforderung. Es sollte bis zum Jahr 1909 dauern, bis das letzte Teilstück der Straße über den Falzarego-Pass, die dann Dolomitenstraße bzw. auch Große Dolomitenstraße genannt wurde, feierlich eingeweiht werden konnte. Damit war eine Verbindung zwischen Toblach und Bozen hergestellt. Bis Touristen die Straße tatsächlich nutzten, sollte aber noch einige Zeit vergehen.

Die Route

©Grafik

Wir beginnen unsere Reise in Osttirol und im Pustertal. Erster Halt ist für uns Strassen, kurz vor der Grenze zu Italien. Hier kann man beim „Strasserwirt – Herrenansitz zu Tirol“  (und der Beiname sagt eigentlich schon alles)  einkehren – ein Hotel, das zu den traditionsreichsten Herbergen Tirols gehört. Man geht davon aus, dass das Haus in seinen Grundlagen aus dem 6. Jh. stammt. Übrigens arbeitet man gerade an einer Chronik des Hauses. Heute wird der Strasserwirt von den beiden Schwestern Astrid und Judith Bachmann geleitet, die fürs Wohlbefinden der Gäste sorgen, und im angeschlossenen Restaurant isst man ausgezeichnet. Auch wenn die Küche  exquisit ist, erklären die Schwestern, dass man ein Dorfgasthaus ist und das auch bleiben möchte.

Das gemütliche Hotel Strasserwirt in Osttirol. 

©Andrusio Michael

Über die Grenze erreichen wir zunächst Innichen. Der Ort wurde in den letzten Jahren durch die italienische Serie „Die Bergpolizei“ (in der auch Terence Hill mitspielt) richtig bekannt. Seither strömen viele Touristen hierher, um die Drehorte zu sehen und entsprechende Selfies zu machen. Wir kehren ein im Orso Grigio (dem grauen Bären), einem Hotel, das dem Strasserwirt in Sachen Geschichte in nichts nachsteht. „Seit 1492 wissen wir, wer hier Wirt war“, erklärt uns der Besitzer, Franz Ladinser. Das Hotel liegt im Zentrum Innichens, vor dem Hotel ist eine Fußgängerzone und man kann entweder hier bei einem Getränk entspannen oder die nahe gelegene und sehr sehenswerte Kirche besuchen.

Imker Lukas Schmittner macht auch Honig auch Liköre, die dann im Sonnalp zu Cocktails gemixt werden

©Andrusio Michael

Von Innichen geht es weiter nach Toblach und hier beginnt unsere eigentliche Reise entlang der Dolomitenstraße. An mondäne Zeiten erinnert das einstige Grand Hotel in der Nähe des Bahnhofs von Toblach. Es wurde 1878 von der Südbahngesellschaft eröffnet. Dort wo einst ein elitäres Publikum verkehrte, sind heute ein Kulturzentrum, eine Musikschule, eine Jugendherberge und das sehenswerte Naturparkhaus „Drei Zinnen“ untergebracht. Hier wird man wunderbar auf eine Tour durch die Berge der Region eingestimmt. Obwohl es  kein Grand Hotel mehr gibt, kann man sich immer noch den Glanz früherer Tage vorstellen, als Prominente wie Gustav Mahler hierher kamen, um  ihren Sommerurlaub zu verbringen. Der Komponist entdeckte Toblach 1897 und kam immer wieder. In den Sommern 1908 bis 1910 ließ er sich mit seiner Frau Alma und seiner Tochter außerhalb von Toblach im Trenkerhof in Alt-Schluderbach nieder.

Gustav Mahler sitzt als Statue verewigt immer noch in Toblach. Wir verlassen aber den Ort Richtung Süden. Auf dem Weg nach Cortina d’Ampezzo passieren wir eine Erinnerung an ein dunkles Kapitel der Region, den Soldatenfriedhof Nasswand aus dem Ersten Weltkrieg. Italiener und Soldaten der k. u. k. Armee bekämpften sich von 1915 bis 1918 im Gebirgskrieg. Auf dem Friedhof Nasswand ruhen 1.259 Soldaten verschiedenster Nationalitäten. Einige Gräber sind mit Blumen geschmückt, andere mit der jeweiligen Nationalflagge für den hier bestatteten Soldaten. Nach dem nachdenklich stimmenden Eindrücken tun Eindrücke vonseiten der Natur gut. In dem Fall sind es die berühmten Zinnen, die man auf der Fahrt nach Süden  ausmacht. Eine gute Idee ist es, das Auto auf dem Parkplatz stehen zu lassen, sich  die Füße zu vertreten und die beeindruckende Aussicht zu genießen. Die Drei Zinnen gelten als Wahrzeichen der Dolomiten und sind seit der Erstbesteigung der Großen Zinne 1869 ein beliebtes Ziel für Bergsteiger. Der Name „Drei Zinnen“ taucht übrigens erstmals auf einer österreichischen Militärkarte von 1900 auf. Nächster Halt ist der wunderschön gelegene Dürrensee mit grün schimmerndem Wasser und dem Gebirgsmassiv der Cristallogruppe im Süden. 

Stopp am Dürrensee auf der Fahrt mit dem Cupra Formentor in  Richtung Cortina 

©Andrusio Michael

Wir erreichen Cortina d‘Ampezzo. Der mondäne Wintersportort war schon Kulisse für diverse Filme. James Bond traf hier mit einem Lotus Esprit mit Skiern auf dem Dach ein, wir kommen mit einem Plug-in-Hybrid an (ohne Ski). Im Frühsommer hat man weniger Trubel, das Herumschlendern im Zentrum der Stadt macht so mehr Freude und ein paar Tafeln  erinnern noch an die erst vor wenigen Monaten zu Ende gegangene Ski-WM 2021. Von Cortina aus geht es nun westwärts. Die Straße windet sich hinauf zunächst nach Pocol und später weiter zum Passo di Falzarego. Eine Kehre nach der anderen geht es hinauf, die Anstrengungen, welche die Straßenbauer um 1900 hatten, mag man sich gar nicht vorstellen. Heute wird ihr Werk von Autofahrern, Campern, Bikern und Radfahrern genutzt und geschätzt. Auf der Passhöhe ist bei schönem Wetter einiges los – alle Arten von Vehikeln aus verschiedenen Nationen suchen hier nach Parkplätzen. Im Jahr 1913 führte auch die legendäre Alpenfahrt über die Pässe Broccone, Pordoijoch, Falzarego und Rolle. Man startete am Gardasee bei Sonnenschein, stand am Pordoi im Schnee und kam durchnässt und durchfroren am Etappenziel in Toblach an.

Bei Vigo di Fassa biegen wir ab und die Fahrt führt uns hinauf zum  Karerpass, an der Grenze zwischen Fassatal und Eggental, und weiter zum Karersee. Der Parkplatz rechter Hand der Straße ist zwar gebührenpflichtig, der Stopp beim See ist die Maut aber allemal wert. Im kristallklaren See spiegelt sich das Massiv der Latemar-Gruppe und  je nach Lichteinfall leuchtet der See in den tollsten Farben. Und dazu gibt es folgende Sage: Es geht um einen Hexenmeister und eine Nixe. Der Hexenmeister von Masaré wollte die schöne Nixe Ondina, die im See lebte, mittels einer List entführen. Um sie anzulocken, spannte er einen prächtigen Regenbogen über den See. Als die Nixe auftauchte, erkannte sie aber den lauernden Hexenmeister und tauchte wieder ab. Der wütende Hexenmeister zerbrach den Regenbogen in tausend Stücke und warf sie in den See. Seither gibt es im Karersee dieses wunderbare Farbenspiel, das die Besucher fasziniert.

Traumhafter Karersee

©IDM Südtirol-Alto Adige/TIBERIO SORVILLO

Wir sind im Eggental und machen Halt am Oberkorerhof bei Imker Lukas Schmittner. Lukas widmet sich der Imkerei, wobei es für ihn nach wie vor ein Hobby ist, und stellt auf 1.350 Meter Seehöhe nicht nur Honig her, sondern auch  Honigliköre. Die haben schon diverse Preise eingeheimst und angesichts der gesunden Natur rundherum wundert es nicht, dass der Honig so gut schmeckt – egal ob als Basisprodukt oder Destillat. Den Likör hat der Barkeeper im Hotel Sonnalp in Obereggen schon zu einem Cocktail herangezogen (und das Getränk folgerichtig „Bee Happy“ getauft). Über das Hotel Sonnalp werden für Gäste auch Besuche bei Lukas dem Imker organisiert. Im familiengeführten Hotel Sonnalp planscht man im Becken neben den Almen, genießt den Ausblick auf den Hausberg Latemar und neben dem Hotel weiden die Kühe.
 Vom Obereggen geht es weiter nach Bozen. Die Hauptstadt Südtirols ist das brodelnde Zentrum der Region. Nach dem Gebimmel der Kuhglocken neben dem Sonnalp erfährt man im Trubel der Fußgängerzonen Bozens eine andere Geräuschkulisse. Trotzdem, das Zentrum lädt zum Bummeln ein und am Obstplatz stärkt man sich mit Früchten. Unser Ziel ist  das Südtiroler Archäologiemuseum, wo „Ötzi“ seine Bleibe gefunden hat. Hier erwartet den Besucher eine toll gemachte Ausstellung rund um das Leben und die Epoche des „Manns aus dem Eis“. Höhepunkt der Runde durch das Museum ist der Blick auf die Gletschermumie, die bei einer Temperatur von minus 6 Grad und fast 100 % relativer Luftfeuchtigkeit konserviert wird.

Oskar Messner beim Besuch bei den Brillenschafen

©Andrusio Michael

Nach der großen Stadt zieht es uns wieder aufs Land. Genauer gesagt ins Villnößtal, wo wir in St. Peter den Wirt Oskar Messner vom Lokal Pitzock treffen. Er hat sich mit seinem Gasthaus dem Slow Food und der Verarbeitung von Lebensmitteln aus der Region verschrieben. Vor allem geht es ihm um die Erhaltung des Villnösser Brillenschafs, und er arbeitet hier mit den Bauern aus der Region zusammen. „Das ist das Schaf der Dolomiten“, erklärt Oskar. Die Tiere weiden nur wenige Minuten entfernt auf den Wiesen des wunderschönen Villnößtals. Unbedingt probieren: Oskars Lammkeule mit Risotto und Parmesan. Wenn man sich nicht entscheiden kann, bietet Oskar seinen Gästen kleine „Koschterle“ an.

Spezialität bei Oskar Messner ist Lammkeule

©Andrusio Michael

Vom Villnößtal kehren wir zurück auf die Nord-Süd-Achse Tirols, die Straße SS 12 (alternativ kann man auch die Autobahn A 22 nehmen) und folgen ihr nordwärts nach Brixen. Verglichen mit Bozen ist Brixen ruhiger, mit einer Altstadt, die mit Laubengängen zum Flanieren einlädt.  Ein Highlight ist der Dom. Er wurde in seinem barocken Stil, wie er sich heute präsentiert,1758 eingeweiht. In unmittelbarer Nähe zum Dom befindet sich die Hofburg, wo heute das Diözesanmuseum untergebracht ist. Zur typischen Stadtkulisse Brixens gehört auch der gotische Weiße Turm, der Teil der Pfarrkirche zum Hl. Michael ist. Und auch ein Pharmaziemuseum findet sich in Brixen. Nach dessen Besuch schwenken wir wieder ein ins Pustertal. Bevor wir nach Osttirol zurückkehren, biegen wir noch ab ins ruhige Gsiesertal.

Joachim Graf betreibt das Hotel zum Graf im Gsiesertal

©Klein Fein Hotel & Restaurant zum Graf

Das Nachbartal, das Antholzer Tal, wird manchem durch die Biathlonbewerbe bekannt sein. Das ändert nichts daran, dass die Gsiesertaler stolz auf ihr Tal sind – so wie Joachim Graf vom Hotel Graf, der uns die Gegend zeigt: Im Winter Skifahren, Langlaufen und im Sommer Wandern, Radfahren oder einfach die Natur genießen, alles möglich im Gsiesertal.

©Andrusio Michael

Stichwort Natur genießen: Die Natur in eingemachter Form genießt man bei den Marmeladeherstellern von Alpe Pragas in Außerprags. Hier werden u. a. Marmeladen und Smoothies in allen erdenklichen Kombinationen hergestellt. Seit 1995 befasst sich Stefan Gruber mit der Herstellung von Marmelade. Wichtig ist ihm, dass nur Früchte und Zutaten erster Wahl verarbeitet werden – aus eigenem Anbau oder von vertrauenswürdigen Partnern. In jedem Glas stecken 75 Prozent Fruchtanteil. Unter anderem gehört das Wiener Café Demel zu den Kunden von Alpe Pragas.

Marmelade für Demel von Alpe Pragas

©Andrusio Michael

Hotel- und Restauranttipps für eine gelungene Reise

Bevor man die Reise entlang der Dolomitenstraße angeht, lohnt noch ein Stopp in Osttirol. Der „Strasserwirt – Herrenansitz zu Tirol“ gehört zu den traditionsreichsten Herbergen Tirols. Nicht weit von der Bundesstraße 100 gelegen, die durchs Pustertal führt, kann man hier entspannen – vor allem, wenn man es sich im Lyrischen Garten gemütlich macht. Oder man nutzt den Spa-Bereich. Hervorragend auch die Küche (2 Hauben im Gault-Millau 2021).
Strasserwirt – Herrenansitz zu Tirol
Dorfstraße 28, 9918 Strassen
strasserwirt.com
experiencecharacter.com

In Innichen empfiehlt sich das Hotel Orso Grigio (Grauer Bär), das auf eine ebenso lange Geschichte als Herberge zurückblicken kann wie der Strasserwirt. Franz Ladinser und Tochter Verena führen das Hotel heute in neunter und zehnter Generation. Man weilt hier direkt an der Fußgängerzone von Innichen (Parkplätze für Pkw gibt es hinter dem Hotel). Der Graue Bär hat eine hervorragende Küche und einen gut sortierten Weinkeller zu bieten, und zum Relaxen lädt im obersten Stockwerk ein Wellnessbereich mit Sauna, Dampfbad und vor allem einem tollen Blick auf die Berge rund um Innichen.
Orso Grigio
Peter-Paul-Rainer-Straße 2, 39038 Innichen 
orsohotel.it

In Obereggen nächtigt man im Genießer-Hotel Sonnalp in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Kuhweiden. Man kann vom Hotel weg zu Wanderungen in Richtung Latemar aufbrechen und sich danach im hoteleigenen Pool erholen. Die exzellente Küche von Küchenchef Martin Köhl ist mit 3 Hauben im Gault-Millau prämiert.
Genießerhotel Sonnalp
Obereggen 28, 39050 Obereggen
sonnalp.com

Einen Ort zur Stärkung findet man im Villnößtal beim Pitzock in St. Peter. Küchenchef Oskar Messner kocht mit Zutaten aus der Region.
Restaurant Pitzock
Pizack 30, 39040 Villnöß
pitzock.com

Oberhalb von Brixen in den „Kranebitt Hills“ liegt das Hideaway der Familie Pichler. In den Haller Suites & Restaurant relaxt man im Rooftop Garden mit Blick auf Brixen und genießt die tolle und kreative Küche des Hauses.
Haller Suites & Restaurant
Weinbergstraße 68, 39042 Brixen
byhaller.com

Klein Fein Hotel & Restaurant Zum Graf nennt sich das Hotel von Joachim Graf im Gsiesertal. Und so ist es auch – man hat zwar keinen Wellnessbereich, dafür sind die Zimmer mit Bio-Panorama-Sauna  oder Wellness-Bad bestückt. Im angeschlossenen Restaurant kocht der Chef für seine Gäste und man isst hier hervorragend.
Klein Fein Hotel & Restaurant Zum Graf
Gsieserstraße 1 A, 39030 Gsies,
zumgraf.it

Michael Andrusio

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