Rom: Das verwunschene Coppedè-Viertel

Im Herzen von Rom, nahe des Stadtzentrums, befindet sich ein besonders charakteristisches Stadtviertel.

Schwer zu sagen, zu welcher Tageszeit sich das römische Viertel Coppedè von seiner faszinierendsten Seite zeigt. Das märchenhafte Viertel liegt nordöstlich vom Stadtzentrum, der Zugang liegt in der Via Tagliamento. Hier geht man durch ein Bogenhaus mit einem riesigen aus Eisen geschmiedeten Kronleuchter in der Mitte. Die zwei Gebäude könnte man als gewagtes architektonisches Sammelsurium aus verschieden Epochen definieren.

Errichtet wurde das ganze Viertel Anfang der 1920er-Jahre vom Florentiner Gino Coppedè. Er war Architekt, Bildhauer und Dekorateur und hat hier seiner Fantasie und seiner Kreativität freien Lauf gelassen. Damals war Jugendstil angesagt. Doch auch sein Zeitgenosse, der spanische Architekt Antoni Gaudí, muss mit seinen waghalsigen Bauten auf Coppedè einen starken Eindruck gemacht haben.

Aber zurück zur Frage, zu welcher Tageszeit man das Viertel, in dem wenige Touristen unterwegs sind, am besten besichtigt. Die einen tippen auf einen Besuch untertags, wenn die architektonischen Eigenwilligkeiten der Bauten so richtig zur Geltung kommen. Angefangen beim eklektischen Froschbrunnen auf der Piazza Mincio, dem zentralen Platz des Viertels: Man sieht kniende menschlichen Figuren mit Riesenmuscheln auf dem Rücken, in denen Wasser spukende Frösche sitzen. Beim Anblick stellt man sich die Frage, ob sie nicht Protagonisten einer von einem bösen Geist versteinerten Szene sind und nur darauf warten, wieder zum Leben erweckt zu werden.

Römisches Märchenland

Die Idee, sich in einer Märchenwelt zu befinden, hört sich vielleicht skurril an, ist aber, wenn man sich im Viertel umschaut, gar nicht so weit hergeholt. Auf der Piazza Mincio und entlang der davon abzweigenden Straßen stößt man auf mehrere Feenvillen (Bild) – ja, so werden sie wirklich genannt. Die Fassaden sind fein dekoriert, bis hinauf zu den kleinen Türmen, aus denen jeden Moment eine gefangene Prinzessin, mit langem blonden Zopf nach ihrem Retter Ausschau halten könnte.

Andere wiederum empfehlen, am späten Nachmittag hierher zu kommen, wenn die Gebäude im warmen Licht des fortschreitenden Sonnenuntergangs erleuchten. Besonders die Details machen dann Eindruck: die Medusa und Männerköpfe, Löwen und Adler. Alle in Stein gemeißelt.

Wer Zeit hat, der sollte bis zum Einbruch der Dunkelheit bleiben, denn dann kommt der Moment, in dem man das Gefühl hat, die versteinerten Brunnenfiguren könnten, wenn auch nur für ganz kurz, zum Leben erwachen. Oder man wählt die ganz späte Stunde, wenn fast niemand mehr auf der Straße ist. In der Nacht verwandelt sich das Viertel in eine gotische Szenerie. Und wenn dann in der Ferne Schritte zu hören sind, kann es einem schon kalt über den Rücken laufen. So muss es Dario Argento, Italiens berühmtester Horrorfilmregisseur, empfunden haben, weswegen er für die Filme „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“ (1970) und „Horror Infernal“ (1980) auch Szenen in diesem Viertel gedreht hat. Andrea Affaticati

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