Im nepalesischen Distrikt Mustang – einst ein unabhängiges buddhistisches Königreich im Himalaja – gibt es mächtige Berggipfel und schöne Täler, worin sich Flüsse schlängeln. Hinter 4.000 Meter hohen Pässen warten bunte Stupas. Und es herrscht Ruhe pur.

Luxus der Leere: Abseits ausgetretener Pfade reisen

Dorthin, wo kaum jemand ist und wo die Zeit still steht. Danach sehnen sich viele. Doch was erleben? Ein Bildband zeigt abgeschiedene Orte von Nord bis Süd.

Zittern, ob die angesteuerte Unterkunft überhaupt noch ein Zimmer frei hat? Gehört der Vergangenheit an. Nur mit einer Straßenkarte durch ein überdimensionales US-amerikanisches Autobahnkreuz navigieren – und dann die richtige Ausfahrt finden? Nicht mehr notwendig. Ein Lokal auswählen, das sich als absolute Grindhütte herausstellt? Gibt es auch kaum mehr, die Online-Bewertungen durchforsten vorher ohnehin alle.

Das Smartphone hat das Reisen schon wahnsinnig erleichtert und komfortabel gemacht – aber eben auch langweiliger. Noch dazu teilen die Menschen ihre Eindrücke mit immer mehr anderen Touristen.

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Da kann die Sehnsucht nach abgelegenen Orten wachsen, wo der Newsfeed das Kastl nicht ständig zum Vibrieren bringt, und die Statusberichte und Urlaubsbilder auf Social Media gar nicht erst ankommen. Entlegene Plätze, die einen aufgrund ihrer Fremdheit faszinieren, oder wo das Ökosystem noch in Ordnung ist. Wie wäre es mit den Sümpfen Botswanas, wo Krokodile lauern oder seltene Letschwe-Antilopen weiden. Oder die argentinische Pampa, wo Kühe und Gauchos oft die einzige Abwechslung zu den Bergen und Steppen sind?

Fotograf David De Vleeschauwer und die Reisejournalistin Debbie Pappyn sind zu zwölf derartigen Reisen zu abgeschiedenen Orten der Welt von Nord nach Süd aufgebrochen. Ihre Reportagen und Reisetipps sind im Bildband „Remote Experiences“ beim Taschen Verlag erschienen. Nicht immer ist es ein Reisen auf eigene Faust mit einer gehörigen Portion Abenteuer, wenn man nie weiß, was als Nächstes kommt. Die Abgeschiedenheit ist eben auch Teil der Luxus-Industrie.

Abgeschiedenheit für Reiche

Wenn schon gefühlt alle auf den Malediven waren, bürgt die Antarktis noch für eine gewisse Exklusivität. Besonders, wenn die Touristen mit "Legend" durchs Polarmeer pflügen. Das ist ein ehemaliger Eisbrecher, der nun als elegante Jacht kleine Reisegruppen zu den unzugänglichsten Regionen der Erde führt. Wenn im dortigen Sommer die Sonne nicht untergeht, färbt sich der Himmel pink. Und die Passagiere sehen erste Reihe fußfrei, wie sich das Schiff den Weg durchs Eis bahnt.

Die Jacht „Legend“ war früher ein Eisbrecher, heute bringt sie Luxus-Touristen durch das Eismeer der   Antarktis.

©DAVID DE VLEESCHAUWER/Taschen Verlag

Dem Fotografen De Vleeschauwer gefällt das Konzept des Reisens in entfernte Gebiete: "Was für die einen abgelegen ist, ist für die anderen ein Hotspot", sagte er dem US-amerikanischen TV-Sender CNN.

Wärmer als in der Arktis ist es in Papua-Neuguinea – auch bekannt als "The Last Frontier", quasi das Ende der besiedelten Welt. Das Land im Pazifik gilt immer noch als exotisch, wild und bunt, auch wenn es sich zusehends für den Tourismus öffnet. Mancherorts ist es nicht mehr so unberührt, wie man es sich vorstellt.

Paparazzi unerwünscht

Spannende Begegnungen mit den Einheimischen sind möglich – etwa auf den traumhaften Stränden zwischen den Mangroven nahe der Stadt Tufi. Dort wohnen die Angehörigen des Karafe-Stamms. Der Häuptling trägt auf seinem Kopf ein Haigebiss, das er von seinem Vater überreicht bekommen hat. Ein eindrucksvolles Bild.

Dieser Stammeshäuptling in Papua-Neuguinea trägt ein Haigebiss als krönenden Kopfschmuck. Es wird von Generation  zu Generation weitergegeben 

©DAVID DE VLEESCHAUWER/Taschen Verlag

Dem Fotografen De Vleeschauwer sei es stets wichtig, dass er die Privatsphäre der Einheimischen respektiere. Und er wolle eine Balance zwischen dem Mit-ihnen-Interagieren und Von-ihnen-Lernen finden. "Ich hasse es, wenn Menschen – egal, ob Professionisten oder Touristen – wie Paparazzi ankommen. Wir müssen respektvoller und etwas langsamer sein", erklärte er.

Besonders respektvoll mit den Regeln des Landes umgehen, heißt es in Nordkorea, und seien sie noch so absurd. Denn sonst droht Ungemach. Ein Führer begleitet die Reisenden auf Schritt und Tritt, damit nichts Falsches im Reich des Diktators Kim Jong Un fotografiert wird. Nur 6.000 Touristen kommen jährlich hierher.

In der U-Bahn in Pjöngjang fahren ausrangierte Garnituren der DDR. Besucher dürfen mit der Bevölkerung nicht sprechen – und  sehen mitunter auch viele Soldatinnen . 

©DAVID DE VLEESCHAUWER/Taschen Verlag

Dabei wäre die Einreise nicht so schwierig. Ein Visum kostet nur rund 50 Euro, es kann bei diversen Reiseveranstaltern gebucht werden. Aufregung und Gruseln vorm stalinistischen Regime inklusive.

Remote Experiences

Von David De Vleeschauwer, Debbie Pappyn, Hardcover, 23,8 x 30,2 cm, 424 Seiten, 50 Euro, Taschen,  taschen.com 

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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