Vietnams verstecktes lnselparadies: Con Dao
Das Paradies liegt im südchinesischen Meer, 236 Kilometer südlich von Ho Chi Minh. Dabei war das vietnamesische Eiland Con Dao einst als Teufelsinsel gefürchtet, wovon sie bis heute erzählt. Heute erfüllt sie alle Versprechen, die man sich von einer Trauminsel erwartet.
Und los! Eine ganze Kolonie an Baby-Schildkröten watschelt – kaum losgelassen – Richtung Meer und verschwindet nach wenigen Momenten in den sanften Wellen des südchinesischen Meers, über dem gerade die Sonne aufgeht. Und genau so soll es auch sein. Das-Con-Dao-Archipel ist Heimat der stark gefährdeten grünen Meeresschildkröten, Mitte März beginnt die Brutzeit. Eine Kooperation zwischen dem "Six Senses Con Dao“ und dem Con-Dao-National Park verbessert die Chancen der Tierchen ungemein.
Und: Gäste des "Six Senses“, das einzige internationale Luxusresort auf der Insel, können sich einbringen. Klingt nach aufgesetztem Spektakel, ist es aber nicht. Die kleine Insel Con Dao, 45 Minuten Propeller-Flugzeit von Ho Chi Minh City entfernt, ist eines der letzten Paradiese dieser Welt. 50 km², davon etwa 80 Prozent Naturpark.
Breite Sandstrände, bewaldete Berge im Hintergrund und generell einfach überall sattes Grün. Kurzum: ein tropisches Bilderbuch. In den Wäldern leben Affen und Rieseneichhörnchen, am und im Meer Seekühe und die bereits erwähnten Schildkröten. Irgendwo dazwischen flitzen Halbfinger-Geckos herum. Hier gibt es ein Korallenriff, noch fast unberührt, keine Hotelbunker und nicht ein Hochhaus. Die Straßen sind teils fast leergefegt, außer abends, wenn der Nachtmarkt hochfährt. Das Paradies hat gerade einmal um die 5.000 Einwohner, aber ihre Märkte, die lassen sich die Vietnamesen einfach nicht nehmen.
Das Con-Dao-Archipel, das aus 16 Inseln besteht, von denen nur eine bewohnt ist, war lange Zeit ein weißer Fleck auf den Landkarten Vietnam-Reisender. Genau genommen ist der Name Con Dao der des Archipels und Con Son jener der Hauptinsel. Aber wer von Con Dao spricht, meint meistens die einzig bewohnte.
Bis heute ist das etwas westlicher gelegene Eiland Phú Quoc vor der Küste Kambodschas bekannter, erschlossener, ergo bequemer. Con Dao hat ab 2010 aufgeholt, als das "Six Senses“ mit seinen 50 Villen startete – und Angelina Jolie mit Brad Pitt eine davon bezog. Gut 13 Jahre später ist das "Six Senses“ immer noch recht konkurrenzlos und es sind bis heute einzig Propellermaschinen, die hier Landeerlaubnis erhalten. Eine Erweiterung des Flughafens wurde immer wieder angekündigt. Bis zu zwei Millionen Passagiere pro Jahr, so hieß es, sollte das Upgrade bringen. Vorerst wird daraus nichts.
"Fütter die Fische“-Golf
Nach Con Dao jettet man nicht, man pilgert. Für weit über 500.000 Vietnamesen war das im Jahr 2023 die Realität – und zwar eher eine unschöne. Ausländische Touristen (2023: 17.000) finden sich an Bord umringt von oftmals in Schwarz gekleideten Vietnamesen. Sie reisen nach Con Dao, um zu trauern, zu kondolieren, zu erinnern. Verwundern sollte es einen nicht, da man sich hoffentlich vorab mit der Geschichte des Eilands beschäftigt hat. Von 1862 bis 1975 brachte Con Dao circa 20.000 Vietnamesen den Tod.
Die Inselgruppe war isoliert, ergo der ideale Ort für mehrere Gefängnisse, verwaltet zuerst von den Franzosen, dann US-Amerikanern und Süd-Vietnamesen.
Con Dao trug den Beinamen Teufelsinsel und wer heute hierher reist, sollte einen Abstecher in die Gefängnisse einplanen. Vietnam ist generell ein Land mit schwieriger Geschichte und Con Dao die Klimax davon. Lebensgroße skelettartige Figuren mit erschreckender Mimik stellen die widerwärtigen Szenen nach, die sich hier einst abgespielt haben. Ein harter, aber genialer Schachzug der Macher, denn so kann keiner sagen, er könne sich nicht vorstellen, was sich damals abgespielt hat.
Gefängnisse, Kasernen, Militärstraßen – diese etwas anderen Sehenswürdigkeiten gehören hier dazu. Aber: Ihre Omnipräsenz verliert das Omni. Wer im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends hier strandete (2009 waren es ca. 24.500 Touristen, davon 2.200 Ausländer) hatte kaum eine andere Wahl, als in still gelegten Kasernen zu übernachten, in denen Fledermäuse durch die Gänge flatterten. Auch Kanonenschüsse waren ab und an in der Ferne zu hören. "Übungen“ dachte man sich und ergänzte ein „hoffentlich“. Dazu schallten kommunistische Propaganda-Nachrichten zweimal täglich über die Insel – via öffentlicher Lautsprecher. Summa summarum schon ein bisschen ein Abenteuerurlaub.
Der Kontrast zwischen harter Realität und unberührter Natur – er war surreal. „Das Dorf hat sich seit damals signifikant verändert“, betont „Six Senses“-General-Manager Johannes Steyn, angesprochen auf Kasernen-Hotels und Fledermäuse am Gang. "Es gibt heute eine Vielfalt an Optionen – von Guesthouses bis hin zum Boutique-Hotel.“
Und die Gastro erst! Wo man früher auf gut Glück – und mit viel Mut – einfach irgendetwas bestellt hat, um nicht hungrig schlafen zu gehen, kann man heute gustieren. Von der Goldbrasse und im Bananenblatt gegrilltem Reis (im Six Senses) bis hin zu Pho (Nudelsuppen) und Banh Mi (ein gefülltes Baguette als Reminiszenz an die Kolonialzeit), die westlichen Geschmäcker werden bedient. Meeresfrüchte sind allgegenwärtig, und im Gegensatz zum Nachbarland Thailand wird in Vietnam milder gewürzt, dafür vielleicht nuancierter, raffinierter. Wenn man nicht gerade isst, kann man – abgesehen von Gefängnis- und Friedhofsbesuchen – tauchen, schnorcheln, mit dem Motorroller den Windböen trotzen, bei den Schildkröten-Eiern nach dem Rechten sehen, eine Speedboot-Tour buchen, beim Tempel "Van Son Tu“ Selfies schießen, im "Infinity“ Pancakes ordern – oder "Füttere die Fische“-Golf spielen. Letzteres meint das Abschlagen von speziellen Eco-Bällen von einem Plateau beim Elephant Mountain. Innerhalb von 24 Stunden wird aus den Golfbällen Fischfutter. Das mit dem Eco-Tourismus nimmt man durchaus ernst.
Eher kein Massentourismus
Fast reflexartig stellt sich die Frage: Wie schnell muss man sein, bevor der Zauber verfliegt? Bevor es die ersten Souvenir-Shirts zu kaufen gibt? Es scheint, als ob man Zeit hätte. Der Touristenanstieg zwischen 2009 und 2023 ist zwar da, aber überschaubar. Steyn vom „Six Senses“ spricht von einer guten Kooperation zwischen den Nationalpark-Vertretern, lokaler Communities und privater Eigentümer.
"Der Naturschutz-Fokus limitiert den Massentourismus von selbst“, so Steyn. Dass es außer seinem Hotel keine weiteren internationalen Luxus-Marken auf der Insel gibt, bezeichnet er als "bemerkenswertes Phänomen. Das Bekenntnis zum Erhalt von Ökosystem und historischen Schätzen, die wenigen Bauvorhaben sowie eine einzigartige Marktdynamik haben Con Dao zu einer äußerst exklusiven Destination geformt“.
Und exklusiv meint in diesem Falle all das, was es nicht gibt. Das Wort magisch liegt in der Luft, aber nicht jeder kann damit etwas anfangen. Was jedoch kaum jemand abstreiten wird, der seinen Blick vom Strand aus Richtung Nui Thanh Gia (mit 557 m die höchste Erhebung) schweifen lässt: Dieser Ort macht was mit einem, man kann ihn verlassen – aber er verlässt einen nicht. Die Ruhe und vor allem den Frieden auf diesem Flecken Erde zu bewahren, ist eine große Aufgabe und Verantwortung. Erst recht hier, auf der einstigen Teufelsinsel.
Tipps
Hotels
Six Senses Con Dao
Die 50 Villen sind architektonisch an ein Fischerdorf angelehnt. Ökotourismus ist ein großes Thema, die Wege im Resort sind etwa aus alten Weinflaschen.
sixsensescondao.com
Kim’s Garden
Fledermäuse über der Terrasse, irgendwo im Nirgendwo, aber doch nur gut 2 Kilometer vom Strand entfernt. Charmant! Keine eigene Webseite.
Poulo Condor Resort & Spa
Französische Kolonialzeit trifft vietnamesische Kultur. Am Vong Beach. poulocondorresort.com
Strände
Bai Dam Trau
2021 in die Top 25 der schönsten Strände weltweit gewählt (Travel + Leisure Magazin). Die Flugzeuge sind gefühlt nur ein paar Meter weit über dem Kopf.
An Hai Strand
Türkises Wasser auf der einen, grüne Kasuarinen-Bäume auf der anderen Seite. Im Süden der Insel gelegen, angenehme Infrastruktur.
Lo Voi
Im Nordwesten der Insel, idealer Spot für das Sonnenuntergangsspektakel.
Aktivitäten
Con-Dao-Museum
Wer sich in die Geschichte der Insel wagt, startet am besten im Con-Dao-Museum. Danach geht es zum Beispiel ins Phu-Tuong-Gefängnis.
Schnorcheln und Tauchen
Saison Mitte März bis September. Die Unterwasserwelten gehören zum Besten, was Vietnam zu bieten hat (über 400 Korallen-Arten). Anbieter wie divecondao.com
Wandern im Nationalpark
Verschiedene Touren, mit oder ohne Führer. Mit etwas Glück begegnet man auch den Riesen-Eichhörnchen.
Anreise
Mehrere Wege führen vom vietnamesischen Festland nach Con Dao. Vietnam Airlines fliegt zum Beispiel täglich von Ho Chi Minh City. Zudem gibt es eine Fähre von der Stadt Tran De aus, die etwa zwei Stunden für die Überfahrt benötigt.
Info: phuquocexpressboat.com
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