Kulissenzauber: Und ewig lockt das Eis

Das Knirschen der scharfen Kufen auf knackigem Eis, die Wintersonne im Gesicht und ein Lauf durch die Kälte, der rote Wangen zaubert: Die Freizeit hat die schönsten Plätze erkundet – zwischen endlosen Wolkenkratzern, unter weitem Winterhimmel und sogar zwischen den Wellen.

Als sich Jonathan (gespielt von John Cusack) im Film „Weil es dich gibt“ entmutigt aufs Eis setzt, beginnt es zu schneien. Leichte, wattige Flocken setzen sich auf seine Haare, die hochgeschlagene Lederjacke, die zu dünnen Jeans. Denn passender als ein Eislaufplatz vor der Kulisse einer winterlichen Großstadt für die Schlussszene eines Liebesfilms ist nur: der Eislaufplatz im sanften Schneegestöber, durch den Jonathan nun die Umrisse von Sara (Kate Beckinsale) ausmacht. Endlich vereint! So malerisch ist der Wollman Rink im New Yorker Central Park, dass regelmäßig Filme hier gedreht werden. Kevin trifft hier die Taubenlady in „Kevin – Allein in New York“ und für den Film „Im Zeichen der Jungfrau“ mit Kevin Kline fand sogar die Filmpremiere am Wollman Rink statt.

Von Beginn an fasziniert

Aber natürlich ist der Eislaufplatz in New Yorks größtem Stadtpark vor allem eines: Besuchermagnet. Ob rasende Athleten, elegante Pirouettendreherinnen oder unbeholfene Hobby-Gleiter: Hunderte New Yorker wie Touristen flitzen seit Ende Oktober und noch bis Mitte März täglich über die Eisfläche im Südosten des Parks, die den Startpunkt unserer Rundreise über die Eislaufplätze der Welt bildet.

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 Denn es war 1858 im noch unfertigen Central Park, in dem die erste Eislaufbahn der Metropole eröffnet wurde – und Tausende Besucher anlockte. Aus der noblen Upper Class ebenso wie aus den Arbeiterreihen, Männer wie Frauen. Eine „Skating Mania“ ergriff die Stadt, galt das Schlittschuhlaufen doch als harmlose Tätigkeit, die den Körper stärkte, den Geist belebte und eine der wenigen Möglichkeiten bot, dem anderen Geschlecht ein bisschen näher zu kommen.

Heute gibt es natürlich Dutzende Plätze im Big Apple. Aber vor allem darf man das winterliche New York nicht verlassen, ohne einen bestimmten inspiziert zu haben: Der Schlittschuhteich vor dem Rockefeller Center war am Christtag 1936 als temporäre Ausstellung geplant gewesen. Doch er wurde bald zur ständigen Einrichtung, die mit der goldenen Prometheus-Statue und dem riesigen norwegischen Weihnachtsbaum eine der bekanntesten Kulissen der Welt bildet.

Kanadische Kulissen

New York ist aber nicht die einzige nordamerikanische Metropole mit eindrucksvollen Eislaufplätzen. Der Nathan Phillips Square- Eislaufplatz in Toronto, Kanada, zeichnet sich architektonisch durch drei riesige Bögen aus. 

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Dazu kommt der kontrastierende Hintergrund aus historischem Rathaus, gepaart mit den spiegelglatten Hochhäusern, der pro Jahr rund 1,8 Millionen Besucher anlockt.

Wer es ruhiger mag, sucht vielleicht lieber den Barbara Ann Scott Ice Trail im College Park auf. Er ist jener Kanadierin gewidmet, die bei den Olympischen Winterspielen 1948 als erste und einzige Kanadierin die Goldmedaille im Eiskunstlauf der Damen gewann. Nach ihrem Sieg erhielt sie von Premierminister Mackenzie King ein Telegramm, in dem es hieß, dass sie „den Kanadiern Mut gemacht hat, die Dunkelheit der Nachkriegszeit zu überwinden.“

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Vom Großstadtgetümmel geht es nun in die große Ruhe der zugefrorenen Seen des Banff National Park vor den schroffen Rocky Mountains im Westen Kanadas. Es handelt sich dabei um den ersten Nationalpark des Landes und das drittgrößte Nationalpark-Schutzgebiet der Welt. Besonders eindrucksvoll ist das eisige Vergnügen am Lake Louise. Der Eislaufbereich des luxuriösen Château Fairmont wird täglich von Schnee geräumt, abends beleuchtet und steht ab Mitte Dezember zur Verfügung. Ein etwas skurrileres Angebot bietet ein Hotel 2.702 Kilometer südlich. 

©Hotel del Coronado

Das Coronado in Kalifornien – in dem Marilyn Monroe für den Film „Manche mögen’s heiß“ vor der Kamera stand – schafft ab Mitte November eine klassische Weihnachtskulisse, inklusive Weihnachtsbaum, Lichterketten und Eislaufplatz am Strand.

Skandinavische Pioniere

4.000 Jahre alte TraditionUm zu den Anfängen des Eislaufens zu gelangen, müssen wir nun über den Atlantik. Schon vor 4.000 Jahren sollen die Finnen mit dem Eislaufen eine Maßnahme gefunden haben, um beim winterlichen Reisen Energie zu sparen. Auch heute noch ist Finnland im Winter ein Land aus Weiß und Blau. Schulkinder, Amateur-Eishockeyspieler wie professionelle Eiskunstläufer zieht es aufs gefrorene Wasser, etwa nach Saimaa, im Süden des Landes und ins Herz der finnischen Seenplatte. Mit seinen gefühlt endlos weißen Flächen ist das Schlittschuhlaufen hier eine einmalige Erfahrung.

Etwas weiter süd-westlich, aber nicht minder eindrucksvoll, liegt der See Vättern – Schwedens zweitgrößter von insgesamt 100.000 Seen. Jeden Winter friert er zwar nicht zu, aber mit minus 20 Grad in Zentralschweden im November könnte es sich heuer vielleicht noch ausgehen, auf dem See seine Runden zu drehen.

 

©Stefan Valthe

Am malerischen österreichischen Weißensee wurde heuer im Jänner wieder erleichtert aufgeatmet: Nach coronabedingter zweijähriger Pause konnte endlich wieder die 11-Städte-Tour an dem See Station machen, bei der Tausende Holländer über das Kärntner Natureis ziehen. Ursprünglich war die Tour durch elf holländische Städte verlaufen, doch der Klimawandel ließ das Eis in den Grachten schmelzen und die Holländer nach Alternativen umsehen. Auf den Weißensee kamen sie angeblich auch durch 007. Im Film „Hauch des Todes“ aus dem Jahr 1987 sauste James-Bond-Darsteller Timothy Dalton über den zugefrorenen österreichischen See.

Malerische Windmühlen und majestätische Anwesen

Auch die Niederlande selbst verfügen über eine eindrucksvolle Eislauf-Kulisse. Im Dorf Kinderdijk kann man, so das Wetter passt, an idyllischen Windmühlen vorbeigleiten. Die Region steht zudem für das Wassermanagement des Landes und ist seit 1997 UNESCO-Weltkulturerbe.

Zum Ende wird es noch einmal historisch: Neben den Skandinaviern und Holländern haben die Briten das moderne Eislaufen mitbegründet. 

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In London zieht es die Eisläufer ins Somerset House, auf den 900 Quadratmeter großen Eislaufplatz im Vorhof des historischen Gebäudes, heuer neu mit Skate Lounge und Schweizer Chalet.

Weiter geht es nach Österreich: zum feierlichen Eislauf-Spektakel vor historischer Kulisse – auf Pfaden unter Lichterbögen sowie bunt geschmückten Bäumen. Dieser Ort vereint das beste all der städtischen Attraktionen: der Eistraum auf dem Wiener Rathausplatz.

Anna-Maria Bauer

Über Anna-Maria Bauer

Wienerin und Weltenbummlerin. Leseratte und leidenschaftliche Kinogeherin. Nach Zwischenstopps in London und als Lehrerin in der Wien-Chronik angekommen. Interessiert an Menschen, die bewegen, begeistern oder entsetzen; an ungewöhnlichen Ideen und interessanten Unmöglichkeiten. "Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit, nichts ist exotischer als unsere Umwelt, nichts ist phantasievoller als die Sachlichkeit." Egon Erwin Kisch: Der rasende Reporter.

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