Kleines "Friedenskircherl" in den Bergen wird plötzlich Superstar

Vor 120 Jahren erbaut, kam die Andachtsstätte am Stoderzinken nun groß heraus. Doch was macht sie so besonders?

Das "Friedenskircherl" am Stoderzinken also. Seit Mittwochabend ist es Fernsehstar und weit über die Obersteiermark hinaus bekannt, da heimste die Andachts- und Aussichtsstätte den Titel des schönsten Platzes Österreichs im ORF ein. Das hat das Interesse an dem Objekt geweckt ,das bisher eher nur Ennstal-Bewohnern und -urlaubern bekannt war: Google wies am Donnerstag schon mehr als 30.000 Treffer für die Kirche aus, durchschnittlich rund 960.000 Zuschauer verfolgten deren Kür im Fernsehen.

Wo Atlantis wirklich liegt

Schon der erste Plätzesieger überhaupt kam aus der Steiermark, 2014 ging der Titel an den "Grünen See" in Tragöss-St. Katharein. Damit wurde das geschütze Naturjuwel schlagartig bekannt und wandelte sich vom damaligen (Taucher-)Geheimtipp zum vielbesuchten Ausflugsziel. Schauspieler Ashton Kutcher gab dem Ganzen mit seinem "Das ist das echte Atlantis"-Posting noch den Social-Media-Kick: Obwohl er nie selbst vor Ort war, klickte sich sein Posting weltweit - binnen Stunden wurde es damals rund 20.000 Mal geteilt.

Vor Ort waren dann aber pro Jahr plötzlich an die 100.000 Besucher, an einzelnen Wochenende gar an die 6.000, die Idylle suchten und Massen fanden. Rückenwind, ein "zweischneidiges Schwert", wie Touristiker damals anmerkten.

6.000 Wanderer an einem Wochenende würde wohl einigermaßen schwierig am Stoderzinken, der Weg zum offiziell schönsten Platz des Jahres 2022 ist zwar nicht weit, aber recht schmal. Das "Friedenskircherl" liegt auf rund 1.900 Metern, ist aber erstaunlich schnell erreichbar - der nächstgelegene Parkplatz bei einer Hütte ist bloß an die 30 bis 35 Gehminuten entfernt. Freilich, trittsicher und schwindelfrei sollte schon sein, wer zu der Kirche will, denn der Weg ist teilweise dicht am Felsen und schmal.

Eine Glocke für Wünsche

Obwohl Kirche genannt, ist sie keiner Konfession geweiht, das macht sie zu einer Besonderheit - einer, die bereits 120 Jahre alt ist: Erbauer Emil Ritter von Horstig wollte damit ein Zeichen setzen und ein Symbol von Gemeinsamkeit errichten, über alle Konfessionsgrenzen hinweg.  Eine Glocke hat sie aber, allerdings läutet sie nur dann, wenn Besucher sie in Gang setzen. "Das Glöcklein vom Turm verhüllt, vielleicht auch dir den Wunsch erfüllt"  - andere Stätten mögen Wunschbrunnen haben, die Steiermark hat eine Wunschglocke. Ob Brunnen oder Glocke, Münzen sind willkommen: "Zum Läuten sei sie dir geweiht, darum sei zum Spenden auch bereit."

1993 kaufte die Bergrettung Gröbming die unter Denkmalschutz stehende Stätte, deren Mitglieder kümmern sich seither um Erhaltung und Pflege. "Für uns Bergretter ist das eine Herzensangelegenheit", versichert Ortsstellenleiter Christian Pieberl.

Elisabeth Holzer-Ottawa

Über Elisabeth Holzer-Ottawa

Seit 1992 als Journalistin in der Steiermark-Redaktion tätig. Promovierte Historikerin (Geschichte- und Doktoratsstudium an der Uni Graz), interessiert an zeitgeschichtlicher Forschung. 2007 das erste Buch veröffentlicht ("Schleichhändler vor Gericht"); es folgten zusammen mit weiteren AutorInnen einige mehr, etwa "McScience" (2015) oder 2017 "Die Geschichte der Frauen in der Steiermark". Ausgezeichnet mit dem Inge-Morath-Preis des Landes Steiermark für Wissenschaftspublizistik.

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