Pittoresker Blick auf die Altstadt vom Ufer des Douo aus.

Heimliche Liebe Porto

Hunde und Harry Potter, Portwein und ein Puccini-Potpourri - Wer Lissabon mag, wird Porto verfallen.

Überblick

Einwohner

ca. 238.000 

Beste Reisezeit

März bis November

Währung

Euro (€)

Liebe Leserin, lieber Leser, sollten sie kein Hundefreund sein, überspringen sie die ersten beiden Absätze. Denn es geht um einen Hund. Um meinen Hund. Um Nico. Er stammt aus Porto und wurde vor sieben Jahren winselnd in einer Kiste auf der N 108-Landstraße aufgenommen. Gemeinsam mit seinen beiden Geschwistern Louis und Fini. Die drei portugiesischen Pointer waren für die Jagd nicht geeignet, waren nicht schussfest – was immer das auch bedeuten mag. In einem solchen Fall machen die Waidmänner Portugals kurzen Prozess: Man setzt die Hunde einfach aus …

Gerettet aus der Kiste: Findlingshund Nico aus Porto

©Michael Horowitz

In einem riesigen Tiertransporter, der Hunde aus Tötungsstationen Spaniens und Portugals nach Österreich bringt, waren noch genau drei Plätze frei – für Nico, Louis und Fini. Die drei landeten in einem Tierasyl in Perchtoldsdorf. Und fanden bald Frauerln und Herrln, bei denen es ihnen gut geht. Seit Jahren wollte ich Nicos Heimatstadt besuchen. Jetzt war ich dort.

Hier lässt man sich treiben

Hier in Porto, im Norden Portugals, sind die Menschen freundlich, offen, sympathisch. Und Jäger trifft man zum Glück selten. Verfallener Charme, südländisches Temperament und entspannte Atmosphäre prägen das Bild der zweitgrößten Stadt Portugals. Hier lässt man sich am besten einfach treiben. Vergisst den Sightseeing-Wahnsinn anderer Städte und schlendert im Rhythmus der Stadt auf der Ribeira am Fluss Douro entlang und durch die pittoreske Altstadt.

Pittoreskes Panorama vom Turm neben der Kirche Igreja dos Clérigos

©Michael Horowitz

Um schließlich auf dem Turm neben der Barockkirche Igreja dos Clérigos nach 225 Stufen Aufstieg in 76 Metern Höhe den besten Ausblick auf die Stadt zu genießen: ein Panorama-Erlebnis, das man nicht so schnell vergisst. Vor 16 Jahren ernannte man Porto zur Europäischen Kulturhauptstadt – die Menschen wurden noch stolzer und selbstbewusster, die Stadtverwaltung investierte mehr als 200 Millionen Euro für die gefühlvolle Renovierung der Altstadt, ohne die Patina zu zerstören, und baute neue Museen und eine vieleckige Beton/Glas-Musikhalle mit vergoldeter Holztäfelung im Inneren: Die Casa da Musica der niederländischen Architekten Rem Koolhaas und Ellen van Loon konnte allerdings erst mit vierjähriger Verspätung eingeweiht werden.

Klassik und Clubbings

Man bietet klassische Musik auf höchstem europäischen Niveau, aber auch Clubbings, bei denen gefeierte DJs auflegen. Das futuristische Kulturzentrum ist auch ein optisches Kontrastprogramm nach der Überfülle an historischen und bunten Fassaden der ziemlich morbiden Stadt zwischen Atlantik und dem Fluss Douro.

Reisegeschichte PORTO ©Michael Horowitz

Der Charme der Altstadtgassen: Blick über den Douro auf Gaia, den früheren Konkurrenzhafen

Vielleicht erzählen in den schmalen Altstadt-Gassen, in denen Touristen-Busse keinen Platz finden, die farbenfrohen, oft verfallenen Häuser aus vergangenen Jahrhunderten, aber auch die liebevoll renovierten Prachtbauten Geschichten von Begegnungen und Schicksalen, von Liebe und Leidenschaft. Man muss nur seiner Fantasie freien Lauf lassen.

Brücke mit zwei Stockwerken

Auch auf der Stahlbrücke Ponte Dom Louis I., die von einem Schüler Gustave Eiffels geplant wurde. Die mächtige Verbindung zwischen Porto und der gegenüberliegenden Stadt Vila Nova de Gaia, kurz Gaia genannt, wirkt, als hätte man den Eiffelturm auseinandergefaltet und quer gelegt. Die Brücke ist zweistöckig: Oben sind die Fußgänger und die historischen Straßenbahnen unterwegs, der Autoverkehr ist auf die untere Ebene verbannt. Auch in der imposanten historischen São Bento-Bahnhofshalle mit den typischen blau-weißen Wandfliesen oder in der 800 Jahre alten Kathedrale kann man sich – mit ein bisschen Fantasie – Geschichten aus dem alten Porto zusammenreimen.

Livraria Lello & Irmano, die schönste Buchhandlung Europas

©imageBROKER / Moritz Wolf/mauritius images

Oder in der Rua das Camelitas, in der Buchhandlung Livraria Lello & Irmano, wo seit 1906 die Zeit stillgestanden zu sein scheint. Durch eine neugotische Fassade betritt man ein riesiges Reich der Bücher. Einen Jugendstil-Innenraum, der nicht nur vom australischen Kult-Reiseführer Lonely Planet als schönste Buchhandlung Europas bezeichnet wird. Eine hölzerne Wendeltreppe mit rotem Teppich schlängelt sich in die obere Etage, die unter einem bunten Glasdach nur aus einem den Raum umarmenden Balkon besteht.

Joanne K. Rowling als Lehrerin

Zu Beginn der 1990er-Jahre ließ sich die Autorin Joanne K. Rowling, die in Porto mehrere Monate lang Englisch unterrichtete, hier inspirieren. Zu ihren nicht enden wollenden Geschichten des Zauberschülers Harry Potter, die mehr als 400 Millionen Mal verkauft wurden. Vermutlich wird Harry Potter noch als Greis den Zauberstab schwingen. Sein Universum voller magischer Kreaturen und Objekte nahm in Porto, in der verwunschen wirkenden Buchhandlung, seinen Lauf.

Kulinarische Köstlichkeiten: Bacalhau-Knöderln.

©Michael Horowitz

In der zweitgrößten Stadt Portugals an der Atlantikküste, finden sich auch andere, renovierte Relikte aus jener Zeit, als Portugal noch eine Weltmacht war. Das Belle Époque-Café Majestic in der pulsierenden Einkaufsstraße Rua Santa Catarina. Im Spiegelsaal mit Stuckengeln und Kristalllustern servieren livrierte Kellner, während der vom Leben müde Pianist zum dritten Mal in der letzten Stunde zum Puccini-Potpourri ansetzt. In diesem Café soll Harry-Potter-Erfinderin Rowling die ersten Kapitel über den Zauberschüler geschrieben haben.

Hunde als Lockmittel der Bettler.

©Michael Horowitz

Oder die gewagte Stahlkonstruktion der Markthalle. Von hier oben hat man einen freien Blick – zwischen den verfliesten Fassaden der Altstadt-Häuser – auf die Lebensader Portos, den sich durch die ganze Stadt schlängelnden Fluss Douro. Und man sieht bis zum gegenüberliegen Gaia an der Atlantikküste, zu den lang gestreckten Portweinkellern, wo das portugiesische Portwein-Paradies seine Besucher erwartet.

Straßenmusik: Schlendern und genießen

©Michael Horowitz

Früher war Gaia der Konkurrenzhafen von Porto, von hier aus haben Portweinproduzenten ihre Produkte in die ganze Welt verschifft. Auch heute haben alle großen Marken wie Ramos Pinto oder Sandeman am Ufer ihre riesigen Lagerhallen. Anders als in Lissabon hielten in Portugals heimlicher Hauptstadt, nicht die Könige Hof, sondern die Händler. Deshalb ist – neben dem Paço Episcopal, dem ehemaligen Bischofssitz – der Palacio da Bolsa, der Börsenpalast, der mächtigste Bau der Stadt.

Protz und Prunk

Hinter einer relativ schlichten neoklassizistischen Fassade haben sich die Kaufleute nicht lumpen lassen: Protz und Prunk dominieren. Unter einer gigantischen Glaskuppel gelangt man in den Salão árabe, einen reichlich vergoldeten Festsaal, der selbst Könige staunen lassen dürfte.

Die blauen Kacheln der Igreja dos Carmo

©Michael Horowitz

Gerne spricht man in Porto davon, dass das Geld, das in Lissabon ausgegeben wird, schon immer hier verdient wurde. 2017 kürte man die dynamische, weltoffene Stadt zum besten europäischen Reiseziel. Zu Recht. Längst profitiert Portugals Fremdenverkehr von der Angst vor unsicheren Reisezielen wie Ägypten, Tunesien und die Türkei. Bereits seit sieben Jahren gibt es Tourismus-Rekordzahlen, wie die Staatssekretärin Ana Godinho vor Kurzem stolz erklärte. Und Porto als wichtigstes Ziel für die Zukunft nannte. Ich bin froh, dass ich hier war. Porto war für mich eines der liebenswertesten Reiseziele der letzten Jahre. Nicht nur, weil mein Hund Nico hier geboren wurde.

©Kurier-Infografik

Tipps

Restaurants

Taberninha Do Manel
Am Douro-Fluss malerisch mit Blick auf die bunte Häuserzeile der Altstadt von Porto gelegen. Tipp eines Portuensers: Küche und Wein, Service und Stimmung sind ausgezeichnet.taberninhadomanel.comportugal.com

Café Santiago
Hier gibt es die besten Francesinhas. „Kleine Französin“ nennt sich dieser ganz spezielle Sandwich, der im Café Santiago eine Sünde wert ist …caferestaurantesantiago.com.pt

Majestic
Hat Lissabon sein „A Brasileira“, so hat Porto das „Majestic“: Ein Jugendstil-Kaffeehaus mit Original-Innenausstattung aus der Jahrhundertwende. Livrierte Kellner servieren Tee, Kaffee und Gebäck. Der Pianist spielt dazu.www.cafemajestic.com

Mercado Bom Sucesso
Ein bisschen sehr hip, aber trotzdem einen Besuch wert. In der großen, hellen Halle, die vor fünf Jahren eröffnet wurde, gibt es Geschäfte, Feinkostläden – und viele offene Stände mit regionalen und internationalen Gerichten. Abends Livemusik. mercadobomsucesso.com

Hotels

Porto Vintage Guest House
Gediegener und stilvoller kann man im historischen Zentrum von Porto nicht wohnen. Gastgeberin Sofia Maia versteht es, ihre Gäste unaufgeregt zu verwöhnen.portovintageguesthouse.pt Hotel Jorge V Familiär und gemütlich. Mittelklassehotel in ruhiger Lage an der Avenida da Liberdade, Zimmer mit kleinen Balkonen. 3 Sterne, 60 Zimmer. Moderate Preise.www.hoteljorgev.com

Pestana Palácio do Freixo
Luxus im Schloss. Erhaben liegt dieser Traumpalast aus dem 18. Jahrhundert zwischen Parks eingebettet mit herrlichem Blick auf den Douro.www.pestana.com

Michael Horowitz

Über Michael Horowitz

Gründer des KURIER-freizeit-Magazins sowie des Gastro-Guides „Tafelspitz“, und war rund 25 Jahre lang dessen Chefredakteur. Fotograf, Journalist, Autor. Verfasste insgesamt mehr als 20 Bücher, darunter Biografien über H.C. Artmann, Otto Schenk und Helmut Qualtinger. Schrieb auch Drehbücher, unter anderem für den bei den Filmfestspielen in Cannes 1989 mit dem „Prix de la Jeunesse“ ausgezeichneten Kino-Film „Caracas“.

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