Der Vulkan Pico auf den Azoren

Geheimnisvolle Azoren: Wandern, Wale, Vulkane

Die größten Wunder der neun Inseln, die jeder als Hoch aus dem Wetterbericht kennt, sind noch gut gehütet. Sie lassen sich am besten beim Wandern entdecken

Eintausendfünfhundert Kilometer von Portugal und dreitausend von Amerikas Küste entfernt, waren die Azoren früher für Schiffe und Flugzeuge ein wichtiger Stützpunkt im Atlantik. Doch das ist vorbei, heute schlummern sie vor sich hin. Das war mit ein Grund, warum sich der Niederösterreicher Oliver Handler hier niederließ. „Willkommen auf São Miguel!“, begrüßt der Neunkirchner. Nach Matura und Tourismuskolleg sammelte er als Steward im Zug und in Hotels Erfahrungen und landete schließlich auf den Azoren.

Besonders schön im Frühling: Ein Wanderparadies ist die Kraterseelandschaft Sete Cidades auf der Insel São Miguel

 

©Sepp Puchinger

„Seit 2011 lebe ich ständig hier. Die Natur, die Menschen und das entspannte Inselleben haben mich geprägt, ich habe den Archipel erkundet und bin jetzt als nachhaltig agierender Reiseveranstalter selbstständig.“ Er sei vom „slow travel“ überzeugt, von Wandertourismus und von Kontakt zur Bevölkerung. „Mit dieser Philosophie habe ich zum steirischen Wander- und Trekkingspezialisten Weltweitwandern gepasst – seitdem kooperieren wir“, erzählt er.

Oliver kurvt vom Flughafen über die kolonial geprägte Hauptstadt Ponta Delgada ins Landesinnere nach Furnas. „São Miguel ist mit 746 Quadratkilometer und hundertvierzigtausend Einwohnern die größte der Inseln“, deren Name Ilhas dos Acores vermutlich auf einen Irrtum des portugiesischen Seefahrers de Silves zurückgeht. 1427 entdeckte er die Inseln, sah Bussarde und hielt sie für Habichte (acores).

Beim Spaziergang durch die geothermale Zone von Furnas blubbert es unten, es dampft in der aktiven Vulkanküche, von oben lädt sich das am Meer entstehende Azorenhoch über der Insel als Tief mit kräftigem Regen ab. „Das ist typisch, draußen die Sonne und hier über dem Land der Regen. Aber dadurch haben wir auch das intensive Grün“, erklärt Oliver. Strapazierte Muskeln regenerieren Wanderer im Thermalbecken, die Kuranlagen von Furnas haben eine lange Tradition, und die Erdwärme sorgt hier für eine gegarte kulinarische Spezialität: Cozido. „Es ist ein Eintopf aus Fleisch und Gemüse, der fünf Stunden lang im Erdloch mit Vulkanhitze gegart wird. Cozido gibt es nur in Furnas, ein Gemeindebediensteter bewacht die versenkten Töpfe, damit jeder den richtigen zurückbekommt.“ Die Kalorien kann man dann bei traumhaften Wanderungen wie jener beim Kratersee Lagoa do Fogo abarbeiten.

Oliver Handler on Tour: Der Österreicher lebt auf der Insel 

©Sepp Puchinger

Die kleinere Nachbarvulkaninsel Terceira bewohnen 55.000 Menschen – und ähnlich viele glückliche Rinder auf grünen Wiesen. „Die Milchkannen liefern die Bauern teils noch mit Pferdewagen zu den Sammelstellen.“ Erkunden lässt sich der vulkanische Untergrund in spektakulären Lava Tubes, das kulturelle Erbe der Azoren in der UNESCO-Welterbestadt Angra do Heroismo. Die erfolgreiche Handelsstadt wurde nach dem Erdbeben von 1980 originalgetreu mit all ihren Kirchen, Parks und bunten Heilig-Geist-Kapellen wieder aufgebaut. Besucher wandeln in den Gassen durch vergangene Jahrhunderte.

Die Azoren

©Grafik

Und dann ganz anders

Die Vielfalt der Azoren erlebt man perfekt zwischen dem verschlafenen Terceira und der Insel Faial mit der kolonial geprägten Hauptstadt Horta. „Besonders im Juni und Juli blühen hier Tausende blaue Hortensien, weshalb Faial als Ilha Azul bezeichnet wird. Hier gibt es eine riesige grüne Caldera zu erwandern – und das aschgraue Vulkangebiet von Capelinhos als Kontrast“, macht Oliver neugierig. In den 1950ern hat der Vulkan Capelinhos beim Ausbruch über zwei Quadratkilometer neues Land geschaffen, Vulkanismus zum Anschauen. Und einige Kilometer entfernt geben sich im bunt angemalten Hafen von Horta Atlantiksegler und Reisende aus aller Welt ein Stelldichein. „Alle treffen einander abends im Kultlokal Café Peter“, verrät Oliver.

Pico gehört weltweit zu den Hotspots Whale Watching betreffend

Oliver Handler

Bis 1986 dominierten vor der Insel Pico Waljäger mit Harpunen, seitdem der sanfte Tourismus und die Jagd mit der Kamera. „Pico gehört weltweit zu den Hotspots Whale Watching betreffend.“ Ein anderes Ziel ist der 2.351 Meter hohe Pico Vulkanes, immerhin der höchste Berg Portugals. „Gut zu besteigen, spektakulär von der Aussicht, aber halt auch ein extremer Berg, wo das Wetter in Minutenschnelle umschlägt.“ Man kann bei Sonne starten, eine halbe Stunde später durch dichten Nebel stapfen – und auf dem Gipfel über den Wolken sein.

Info

Anreise
TAP (flytap.com) fliegt über Lissabon nach Ponta Delgada, CO2-Kompensation via atmosfair.de: 45 €; Inlandsflüge mit azoresairlines.pt bzw. umweltfreundlicher mit Fähren

Touren
Wanderprogramme mit Oliver Handler gibt es auf weltweitwandern.at, z. B. Olivers Azoren 14-tägige Reise 3.190 €. Buchtipp Wandern: Christian Hlade „Wanderwissen kompakt“

Klima
Beste Reisezeit: vom Frühling bis in den Herbst

Aktivitäten
– Delfin- und Walbeobachtung, Canyoning, Mountainbiking, Jeepsafaris uvm.: azoren-tourismus.de
– Wanderwege: trails-azores.com
– Teeplantage: gorreana.pt/en

Allgemeine Auskunft
visit-azoren.de
visitportugal.com/de

Zurück auf São Miguel wartet noch ein Wanderhochgenuss, die Sete Cidades Tour. „Eine blauäugige Prinzessin und ein grünäugiger Hirte verliebten sich, doch die Prinzessin war einem anderen versprochen. Also vergossen beide Sturzbäche an Tränen, die sich in Seen sammelten: ein grün schillernder und ein noch größerer blauer“, erzählt Oliver am Vista do Rei, wo ein perfekter Aussichtspunkt für Fotoorgien sorgt. Die Legende soll zum Schauen und Entdecken der Gegend anregen, ein Fünfminutenstopp ist zu wenig. Der Abschied von den Inseln fällt danach umso schwerer. „Träumt vom Wiederkommen“, nennt Wahlazoraner Oliver das Gegenrezept. Schließlich gibt es mit den kleinen Inseln Cervo, Flores, Graciosa und Santa Maria noch weitere Azoren-Mikrowelten zu entdecken.

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