Unbekanntes Florenz: versteckte Orte und Insider-Tipps

In der Stadt am Arno ist von Frühjahr bis Winter Hochsaison. Die freizeit entführt zu Geheimnissen auf unbekannten Wegen.

Wohin man auch schaut blickt man auf Kunst. Oder auf Architektur. Oder auf prächtige Grünanlagen und Parks. Oder Bars und Cafés. Unter dem Namen Fiorentina, die Blühende, zeigt die Hauptstadt der Toskana und Heimat des Dichters Dante Alighieri seit ihrer Gründung im 1. Jahrhundert vor Christus ihre lange Kulturgeschichte, die vom prachtvollen Erbe der Medici und der Renaissance geprägt wurde.

Florenz ist für seine wunderschönen Brücken über den Arno bekannt – und für seine Skyline. Hier im Bild der 
Duomo, ein Bau Brunelleschis

©Getty Images/Eloi_Omella/istockphoto

Wer am Hauptbahnhof in der historischen Altstadt ankommt, ist sofort im Bann des Dolce Vita: Trubel auf den Straßen, quirlige Menschen, imposante Palazzi, rote Kuppeln und grüne Hügeln rundum. Was zuerst ansehen? Wohin gehen? Man kommt aus dem Staunen nicht heraus, weiß anfangs vielleicht nicht, welche Richtung man einschlagen soll.

Doch die wichtigste Regel beim Walk durch Florenz lautet: Meide die Touristenströme! 

Der Piazza Santa Maria Novella mit der Basilika und dem Hotel Minerva

©Welley Florentina

"Bitte schreiben Sie das nicht", erklärt Tourismusmanager Signore Andrea Giordani, "aber es gibt Gäste, die Florenz ruinieren.

Die Stadtverwaltung hat deshalb die Kampagne feelflorence! gestartet, um die Graffiti auf antiken Mauern, Fastfood in Kirchen und schlechtes Benehmen einzudämmen und die kulturelle Bedeutung der Stadt wieder in den Fokus zu rücken." Giordani kennt Florenz wie seine Westentasche und führt Besucher lieber in unbekanntere Gegenden der etwa 364.000 Einwohner-Stadt.

Die Fresken in der Basilika Santa Maria Novella wurden von Dante inspiriert

©mauritius images / Alamy Stock Photos / Bailey-Cooper Photography/Alamy Stock Photos / Bailey-Cooper Photography/mauritius images

Denn auch dort kann man auf Meisterwerke von Michelangelo, Leonardo da Vinci oder Dante Alighieri treffen – Kunst gibt’s in Firenze fast an jeder Ecke. 
Da ist es viel schwieriger, einen Personal Guide zu finden, der zu den verborgenen Schätzen führt, die die Stadt zu bieten hat. Wer kurzfristig, damit sind etwa drei Wochen vorab gemeint, Termine buchen will, hat schlechte Karten, Florenz ist das ganze Jahr über gut besucht.

Die Cantinetta Antinori im historischen Palazzo Antinori, an dem eines der berühmten Weinfenster zu finden ist

©Welley Florentina

Aber auch ohne Guide lässt sich die Stadt abseits ausgetretener Touristenpfade rund um die Piazza dell Duomo, die Piazza della Signoria und der Ponte Vecchio entdecken, man muss nur die Parallelstraßen einschlagen. Die sind seltsamerweise oft menschenleer, aber hier findet man dafür Geschäfte und Trattorias, wo die Einheimischen zu Hause sind.

Bistecca Fiorentina und Imbiss in der Markthalle Sant' Ambrogio

©Welley Florentina

Etwa den Mercato di Sant’Ambrogio, wo neben einem trendigen Vintage-Markt auch die älteste Markthalle von Florenz steht, in der man auch essen kann: manche Stände haben oberhalb ihrer Verkaufsflächen kleine Imbissstuben.

Versteckte Schätze 

Schon die ersten Schritte nach der quirligen Piazza della Stazione führen in Oasen zwischen Kunst und Kirche. Hier wird man daran erinnert, welche Schlüsselrolle die Kirche einst als Auftraggeber von Kunstwerken spielte: So wurde die berühmte David-Statue von Michelangelo Buonarroti 1501 vom Florentiner Dom beauftragt. In der Nähe es Bahnhofs liegt gleich die Basilica Santa Maria Novella, in deren Hallen einst Dante Alighieri studierte, sowie das "Museo Novecento" in einem ehemaligen Leopoldinischen Hospital.

Ausstellung Louise Bourgeois im Museo Novecento

©Welley Florentina

Die neue Kunstsammlung des 20. Jahrhunderts wurde von "Artisti per Firenze" gespendet, nachdem viele Kunstwerke nach einer Überschwemmung zerstört worden waren. 
Auch die traditionelle alte "Officina-Farmacia di Santa Maria Novella" ist einen Besuch wert. Besser nachmittags, um lange Warteschlangen von Hipstern aus aller Welt zu umgehen.

Trotz Touristen ein Must-see: die Officina Profumo-Farmaceutica di Santa Maria Novella

©Welley Florentina

Früher verkauften in der Officina Nonnen persönlich ihre weltbekannten Klosterprodukte wie Seifen, Essenzen und Parfums. Mittlerweile wurde der Eingang (auf dem Foto ganz oben) zu den geheimen Klosterräumen mit getrockneten Kräuterbündeln dekoriert und alle Verkäufer tragen Uniformen. Aber der Eintritt in das Duftreich der prächtigen Barockräume wird dadurch noch mythischer, und der Duft bleibt für den Rest des Tages in der Nase. 

Oase des Dolce Vita: Die traditionelle Bar Procacci liegt mitten im Luxus-Shoppingviertel

©Welley Florentina

Der neue Gourmet-Hotspot ist übrigens das Irene, im Hotel Savoy an der Piazza della Repubblica. Hier genießt die Hautevolee im Emilio-Pucci-Interior Fish&Spritz. Teurer als Massimo Botturas Gucci Garden, aber angeblich auch besser. 

Wer dann aus dem historischen Viertel rund um die Piazza della Signoria und den Palazzo Strozzi, neben dem auch das "Giunti Odeon", ein ehemaliges Jugendstil-Kino und heutiges Buchgeschäft liegt, rund um antike Bars wie "Procacci" und Luxusshops wie Gucci & Co herausfindet, kann ein paar Gassen weiter in der "Libreria Todo Modo", in völliger Stille Bücher von Dante aufstöbern und sie vor Ort, bei einem Macchiato, auch gleich lesen. 

Die Libreria Todo Modo: mit Lesestube und Bar mitten in der Altstadt

©Welley Florentina

Und weil Florenz mit zeitgenössischer Kunst Brücken zu den antiken Palästen schlagen will, sind zwischen schicken Shops oft unvermutet Skulpturen von Künstlern wie Mimmo Paladino oder Marino Marini zu finden.

Stylisches contemporary Interior gibt's im Flair

©Welley Florentina

Ein paar Schritte weiter, am Lungarno Corsini locken stylische Interiorshops wie etwa das Flair vor allem Pariser Designer an.

Der wahre italienische Modetempel, das prachtvolle Ferragamo-Museum, liegt im Herzen von Florenz, im Palazzo Spini Feroni aus dem 13. Jahrhundert. 

Prächtige Schuhgeschichten der Ausstellung im Museo Ferragamo

©Welley Florentina

Ein anderer, unbekannterer Ort mitten in der Altstadt sorgt für Nervenkitzel: Für die geheimen Räume im Palazzo Vecchio braucht man einen Guide und auch starke Nerven. Denn die Tour führt durch sehr enge Geheimgänge und versteckte Fluchtwege über winzige Stufen in das geheime Studiolo von Francesco I. de’ Medici, das hinter den Mauern des "Salone dei Cinquecento" mit Fresken von Giorgio Vasari, in das Wahrzeichen der Stadt eingebaut wurde.

Auch der kleine fensterlose Raum ist mit prächtigen Gemälden ausgestattet, hinter denen sich Geheimtüren verbergen, die in und aus dem Palast führen, sowie mit Geheimfächern, in denen die Medici ihre Schätze versteckten. 

Auch bei Gewitter schön: Blick vom Torre di Arnolfo im Palazzo Vecchio

©Welley Florentina

Frische Luft gibt’s dann wieder am Torre di Arnolfo, ein Insidertipp im Palazzo Vecchio, wo man von oben auf die schöne Skyline mit Rooftops und Kuppeln blicken kann.

Neue Trendviertel & ein Tunnel

Das unbekanntere und künstlerische Florenz mit verwinkelten Gassen, kleinen Künstlerateliers entdeckt man in Oltrarno, eigentlich Diladdarno, also auf der anderen Seite vom Fluss Arno.

Die Boboli-Gärten sind zu jeder Jahreszeit schön. Wer nach oben zum Cavaliere-Garten geht, wird mit einem Panorama-Blick belohnt 

©Getty Images/Victor Korchenko/istockphoto

Die Touristenströme auf der Ponte Vecchio sollte man möglichst umgehen, außer man will schnell in die schönen Boboli-Gärten hinter dem Palazzo Pitti gelangen, um einen Blick vom "Giardino del Cavaliere" über die Hügeln von Florenz oder auf die imposante Skulptur von Igor Mitoraj zu werfen.  

Die Plastik von Igor Mitoraj im Boboli-Garten

©Welley Florentina

Das angesagte Trendviertel für Künstler und junge Leute rund um die Porta San Frediano und den Piazza Santo Spirito steckt voller Überraschungen. Hier ist jeden Samstag das "il dolce far niente" zu Hause, hier trifft sich die Szene in kleinen Bars am Platz zum Aperitivo oder kauft am Vintage-Markt ein. 

Und die anatomischen Wachsfiguren aus dem 16. Jahrhundert, im nahen Wachsmuseum "La Specola" rufen Staunen oder Gruseln hervor. Dafür sorgen in Diladdarno die vielen netten Trattorias und Kunsthandwerkshops für fröhliches Bohemien-Flair.

Wachsmodelle in der La Specola - auch die Wachsmodelle aus dem Wiener Josephinum stammen aus Florenz

©Welley Florentina

Spaziergänge den Arno entlang bringen dann wieder einen freien Blick. Besonders wenn man von hoch oben am Piazzale Michelangelo hinunter auf den "Torre di San Niccolò" und die Poggi-Wasserspiele blickt. In der Nähe des San-Niccolò-Wehrs wird gerade ein Tunnel restauriert, der lange unentdeckt blieb. Fußgänger sollen in Zukunft wieder unterirdisch in zwei 250 Meter langen Tunneln in fünf Metern Tiefe unter dem Arno durchspazieren können, die ursprünglich von Soldaten genutzt wurden, um von einem Flussufer zum anderen zu gelangen. 

Vom "Torre di San Niccolò" geht's über die Poggi-Wasserspiele hinauf zur Piazzale Michelangelo

©Welley Florentina

Auch Räder sollen durchfahren dürfen. Denn Florenz hat sich auch zur Fahrradstadt gemausert. Entlang des Arnos führen neue Radwege bis zum "Parco delle Cascine", der grünen Lunge von Florenz und auch, in anderer Richtung, zu Avantgarde-Kunst in der "Fondazione Tornabuoni Arte". Unbedingt sollte man auch einen Abstecher in die Villa Bardini und hinauf in die Gärten der Villa machen.

Samt-Bild von Leonardo Meoni in der Villa Bardini

Samtbild von Leonardo Meoni vor einer antiken Statue in der Villa Bardini 

©Florentina Welley

In der prächtigen Villa des Antiquitätensammlers Stefano Bardini sind neben Kunstwerken und Möbeln auch Arbeiten moderner Kunst zu sehen: aktuell von dem jungen aufstrebenden Künstler Leonardo Meoni

Entlang des Arnos kann man herrlich radeln und spazieren

©Welley Florentina

Und noch etwas ist in Florenz versteckt und schwer zu finden: Supermärkte. Die Florentiner kaufen nämlich frisches Obst und Gemüse lieber auf Märkten oder bei der "Argricoltura diretta" ein.

Den besten Prosciutto gibt es bei Raffaele aus Montelupo

©Welley Florentina

Etwa bei einem Stand von Raffaele aus Montelupo. Er schneidet 20 Monate gereiften Prosciutto ab und sagt "Gruß an Wien, es ist so schön wie ein Film".

Florentina Welley

Über Florentina Welley

Mag. Florentina Welley schreibt seit 2006 als Lifestyle-Autorin über ihre Lieblingsthemen: Mode, Reise, Design und Kunst. Darüber hinaus konzipiert sie Shootings, kuratiert auch Kunst- und Designevents. Auch Film-Erfahrung hat sie, etwa als Co-Produzentin für den Spielfilm „Die toten Fische“, darüber hinaus ist sie in Werbung und Medien bekannt für Konzepte, Textierungen jeden Genres und Modeproduktionen samt Styling, Regieassistenz, Ausstattung und Kostümbild.

Kommentare