Eisbär

Vom Eisbären bis zur Schnee-Eule: Das sind die coolsten Tiere

Warum eisige Temperaturen Schneeleoparden, Sibirischen Tigern, Pinguinen und Co. nichts ausmachen, aber ihnen der Klimawandel zusetzt.

Eisbären sind ein Wunder der Natur. Die Herrscher der Arktis können bis zu zwei Minuten lang tauchen und an Land schaffen sie im Galopp 40 km/h. Sie riechen besser als Hunde und mit ihrer Spürnase orten sie ihre Beute unterm Eis. Die Krallen sind wie Spikes, Papillen unter den Füßen wirken wie Saugnäpfe. Und die 30 Zentimeter breiten Tatzen haben das gleiche Prinzip wie Schneeschuhe.

Sie verhindern, dass das bis zu 600 Kilogramm schwere Tier – stattliche Männchen bringen es sogar auf eine Tonne – ins Eis einbricht. Noch dazu haben sie eine spezielle Nickhaut. Diese wirkt wie eine Schneebrille und sorgt dafür, dass die Eisbären durch die starke UV-Strahlung nicht schneeblind werden. Kalt wird ihnen auch nicht, weil die Deckhaare hohl sind und so ein isolierender Luftpolster entsteht. Und unter dem dichten Fell liegt noch einmal eine zehn Zentimeter dicke Fettschicht. Bärig!

Eisbär stirbt aus

Tausende Jahre Evolution haben das größte Land-Raubtier perfekt an den eisig-kalten Lebensraum Arktis anpassen lassen. Einen Lebensraum, den es so bald nicht mehr gibt. „Der Eisbär ist leider das Tier, das den Klimawandel nicht überleben wird“, erklärt Georg Scattolin, Artenschutzbeauftragter des WWF. „Er braucht Packeis, wo er vor Robbenlöchern auf seine Beute lauert.“ Wenn das schmelze, habe er es schwer. „Am Land ohne Schnee würden ihn die Robben von Weitem sehen. Und unter Wasser sind sie schneller als er.“

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Der Eisbär (Ursus maritimus), Lebensraum: Polarregion rund um den Nordpol, Bestandsgröße: ca. 22.000 bis 31.000, Gefährdung: Laut der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN gelten Eisbären als gefährdet.

Schon jetzt tauchen Bilder von dünnen Tieren auf, die besonders im Sommer an Land gehen und dort wochenlang hungrig herumirren. „Der Bär sucht in Siedlungen nach Futter. Und dort kommt es zu Konflikten mit Menschen. Er kann nicht in den Süden ausweichen, so sucht er den Weg des geringsten Widerstands, um an Futter zu kommen“, sagt Scattolin. Aus Selbstschutz nehmen die Bewohner das Tier ins Fadenkreuz, um gefährliche Situationen zu vermeiden.

Das Wunder der Natur wird es zukünftig nur noch in Gefangenschaft – im Zoo – zu sehen geben. Und wenn es so weitergeht, wird auch ein weiteres Wunder so selten wie der Yeti. Der Schneeleopard, dessen Heulen oft als Schrei des Fabelwesens interpretiert wird. Wie auch der Eisbär ist er perfekt vor Kälte geschützt und bis in 5.500 Metern Höhe im Hochgebirge Zentralasiens und des Himalajas unterwegs. Und dort ist die Luft ziemlich dünn. Das macht dem Tier aber nichts, weil es starke Lungen und einen besonders großen Brustkorb hat. Im Vergleich zu anderen Großkatzen ist es aber eher brustschwach. Es brüllt nicht. Wenn es auf sich aufmerksam machen will miaut, knurrt, brummt oder jault es.

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Der Schneeleopard (Panthera uncia), Lebensraum: Zentral- und Südasien über mehrere Hochgebirgsregionen vom südlichen Sibirien bis zum Hochland von Tibet.
Bestandsgröße: Ca. 6.000, Gefährdung: Laut Roter Liste  der IUCN gelten Schneeleoparden als gefährdet. 

Das Terrain, auf dem sich der Schneeleopard bewegt, ist schwer zugänglich. Daher kann er hervorragend klettern und springen – bis zu 15 Meter weit. Der besonders lange und buschige Schwanz hilft dabei, das Gleichgewicht zu halten. Außerdem kann ihn die Raubkatze wie einen wärmenden Schal um den Körper schlingen, wenn es besonders eisig ist. Das dichte, grau-beige Fell, das bei jedem Tier anders gemustert ist, kann am Bauch bis zu zwölf Zentimeter lang werden.

Neben Kälteschutz haben die Haare aber noch einen anderen großen Vorteil. „Das Tier ist ein Einzelgänger und praktisch unsichtbar. Seine Fellfärbung tarnt ihn im felsigen und verschneiten Lebensraum perfekt. Es ist schon vorgekommen, dass Naturforscher direkt vor einem Schneeleoparden gestanden sind, ohne ihn zu bemerken“, sagt der WWF-Experte. Nicht umsonst nennt man die Katze auch Geist der Berge.

10.000 Dollar für ein Skelett

Aber auch ein Geist ist vor Verfolgung nicht gefeit. Neben der Umweltzerstörung ist es vor allem die illegale Jagd, die dem streng geschützten und stattlichen Tier gefährlich wird. Einerseits, weil es sich aus den ausbreitenden menschlichen Siedlungen Nutztiere holt – seine Beutetiere können sein Gewicht um das Dreifache übersteigen. Andererseits, weil Pelz und Knochen auf dem Schwarzmarkt eine Menge wert sind. Bis zu 10.000 Dollar bringt ein Skelett ein. „Großkatzen sind oft mit einem Aberglauben belegt. Die Knochen sollen Kraft bringen“, sagt Scattolin. „Dasselbe gilt auch für das Horn des Nashorns. Das ist hauptsächlich aus Keratin – so wie Fingernägel. So etwas ist genauso wirksam wie Nägelbeißen.“ Also gar nicht.

6.000 Schneeleoparden gibt es noch in freier Wildbahn. Von einem anderen Wunder der Tierwelt nur noch 500: vom Sibirischen Tiger. „Allerdings nicht nur wegen der Wilderei. Auch das intensive Jagen seiner Beutetiere wie Hirsche und Rehe lässt den Bestand schrumpfen. Und durch den Einfluss des Menschen ist der Lebensraum um 85 Prozent zurückgegangen“, erklärt der WWF-Artenschutz-Experte. Wieder einmal ist es die Spitze der Schöpfung, die das zustande bringt, was nicht einmal die lebensfeindliche Umgebung schafft. Die größte Raubkatze der Welt ist der einzige Tiger, der auch im Schnee lebt, und entwickelt im Winter ein so dichtes Fell, das dem Tier auch Temperaturen von bis zu minus 45 °C nichts ausmachen. „Das ist wie beim Eisbären. Wer groß und voluminös ist, ist perfekt an die tiefen Temperaturen in Schnee und Eis angepasst.“

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Der Sibirische Tiger (Panthera tigris altaica), Lebensraum: In den Wäldern im Südosten Russlands und in den Grenzgebieten zu China und Nordkorea, Bestandsgröße: 500, Gefährdung: Auf der Roten Liste (IUCN) der bedrohten Tierarten ist er als  stark gefährdet eingestuft.

Aber nicht nur bei den Temperaturen, die der Amur-Tiger aushält, ist er ein Rekordhalter. Die Raubkatzen können von Kopf bis Schwanz drei Meter lang und bis zu 300 Kilo schwer werden. Pro Tag müssen sie im sibirischen Winter bis zu zehn Kilo Fleisch fressen, um bei Kräften zu bleiben. Wenn aber der Jagderfolg ausbleibt und sie unregelmäßig Nahrung bekommen, müssen sie auch in einer Nacht bis zu 20 Prozent des eigenen Körpergewichts an Fleisch fressen. Bei einem Angriff aus dem Hinterhalt legen die Tiger einen Sprint mit bis zu 60 km/h hin. Nachdem sie die Beute verzehrt haben, haben die Männchen Energie, ihre enorm großen Reviere zu durchstreifen: Bis zu 1.300 Quadratkilometer groß können diese sein.

Moonboots

Noch viel kältere Temperaturen als der Amur-Tiger verträgt die Schnee-Eule. Das Tier, das in der Nähe des Polarkreises lebt, hält sogar minus 56 Grad aus. So viel wie kein anderer Vogel. Dafür braucht es auch eine entsprechende Thermo-Ausrüstung. Die Füße und Krallen sehen etwa aus wie Moonboots. Aber nicht nur outfittechnisch ähnelt das Tier einem Herzensbrecher aus der Schlagerwelt. Wenn die kleineren Männchen um die größeren Weibchen werben, lassen sie sich einiges einfallen: Sie fliegen einerseits vor ihrer Auserwählten in Wellenmustern auf und ab. Andererseits haben sie einen toten Lemming im Schnabel, den sie dem Weibchen übergeben. Ohne Beutetier gibt es auch keine Paarung.

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Die Schnee-Eule (Bubo scandiacus),Lebensraum: Nördliche Polarregion, Bestandsgröße: Ca. 30.000, Gefährdung: Einige Jahrzehnte wurde die Schnee-Eule  als nicht gefährdet eingestuft. Seit 2017 ist sie es wieder.

Auch wenn die Art wohl durch Klimawandel oder Lkw-Unfälle gefährdet ist, immerhin haben Menschen zumindest ein bisschen dazugelernt. Illegale Abschüsse gibt es etwa bei den Schnee-Eulen nur noch selten. Wer weiß, vielleicht hat ja geholfen, dass Harry Potter mit der Eule Hedwig ein treu ergebenes Haustier hatte – was aber nur in der Zauberwelt ginge, weil die Tiere in der Muggel-Welt streng geschützt sind.

Lieber zusammen als allein sind auch die Kaiserpinguine. Trotz flauschigen, geölten und dichten Gefieders, womit sie eine Körpertemperatur von 37 Grad Celsius halten, kann ihnen bei den tiefen Temperaturen und beim eisigen Wind in der Antarktis doch kalt werden. Ist auch verständlich, manchmal gibt es dort gefühlte Temperaturen von bis zu minus 180 Grad. Und dann stellen sie sich dich gedrängt in großen Gruppen zusammen.

Ei in der Bauchfalte

Und weil es ungemütlich wäre, bei diesen widrigen Bedingungen ein Nest zu bauen und das Ei dort auszubrüten, tragen sie den zukünftigen Nachwuchs auf den Füßen und wärmen das Ei mit ihrer Bauchfalte. Dabei wechseln sich Männlein und Weiblein ab. Um Energie zu sparen, rutschen die Kaiserpinguine auf langen Wegen auch auf dem Bauch übers Eis und schieben sich mit den Flossen vorwärts.

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Der Kaiserpinguin (Aptenodytes forsteri), Lebensraum: Antarktis, Bestandsgröße: Ca. 600.000, Gefährdung: Laut der Roten Liste der IUCN ist der Kaiserpinguin potenziell gefährdet. 

Auf der Suche nach Nahrung tauchen die bis zu 40 Kilogramm schweren Tiere auch schon in 500 Meter Tiefe. Pro Beutezug fressen sie bis zu 20 Kilogramm Fische und Krill. Bemerkenswert ist auch die Geschwindigkeit der 1,2 Meter großen Tiere im Wasser: Dort schaffen sie bis zu 40 km/h. Aber auch dieses Wunder der Natur ist vom Klimawandel bedroht. „Sie legen ihre Eier auf dem Packeis. Wenn das wegschmilzt, bevor die Jungtiere ihr endgültiges Federkleid bekommen, ersaufen sie.“ Außerdem lagern sich an der Unterseite des Packeises bestimmte Algen ab. „Die Algen sind Nahrung für Krill. Dieser wiederum für Fische. Und Kaiserpinguine fressen kleine Fische und Krill.“ Und wenn die kleinen Krebstierchen fehlen, bekommen auch Wale wie der Grönlandwal ein Problem. Und dabei habe sich der Bestand wegen durchaus erfolgreicher Fangverbote stabilisiert.

Auftauchen der Schiffe

Und noch etwas bereitet Scattolin große Sorgen: „Durchs Abschmelzen des Eises am Nordpol fahren Schiffe dort, wo sie früher nie waren. Das sind die Tiere nicht gewohnt, es kommt immer wieder zu Kollisionen mit Schiffen.“

Auch Walrosse tauchen auf, wo sie früher nicht waren und nicht sein sollten. Kürzlich verirrte sich ein Tier, das mittlerweile Freya heißt, wegen der ansteigenden Temperaturen nach Holland und machte es sich auf einem Militär-U-Boot bequem. Das ist zwar nett anzusehen, aber doch besorgniserregend. Wie auch das gefährliche Gedränge, dem die bis zu dreineinhalb Meter langen und bis zu 1.800 Kilo schweren Tiere ausgesetzt sind. „Nachdem das Packeis in der Arktis schmilzt, ziehen sich die Tiere in Orte an der Küste zurück. Dort ist es eng, in Russland wurden zuletzt Walrosse erdrückt.“

Und ist ein unschönes Ende für ein Tier, vor dem sogar Eisbären Respekt haben – mit ihren mehr als 50 Zentimeter langen Hauern aus Elfenbein können sie ihren Feinden schwere Verletzungen zufügen. Und auch sonst sind die Kolosse bemerkenswert: Sie können eine halbe Stunde unter Wasser bleiben, ohne zu atmen. Während des Tauchens verlangsamt sich ihr Herzschlag, damit sie weniger frieren.

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Das Walross (Odobenus rosmarus), Lebensraum: Arktis, Bestandsgröße: Ca. 200.000, Gefährdung: IUCN stuft das Tier als gefährdet ein. Um das Atlantik-Walross ist es schlechter bestellt als um das Pazifik-Walross, das derzeit als nicht mehr bedroht eingestuft wird.

Die Energie holen sie sich von Fischen oder Robben. Aber am liebsten haben sie Muscheln und Schnecken, die sie mit ihren Flossen aufknacken und dann aufsaugen. Es wäre schon schade um so coole Tiere.

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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