Alte Gemächer und junge Mönche: Zu Besuch in drei Klöstern
Was murmelt der Mönch im Chorgestühl? Trägt er auch beim Joggen eine Kutte? Ein Urlaub im Kloster birgt manche Überraschung.
Das Chorgestühl füllt sich. Junge Mönche eilen mit wehenden Habits heran, den Alten macht jeder Schritt Mühe. Es ist 5.15 Uhr in der Früh im Stift Heiligenkreuz vor den Toren Wiens. Draußen wabert der Nebel aus dem Wienerwald herüber und lässt die mächtige romanische Abteikirche wie eine Fata Morgana über den Klostergemäuern schweben. Gut drei Dutzend Ordensleute haben in den knarrenden holzgeschnitzten Chorstühlen Platz genommen. Dann herrscht Stille – bis dieser himmlische Gesang ertönt. Die Heiligenkreuzer Zisterziensermönche stimmen den gregorianischen Choral an – neunhundert Jahre alte Klänge in einem meditativen Auf und Ab. Jeden Tag des Jahres beten sie singend mehrere Stunden und lobpreisen Gott. Wer die uralten christlichen Gebetsgesänge anhören möchte, kann eine ihrer CDs kaufen – oder kommt persönlich ins Stift. Denn nur hier kann man die Mönche live singen hören.
Im Stift Heiligenkreuz ist jeder Übernachtungsgast willkommen, der ein wenig spirituelles Interesse mitbringt und sich für das Klosterleben oder die kulturhistorische Bedeutung des Stifts interessiert. Das kann die Managerin sein, die eine Auszeit sucht, oder der Student vor einer Prüfung. Wer nur ein kostengünstiges Quartier auf der Durchreise braucht, wird auf die örtliche Hotellerie verwiesen. Genächtigt wird in einfachen Gästezimmern oder – wer Glück hat – in einem der opulent ausgestatteten Räume im Kaisertrakt.
Türöffner
Übernachtungsgäste erhalten einen Schlüssel, mit dem sie auf eigene Faust Zugang zur Kirche, zur Sakristei, zum Kreuzgang und dem Kapitelsaal haben. Sehenswert sind auch die theologische Hochschule mit TV-Studio, der Kraftsportraum der Mönche (die im Sportdress trainieren) und das Atelier des Künstlermönchs Pater Raphael.
Über ganz Österreich verteilt findet man zahlreiche Stifte, allesamt Juwelen der Baukunst mit prächtigen Bibliotheken, Marmorsälen und Museen. Die meisten stammen aus dem Mittelalter und wurden im Barock umgestaltet. Heute leben dort vor allem Mönche und Nonnen der Benediktiner-, Zisterzienser- und Augustinerorden. Einen Überblick zu rund dreißig besonders sehenswerten Klöstern, die meisten in Österreich, gibt der Verein Klösterreich auf seiner Website.
Zu Klösterreich zählt auch das Stift Admont, eines der reichsten Klöster Österreichs, gelegen am Fuße des Nationalparks Gesäuse in der Steiermark. Übernachtungsgäste finden hier moderne, komfortable Zimmer und eine hervorragende Stiftsküche. Auch hier kann sich der Klostergast, unabhängig von den normalen Öffnungszeiten, in vielen Bereichen des Stiftsgeländes frei bewegen. Highlight in Admont ist die Klosterbibliothek. Sie gilt mit siebzig Metern Länge und dreizehn Metern Höhe als größte Stiftsbibliothek der Welt – und ist mit ihren spätbarocken Kuppelfresken und Skulpturen, den siebzigtausend vielfach in weißes Schweinsleder gebundenen Büchern und den weiß-goldenen Bücherschränken eine der schönsten.
Teufelsfratzen
Doch dieses architektonische Wunderwerk birgt dunkle Geheimnisse, denen man bei einer nächtlichen Tour auf die Spur kommt. Neben schwebenden Skeletten, flammenumzüngelten Drachenköpfen und Teufelsfratzen entdecken die Besucher Geheimtüren, die als Bücherregale getarnt sind und auf die Galerie führen.
Stift in den Hügeln
Ebenso gastfreundlich wie die Mönche in Admont sind jene im Stift Altenburg im Waldviertel. In beiden Klöstern folgen die Mönche den Regeln des Heiligen Benedikt von Nursia. Und in diesem tausendvierhundert Jahre alten Klosterregularium wird besonderer Wert auf Gastfreundschaft gelegt. „Alle Fremden, die kommen, sollen aufgenommen werden wie Christus“, schrieb der Ordensgründer um das Jahr 540. Das nimmt man im Stift wörtlich. Jeder ist willkommen – ganz gleich, ob er spirituellen Beistand sucht oder durch die bewaldete Hügellandschaft spazieren möchte.
Und Altenburg birgt einen besonderen Schatz. Vor einigen Jahren entdeckte man unter dem barocken Prunkbau aus dem 17. Jahrhundert eine verschüttete mittelalterliche Klosteranlage. Nach und nach wurden uralte Mönchszellen, Kapellen, Skriptorien, gotische Türme und Kreuzgänge von Archäologen ausgebuddelt.
Wer das Glück hat, Pater Michael für eine Führung durch die restaurierte alte Klosteranlage zu gewinnen, dem wird ein besonderer Segen zuteil. Der weltoffene Mönch zeigt Tiefsinn sowie Humor und ist jederzeit zu einem offenen Austausch über Gott und die Welt bereit. Vielleicht gesellt sich dann Abt Thomas hinzu und man genießt den Abend gemeinsam bei einem Gläschen Wein in der stuckverzierten Prälatur. Mit Selbstkasteiung geht ein Besuch im Kloster tatsächlich nicht einher – vielmehr wartet ein wahrhaft himmlisches Vergnügen.
Klösterreich ist ein Verein zur Förderung kultureller und touristischer Aktivitäten von Klöstern, Orden und Stiften. Angebot: Führungen, Konzerte oder auch Auszeit im Kloster. kloesterreich.com
– Stift Heiligenkreuz: Gregorianischer Choral, Künstlermönch Pater Raphael mit Atelier. stift-heiligenkreuz.org
– Benediktinerstift Admont: weltgrößte Klosterbibliothek. stiftadmont.at
– Stift Altenburg: Themengärten und Kunstsammlung. stift-altenburg.at
Übernachtung
Viele Klöster bitten um Spenden, wobei der Gastmeister einen Richtwert nennen kann
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