Asterix-Autor Jean-Yves Ferri: "Er ist das Symbol des Widerstands"
Asterix in Österreich? Bisexualität als Thema? Und warum ist der Gallier in Amerika kein Star? Der Asterix-Autor im Interview.
Jean-Yves Ferri sitzt in einem Zimmer in Paris und lächelt. Das macht der jugendlich wirkende 62-Jährige sehr oft, er wirkt wie einer jener Menschen, die das Leben mit einem gewissen nonchalanten Augenzwinkern nehmen, öfter mit Ironie und Hintersinn, denn als Kampf auf Gedeih und Verderb, und das ist gut so: An den Abenteuern, die der Franzose seit 2013 für Asterix entwirft, erheitern sich Millionen. Der kleine Gallier und sein Dorf erfreuen mit liebevollem Humor, skurrilen Charakteren und – beim Teutates! – einer gehörigen Portion notorischer Aufsässigkeit.
Das verhält sich auch im neuen Band „Asterix und der Greif“ nicht anders, zu dem wir Ferri interviewen. Erneut war er als Szenarist zuständig, sein Landsmann Didier Conrad, der in Texas lebt, für die Zeichnungen. Der Schatten, den die als genial verehrten Urväter von Asterix – Autor René Goscinny und Zeichner Albert Uderzo – dabei bis heute auf die neuen Arbeiten werfen, wird auch im Gespräch sofort spürbar. Jean-Yves Ferri nimmt Platz vor meterlangen und mannshohen Regalen, in denen sich Figuren aus dem Asterix-Universum tummeln: eine Armada an Asterixen, Obelixen und Idefixen im Rücken, die Ferri inspirieren, anspornen, beflügeln – aber auch einen kreativen Druck initiieren, der mit der Verantwortung für den legendären Comic-Charakter einhergeht.
Er war ein sehr eindrucksvoller Mann. Alte Schule, sehr direkt und wie aus einem Guss. Er redete nicht um den heißen Brei herum. Entweder er mochte dich oder er mochte dich nicht. Man wusste es sofort.
Er war in der Lage, die potenzielle Idee zu lesen. Das letzte Mal, als wir ihn getroffen haben, war er wirklich ziemlich müde; es war schwierig für ihn. Aber bis zum Schluss hat er uns beiden viel Respekt und Freundschaft entgegengebracht. Als wir ihn das letzte Mal trafen, stahl er sogar meine Mütze und setzte sie sich auf den Kopf. Ich habe ein Foto davon. Es bedeutet mir sehr viel.
Bei Goscinny war es seine Prägnanz und die Eleganz seiner Geschichten. Es gab nur wenig, dass nutzlos war. Bei Uderzo würde ich sagen, die Energie in seinen Zeichnungen.
Zu viel (schmunzelt). Ich versuche aber, nicht zu sehr darüber nachzudenken, weil mich das in meiner Arbeit behindern würde. Ich erinnere mich erst wieder daran, wenn ich Interviews für ein neues Album gebe.
Anfangs hatten wir nicht unbedingt den gleichen Ansatz, das ist normal. Gerade was den Humor angeht, mussten wir uns erst einmal zusammenraufen und auf etwas einigen. Am Anfang war es schwierig. Jetzt ist es einfacher. Nach einigen Alben kennen wir uns besser. Die Stärke von Goscinny und Uderzo war: Sie ergänzten sich in ihrem Humor, lachten über die gleichen Dinge. Sie hatten eine gemeinsame Vergangenheit, etwas zusammen erlebt, das fehlt uns beiden.
Ich werde Didiers Abwesenheit nutzen, um zu behaupten, dass das natürlich ich bin. Aber im Ernst: Wenn man eine Zeichnung zurückbekommt, die nicht mit dem Szenario übereinstimmt, das ich geschickt habe, erzeugt das natürlich Spannungen. Es ist immer sehr schwierig, Humor zu erklären, besonders in einer E-Mail.
Ich komme aus einer Generation, die mit Comics aufgewachsen ist. Für uns war das ein Tor zum Rest der Welt. Comics waren ein sehr beliebtes und zugängliches Medium, ich habe also viel gelesen. Asterix hat absolut jeden erreicht, auch Intellektuelle. Für mich war es bereits als Bub ein Klassiker.
Dem stimme ich voll und ganz zu. Er ist gegen Autoritäten und vor allem gegen die Unterdrückung. In Frankreich ist Asterix das Symbol dafür, was Widerstand bedeutet. Welche Art von Widerstand das auch sein mag. Manchmal ist es auch der Widerstand dummer Menschen (lacht).
Vorstellen? Ja (lacht). Würde ich ein solches Thema etablieren wollen? Nein. Man könnte das eventuell durch eine zweite Figur thematisieren. Aber im Grunde ist das im Album davor bereits passiert. Es gibt einen Hinweis darauf, dass das Mädchen Adrenaline zwei Väter hat. Aber was Asterix selbst betrifft, so muss er unbedingt seine ursprüngliche Persönlichkeit behalten.
Ich merke, dass dies etwas ist, das den Leuten zu gefallen scheint. Ich lasse ihn nicht wirklich aufgrund seines Intellekts auftreten, eher für seine körperliche Erscheinung. Er ist sexy (lächelt).
Die Liste wird immer kürzer. Aber es gibt noch ein paar Orte in Europa, die man besuchen kann. Auch China wäre eine Möglichkeit gewesen, aber mit der Realverfilmung von Guillaume Canet („Asterix und Obelix: Das Reich der Mitte“), die 2022 in die Kinos kommt, ist das schon vergeben. Es gibt aber auch so eine Reihe von Regionen, die man erkunden könnte.
Warum nicht? Die Herausforderung ist immer, etwas zu finden, das in der Antike passiert ist. Offensichtlich gab es Österreich damals noch nicht als Land. ABER: Man könnte möglicherweise etwas Österreichisches in einer Figur finden, wenn die Handlung in dieser Region spielt.
Ich muss nicht mit Professoren sprechen, mir aber ein Bild der jeweiligen Zeit machen. Für den Band „Der Papyrus des Cäsar“ musste ich mir anschauen, welche Schriften es in der Römerzeit gab, für „Asterix in Italien“ den Zustand der römischen Straßen wissen. Für das neue Album habe ich mich für das Volk der Sarmaten entschieden und eine Region zwischen Russland, Mongolei und Kasachstan. Dazu musste ich studieren, was der griechische Dichter Aristeas von Prokonnesos, der um 600 v. Chr. lebte, über ihre Region zu dieser Zeit geschrieben hat, der mythologische mit historischen Aspekten vermischte.
Auch Uderzo wurde diese Frage mehrmals gestellt, auch er konnte sie nicht beantworten. Er meinte, es sei ein Geheimnis und er könne nicht erklären, warum.
Man kann Erklärungen immer nur erraten. Für die einen ist es, weil David dem Goliath eins auswischt. Für die Franzosen ist es die „Frenchness“, die ihnen gefällt. Aber warum Asterix bei den Deutschen so gut ankommt? Ich glaube, dass die ersten 10 bis 15 Alben mit historischem Hintergrund den Lesern besonders gut gefallen haben. Sie bilden den harten Kern. Diese Bände haben bei den Lesern etwas ausgelöst und eine Zuneigung zu Asterix geschaffen, die das Publikum bis heute fesselt.
Didier lebt in den USA. Und er sagt, dass die Amerikaner sich nicht mit einem kleinen Dorf in Gallien identifizieren können.
Es ist ein ganzes Dorf, ein Volk, eine Kultur, und laut Didier würden sich die Amerikaner wahrscheinlich eher mit den Römern identifizieren: Invasive Menschen, die versuchen, sie zu zivilisieren (schmunzelt).
Ich mag diese Comics, aber ich würde sagen, die Österreicher mögen diese Art von Comics viel mehr als die Franzosen. Ich persönlich bevorzuge Comics, die graphisch und weniger klischeehaft sind.
Ich genieße es natürlich, mir all diese Blockbuster anzuschauen. Aber sie lösen bei mir nicht dasselbe befriedigende Gefühl aus wie beim Ansehen eines Zeichentrickfilms im alten Sinne. Es ist zwar nicht zu vergleichen, aber: Kürzlich habe ich mir im Kino den Science-Fiction-Streifen „Dune“ angesehen. Ich fand den Film schön, aber auf der emotionalen Ebene fehlte mir etwas. Vielleicht war es ja der Humor.
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