Adele Neuhauser & ihr Sohn: „Schön, miteinander Spaß zu haben“
Wenn die Mutter mit dem Sohne: Schauspielerin Adele Neuhauser und Sohn Julian über die Kunst, ihre Freiheit und die Freude, sich auch Albernheiten erlauben zu können.
Sie wurde in Athen geboren und reifte auf deutschen Bühnen zur großen Schauspielerin. Er spielte mit seinen Freunden auf einem Salzburger Jazzfestival schon vor dem US-amerikanischen Avantgarde-Gitarristen Marc Ribot: Adele Neuhauser und Sohn Julian Adam Pajzs. Beide leben für die Kunst, sie in Wien („mit Erkerzimmer“), er in Berlin („mit Stuckdecke“). Via Zoom-Videokonferenz sprechen sie mit der freizeit über ein gemeinsames Projekt, das sie zu Silvester auf die Bühne des Wiener Theater Akzent bringen wird: der so satirische wie musikalische Leseabend „Mythos. Was uns die Götter heute sagen“.
Adele Neuhauser: Ja, witzig, ich im Erkerzimmer ...
Julian Adam Pajzs: Ich sitze unter einem Stuckplafond. Ja, stimmt, das könnte durchaus in derselben Stadt sein. Aber Wien und Berlin haben schon ihr jeweiliges Tempo.
Ja. Das macht das Hin und Her ja auch so inspirierend.
Selbstverständlich. Ich fand’s besonders spannend, wie die Familiengeschichte in dieser geordneten und geballten Form zu lesen war. Memoiren von Jemandem, den man kennt, sind noch einmal extraspannend.
Ich hatte wirklich null dagegen. Umso mehr ist es mir wichtig, dass die Jungs jetzt auch mit mir auftreten können (Anm.: Julians Jazztrio Edi Nulz hat bereits vier Tonträger aufgenommen). Diese Band hat noch nicht die Größe von Sting oder den Rolling Stones, aber wir arbeiten dran (lacht).
Julian: Für die freie Szene waren die letzten Monate eine Katastrophe. Ob Tontechniker oder Künstler, jeder verlor x Jobs, schlimmer kann’s nicht werden.
Julian: Zum Glück bin ich Österreicher, denn ich habe den Eindruck, dass sich Österreich um seine Künstler viel besser kümmert als es in Deutschland der Fall ist.
„Zum Glück bin ich Österreicher. In diesem Land kümmert sich die Politik besser um die Künstler als in Deutschland.“
Als 2004 die ORF-Serie „Vier Frauen und ein Todesfall“ erstmals ausgestrahlt wurde, hat man gefragt: Wo war die Neuhauser die ganzen Jahre? Antwort: Sie war in Deutschland und wurde daher nicht so wahrgenommen. Aber es geht dabei nicht in erster Linie um die Größe, sondern darum, ob man das vermitteln kann, was man als Schauspieler geben möchte. Darum geht’s: Wenn man einen Zuseher oder -hörer erwischt, dann hat man schon etwas geleistet. Und das funktioniert auch auf der kleinsten Bühne.
Adele: Diese Gerda kenne ich mittlerweile auch. Sie ist wirklich ein Fan, sie reist uns überallhin nach. Sie hat auch eine Facebook-Seite über mich eingerichtet. Aber ich muss sagen, so einen innigen Kontakt und Austausch habe ich nicht mit allen.
Danke! Ja, das war ein Wahnsinn. Das habe ich nicht erwartet. Wir waren alle sehr überrascht, dass diese Komödie so einschlägt.
Uli Brée hat auch mit Rupert Henning zusammen die Drehbücher für „Vier Frauen und ein Todesfall“ geschrieben. Daher kannte er mich und wusste, was man einer Bibi Fellner zumuten kann. Im „Tatort“ eingeführt als alkoholsüchtiges Wrack, das ist großartig. Das würde einem anderen Drehbuchautor nicht einfallen, weil der mich nicht schon gekannt hätte.
Nein, gar nicht. Er hat mich damit überrascht, und ich habe nicht eine Sekunde daran herumgekrittelt, weil ich diese Rolle großartig finde.
Kann man so sagen. Es gab viele Angebote meiner Eltern, was ich machen könne. Mein Vater hat Drehbücher geschrieben, Theater inszeniert, auch Filme gemacht, gemalt, Gitarre gespielt. Adele ist großer Jazzfan. Ich habe jetzt in Wien auch ihre alten Platten abgestaubt. Also, ich bin total aufgewachsen mit Kultur. Immer war etwas los. Unser Haus in Polling in Bayern war ein Treffpunkt von Leuten, die laut Musik hörten und feierten.
Adele: Da war eine richtige Musikszene.
Julian: Mit Musik aufzuwachsen, ist schon ein wahnsinniger Vorteil. Aus unserer Nachbarschaft stammt etwa die Indie-Band The Notwist. So etwas spornt an. Also habe ich Musik gemacht. Ich wollte auch etwas mit Film machen.
Adele: Es ist gut, dass er bei der Gitarre geblieben ist.
„Mein Vater sagte, ich soll erst was Anständiges lernen, bevor ich Schauspielerin werde. Als sich Julian für die Kunst entschied, hatte ich null dagegen.“
Ich hätte gerne einmal Frank Zappa getroffen. Er ist vor fast 30 Jahren gestorben, aber sein Humor ist nach wie vor inspirierend, auch musikalischer Natur. Mit einem anderen meiner Idole ist es mir schon gelungen, aufzutreten, mit dem US-amerikanischen Gitarristen Marc Ribot. Beim Jazzfestival in Saalfelden waren wir mit dem Trio Edi Nulz vor ihm dran.
Nein. Das ist wie bei der britischen Komikertruppe Monty Python ein Fantasienamen. In unserer Fantasie gibt es ein Dorf namens Krachberg. Das kann man sich als ein altes Klosterdorf vorstellen, das von einem Ritter namens Edi Nulz gegründet worden ist.
Julian: Wir machen das schon seit sechs Jahren.
Adele: Dieser lange Zeitraum hat sich ergeben, weil es so schwierig ist, mit mir zusammenzukommen. Wir suchen immer einen freien Moment, damit wir auf Tour gehen können. Urlaub zu machen, ist daher bei uns nicht so drinnen. Aber das Touren ist ein Urlaub, ein geistiger. Für mich zumindest. Mit meinem Sohn und den Burschen aufzutreten, ist auch ein irres Geschenk. Vergleichbar nur mit der Begegnung mit Harald Krassnitzer. Ich muss dazu sagen: Ich kann selten so gut spielen wie mit ihm. Und so ist es auch bei der Band Edi Nulz mit Julian. Die sind so homogen. Das alleine ist schon ein Geschenk. Bei Musikern ist es sowieso anders, die können schneller miteinander improvisieren oder zueinander finden als Schauspieler.
Nein. Ich werde vortragen, nicht singen. Unser Programm „Mythos. Was uns die Götter heute sagen“ ist eine musikalische Lesung. Zugleich ist es eine Reise zu meinen griechischen Wurzeln. Ich wurde ja in Athen geboren. An diesem Abend aber erzähle ich nicht aus meiner Kindheit, sondern ich lese aus der komischen und zügellosen Adaption der antiken Sagenwelt durch den britischen Kultautor Stephen Fry.
Zum Glück. Denn so musste ich etwas unternehmen. Man sollte nicht meinen, wie viel über die Stimme transportiert wird. Diese Stimm-OP hat dann endlich bewirkt, dass ich die Person geworden bin, die ich immer schon gefühlt habe, die ich aber nie ausdrücken konnte. Jetzt kann ich modulieren. Jetzt bin ich eine Frau geworden.
Es klingt sehr lustig. Aber das ist irgendwann nicht mehr witzig. Es ist schlimm, wenn nur mehr dumpfe Krächzer aus dem Mund kommen.
Julian: Umso mehr Spaß werden wir nun auf der Bühne haben.
Adele: Genau. Es ist ein schönes Gefühl, dass man sich darauf freut, gemeinsam Spaß zu haben.
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