Bademode: Wie knapp kann es noch werden?

Trotz Body-Positivity-Bewegung meidet jede zweite Frau aus Scham den Gang ins Freibad, zeigt eine aktuelle deutsche Umfrage.

Wer schon einmal versucht hat, im grellen Licht einer Umkleidekabine einen passenden Bikini zu finden, weiß: Mit der unbeschwerten Sommerfreude kann es ganz schnell wieder vorbei sein. Der Stoff zwickt, quetscht oder schnürt ein, das Oberteil passt nicht zum Unterteil, ist zu groß oder zu klein geschnitten.

Letzteres ist vor allem bei Bikinihosen immer häufiger der Fall. Die Stoffflächen scheinen von Jahr zu Jahr kleiner zu werden, was sich nicht nur in den Geschäften, sondern auch in den Freibädern manifestiert: Während "Oben ohne" völlig aus der Mode gekommen ist, zeigen sich vor allem jüngere Frauen vermehrt in tangaähnlichen Mini-Höschen mit hohem Beinausschnitt, der mehr als die Hälfte der Po-Backen freilässt. Das kannte man bisher nur von brasilianischen Stränden.

Po-Hype dank Instagram

Der Eindruck täuscht nicht, bestätigt Rosmarie Rotter, Verkaufsleiterin beim Wäscheunternehmen Palmers. "Gerade die Generation Z steht für den Trend des Micro-Bikinis mit High-Waist-Schnitten. Der Trend zu hochgeschnittenen Bikinihöschen spiegelt sich auch bei uns in der Nachfrage und in der Kollektion wider."

Rosmarie Rotter ist Head of Sales bei Palmers

©Palmers Textil AG

Der Trend entstand dort, wo die meisten Strömungen ihren Ursprung haben: in den sozialen Medien, insbesondere auf Instagram. Seit die Kardashian-Schwestern dort vor etwa zehn Jahren erstmals ihre prallen Hinterteile in die Handykameras streckten, folgen Heerscharen an Influencerinnen und "Instagram-Models" ihrem Beispiel. Neben dem Hype um Po-Work-outs schoss auch die Nachfrage nach formgebenden "Brazilian Butt Lifts" (BBL) europaweit in die Höhe.

"Dazu kommt der große und wichtige Trend der Body Positivity - sich im eigenen Körper wohlzufühlen. Es gibt kein zu dünn, zu dick, zu klein oder zu alt. Jede Frau ist sexy", sagt Rotter. Dass das Ziel der Body Positvity - also seinen Körper mit all seinen vermeintlichen Makeln liebevoll bis neutral anzunehmen - noch lange nicht erreicht ist, offenbarte unlängst eine Studie aus Deutschland, die von der Online-Arztpraxis Zava in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Appinio durchgeführt wurde. 

61 Prozent trauen sich nicht ins Bad

Fast 60 Prozent sind demnach mit ihrer Figur unzufrieden, wobei der Anteil bei den Frauen fast doppelt so hoch ist wie bei den Männern. Drei Viertel der Frauen tragen im Sommer bewusst weite Kleidung. Und ganze 61 Prozent haben - aus Unwohlsein wegen ihres Gewichts - schon mindestens einmal das Freibad gemieden. Bei einer anderen, aktuellen Erhebung der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie gab jeder fünfte 18- bis 30-Jährige an, dass Social-Media-Posts den Wunsch nach persönlicher, optischer Veränderung bestärken.

Internationale Wäschelabels setzen daher verstärkt auf Diversität und weniger Retusche in ihren Werbekampagnen. Auch Palmers wirbt aktuell unter dem Slogan "Sexy, not sorry" mit Frauen verschiedener Altersklassen und Körperformen. Die Resonanz auf die Werbeplakate sei sehr gut, berichtet Rotter - jedenfalls in der weiblichen Zielgruppe. "Teilweise gibt es ein richtiges Aufatmen, dass wir so unterschiedliche Frauen zeigen", so die Verkaufsexpertin. "Wieso auch sollte sich eine Frau entschuldigen, weil sie älter ist oder keine Modelmaße hat? Dass sich natürlich einige Männer eine Rückkehr der 90er-Jahre-Supermodel-Kampagne wünschten, war uns bewusst. Unsere Kampagne richtet sich an Frauen, und die entscheiden, wie sie sich sexy fühlen." Im Idealfall unabhängig vom Stoffanteil ihrer Bikinihose.

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