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Anna Wintour geht und bleibt doch die mächtigste Frau der Modewelt

Vogue-Chefin Anna Wintour tritt ab und bleibt doch die mächtigste Frau der Modewelt.

Am Donnerstagmorgen ging im One World Trade Center in New York eine Ära zu Ende. In den Büros der Vogue schockte Langzeitchefin Anna Wintour ihre Mitarbeiter damit, dass sie ihren Abschied als Chefredakteurin der US-Ausgabe verkündete.

Unter Wintours fast 40 Jahre langer Führung wurde der Titel der Vogue-Chefredakteurin gleichbedeutend mit „Queen of Fashion“. Bei jeder wichtigen Modenschau war ihr der beste Platz in der Front Row sicher, ihre Anwesenheit adelte jedes Fashionevent.

Ihr streng gestylter Pagenkopf und ihre großen Sonnenbrillen wurden zu unverwechselbaren Markenzeichen. Schon früh bekam Wintour den Spitznamen „Nuclear Wintour“, angelehnt an den Nuklearen Winter nach einem atomaren Fallout, verpasst. Man sagt ihr nach, dass sie Unpünktlichkeit und Inkompetenz nicht verzeiht, sie selbst erscheint laut Insidern zu Fashion Shows immer eine halbe Stunde früher.

Vogue als Währung

Wintour brachte Schauspieler, Popstars und Politiker auf das Titelblatt der Vogue. Die Prinzessinnen Kate und Diana, Rihanna und Beyoncé zierten es ebenso wie die ukrainische Präsidentengattin Olena Zelenska und die US-First-Ladys Michelle Obama und Jill Biden. Unter Wintours Führung wurde ein Vogue-Cover zur Währung, das von Washington bis Hollywood und in allen Modemetropolen Türen öffnet.

Wintour förderte aufstrebende Designer und war für den Erfolg von unter anderem Alexander Wang und Proenza Schouler verantwortlich. 

Seit 30 Jahren organisiert sie auch die Met Gala in New York und machte sie zum begehrtesten Fashion Red Carpet des Jahres, bei dem heuer 31 Millionen Dollar Spenden lukriert wurden.  

"Der Teufel trägt Prada" bis "Die Unglaublichen" - Wintour hinterlässt ihre Spuren überall

Kultstatus erlangte Anna Wintour, weil ihre Ex-Assistentin per Buch („Der Teufel trägt Prada“) abrechnete. Meryl Streep bekam für ihre Rolle in der Verfilmung einen Golden Globe, Wintour selbst kam zur Premiere der Musical-Adaption in Prada. 

Wintour soll auch die Inspiration für Edna „E“ Mode, Designerin der Superhelden in „Die Unglaublichen“, sein. 

Selbst Johnny Depp brachte seine Version von Wintour auf die Leinwand – als  Willy Wonka in „Charlie und die Schokoladenfabrik“. 

Die 75-Jährige mit englischen und US-amerikanischen Wurzeln stammt aus einer Journalisten-Familie. Ihr Vater war während ihrer Kindheit Chefredakteur des London Evening Standard, ihr Bruder ist ebenfalls Journalist. 

Anna Wintour selbst begann im Jahr 1983  beim Condé-Nast-Verlag, fünf Jahre später wurde sie Vogue-Chefredakteurin. Seither wurde schon oft über ihr Ende beim Modemagazin spekuliert, doch jeder als Nachfolger gehandelte Konkurrent verließ das Unternehmen lang vor ihr.

„All-in-Moment“

Sie habe seit einer langen Zeit über den Schritt nachgedacht, sagte Wintour laut New York Times am Donnerstag vor versammelter Vogue-Belegschaft. Sie sagte sinngemäß, sie werde nicht zum weißen Elefanten werden, der ohne Tätigkeit im Konzern bleibt, und habe nicht vor, ihr Büro zu räumen. „Das ist mein All-in-Moment im Unternehmen.“

Es wird nie eine bessere, berühmtere oder längerdienende Vogue-Chefredakteurin als Anna Wintour geben. Die Stelle wird nämlich abgeschafft. Es ist also kein Abgang, sondern maximal ein halber Schritt zurück, ohne die Kontrolle abzugeben. 

Ihre Stelle wird mit einem „inhaltlichen Leiter der Redaktion“ nachbesetzt. Und wem gegenüber muss sich die Person, die den neuen Posten bekommt, verantworten? Anna Wintour. Sie bekleidet weiterhin die Posten des „Global Editorial Director“ und des „Chief Content Officer“ für Condé Nast. Damit ist sie für alle Vogue-Ausgaben weltweit und die Inhalte von Magazinen wie Wired, Vanity Fair und GQ verantwortlich. 

Dass der Vogue-Chefredakteursposten mit ihrem Abgang verschwindet, mag eine formale Wortklauberei sein, wird aber zur Legendenbildung beitragen.

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Anna Wintours erstes Vogue-Cover im November 1988

©Vogue

Wintours erstes Vogue-Cover - eine Revolution

Als das erste Titelblatt unter der damals neuen Chefredakteurin Anna Wintour Ende 1988 in der Druckerei ankam, fragten die Drucker nach, ob die falsche Seite geschickt wurde. 
Unter Wintour-Vorgängerin Grace Mirabella wurden die Cover-Models stets voll geschminkt, mit auffälligem Schmuck behängt und im Studio in Szene gesetzt.

Fotograf Peter Lindbergh hingegen lichtete Model Michaela Bercu in natürlicher Haltung ab. Zur 10.000-Dollar-Jacke von Christian Lacroix trug sie eine Jeans. Zum ersten Mal in der Geschichte des Magazins schaffte es die Hose aufs Cover –  eine Revolution.  „Ich habe mir das Bild angeschaut und spürte den Wind der Veränderung“, erinnert sich Wintour Jahre später. 

Über Marianne Lampl

Digital Producer bei freizeit.at, dem Digitalformat der KURIER freizeit. Geboren im Burgenland, für den Besuch einer Kunstschule mit 13 Jahren nach Wien gekommen. Studierte dann Jahre später in Graz doch Journalismus und arbeitete schließlich in Wien beim ORF, bei Heute und PULS24.at, unter anderem als Ressortleiterin für Szene, Lifestyle, Entertainment und Kultur. Seit 2024 bei freizeit.at.

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