Mode zum Mieten

Mode zum Mieten: Wie das funktioniert und worauf man achten sollte

Kostet weniger, erhöht die Vielfalt im Kleiderkasten und ist auch noch nachhaltig. Immer mehr Menschen tauschen, teilen und mieten, was sie anziehen.

Wieso wenig besitzen, wenn man stattdessen viel zur Auswahl haben kann? Das Motto der Sharing Economy ist seit Jahren auf Erfolgskurs. Man schläft über Airbnb in fremden Häusern, teilt über ShareNow mit Fremden den Pkw, braucht dank Netflix oder Amazon keine DVDs mehr. Und nun erreicht das Konzept der Kurzzeitmiete auch den Kleiderkasten.

Als Iryna Domann vor zehn Jahren ihr Hochzeitsatelier Irvalda in Wien-Hernals eröffnete, kam maximal einmal im halben Jahr eine Kundin, die ein Kleid ausleihen wollte – heute ist das Vermieten ihr Hauptgeschäft. „Die Kunden wollen weiterhin ein schönes Kleid, aber sie möchten nicht so viel Geld ausgeben“, sagt sie. Und so bekommt das ausgewählte Kleid für 50 Prozent des Kaufpreises zuzüglich 99 Euro Reinigungsgebühren nur für kurze Zeit ein neues Zuhause.

Domanns Kunden sind keine Ausnahme. 16 Prozent der Österreicher zwischen 16 und 75 Jahren haben laut aktueller Integral-Studie Kleidung schon einmal ge- oder vermietet. Besonders beliebt ist das bei den unter 30-Jährigen. Hier hat mehr als jede dritte Person einmal Kleidung geteilt.

In den Kleidern der Stars

Auch Stars setzen immer öfter auf diesen Trend: Vor rund einem Jahr, berichtete der Guardian, trug Prinzessin Catherine beim Earthshot Prize in Boston ein lindgrünes Solace-Kleid, das sie bei der Plattform Hurr für 74 Pfund gemietet anstatt für 350 Pfund gekauft hat. Auch Schauspielerin Priyanka Chopra Jonas oder Kourtney Kardashian haben sich als Fans der Mietmode deklariert.

Doch zum einmaligen Ausborgen kommt ein weiterer Trend. Für Designerin Sabinna Rachimova, die in Wien und London lebt, kam das Konzept bei ihrem Baby so richtig zum Einsatz. "Als Fashion-Mama ist es verführerisch, das eigene Kind schön einkleiden zu wollen. Aber mein Baby wächst so schnell, dass sie Kleidung oft nur ein, zwei Mal anziehen kann." Wie wunderbar wäre es, dachte sie, die zu kleine Kleidung gegen passende Modelle auszutauschen. Und tut das nun – über Bundlee.

Dienste wie die englische Marke Bundlee für Babykleidung oder die deutsche Modami für Erwachsene, versuchen, Kleidung länger und intensiver im Umlauf halten.

Gegen einen monatlichen Betrag bekommt Sabinna bei der Plattform 15 Kleidungsstücke zugeschickt. Ist ihr Kind herausgewachsen oder braucht Sabinna leichtere Kleidung für den Urlaub, erhält sie 15 neue Produkte und schickt die alten zurück. „Und man muss theoretisch nicht einmal die Avocadoflecken rauswaschen.“

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Kaum getragen im Müll

Natürlich geht es nicht nur um die Reinigung. Alleine in Österreich werden laut einer Umfrage von Greenpeace und der Arbeiterkammer Wien 185 Millionen Kleidungsstücke nie oder maximal viermal im Jahr getragen. Während weltweit jährlich 100 Milliarden Kleidungsstücke produziert werden, landen 92 Millionen Tonnen Kleidung im Müll. Dramatisch ist das auch, weil die Textilbranche für zehn Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich ist.

Doch bei vielen Österreichern ist der Kleiderkauf hauptsächlich monetär orientiert: Obwohl sich 86 Prozent der befragten Österreicher bewusst sind, dass Fast Fashion die Umwelt belastet, lassen weniger als die Hälfte ihre Kaufentscheidung davon beeinflussen.

Hier tritt das von Sabinna Rachimova 2023 mitgegründete Kollektiv "Fashion Revolution Austria" auf den Plan. Mit Events – wie etwa während der Fashion Revolution Week Mitte April – versuchen sie, Transparenz und Verantwortung in der Modeindustrie zu schaffen. "Wir sind uns bewusst, dass es zum Beispiel auch Kritik an der Modemiete gibt." Denn durch das viele Reinigen und Versenden, argumentieren Gegner, würde der Fußabdruck wachsen. „Aber das ist typisch für die Modebranche. Etwas Neues wird getestet, aber oft zu schnell kritisiert, unter anderem auch, weil es zu wenig echte Zahlen gibt."

Selbst wenn die Miete am Ende nicht die Lösung ist, bleibt es wichtig, an neuen Konzepten zu arbeiten. Damit die Kleidung nicht im Kasten oder im Müll landet. Sondern am Körper.

Anna-Maria Bauer

Über Anna-Maria Bauer

Wienerin und Weltenbummlerin. Leseratte und leidenschaftliche Kinogeherin. Nach Zwischenstopps in London und als Lehrerin in der Wien-Chronik angekommen. Interessiert an Menschen, die bewegen, begeistern oder entsetzen; an ungewöhnlichen Ideen und interessanten Unmöglichkeiten. "Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit, nichts ist exotischer als unsere Umwelt, nichts ist phantasievoller als die Sachlichkeit." Egon Erwin Kisch: Der rasende Reporter.

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