Geschichte der Flipflops: Wo Zehensandalen spuken können

Milliarden der billigen Zehensandalen sind auf der Welt im Umlauf. Schon die Alten Ägypter und Römer liebten ihre Zehensandalen.

Flipflops kennen keine Klassen und keine Grenzen. Man trägt sie in einer brasilianischen Favela genauso wie in einem überteuerten Beach Club. Der Präsident einer Amateur-Fußballmannschaft ebenso wie der US-Präsident. Barack Obama wurde im Urlaub in den Badesandalen fotografiert.

Das namensgebende Geräusch von Flipflops auf heißem Asphalt ist der inoffizielle Soundtrack des Sommers. Unzählige dieser Kunststoffdinger werden jedes Jahr verkauft. 

Drei Milliarden Havaianas

Allein Havaianas, die weltgrößte Flipflop-Marke, hat seit 1962 rund drei Milliarden Stück abgesetzt – 200 Millionen sind es mittlerweile pro Jahr.

Dazu sind Flipflops Grenzgänger: Sind diese aus Sohle und Halterung bestehenden Badesandalen noch Schuhe? Gleichzeitig sind sie eine der Sandalen-Urformen der Alten Ägypter.

Vermutlich gibt es sie schon seit 4.000 vor Christus. Sie tauchen auf Wandmalereien auf und wurden meist aus Papyrus, Palmblättern und Stroh hergestellt. Die Pharaonen trugen juwelenbesetzte Modelle.

Im Grab des Tutanchamun fanden Howard Carter und sein Team 93 Teile von Sandalen. Das Times Magazine schrieb laut einer Tutanchamun-Ausstellung in den Zwanzigerjahren: „... ich erwarte, dass wir in ein paar Jahren unsere smarten Ladys in mehr oder weniger ähnlichem Schuhwerk sehen werden, das von diesen wunderbaren Dingen absolut inspiriert worden ist.“

Flipflops wegen zu heißer Böden im Alten Rom

Auch die Alten Römer schlüpften gerne in die Sandalen. Vor allem, wenn sie die Thermen besuchten. Der Boden dort war ziemlich heiß. Nicht umsonst haben die Römer eine Hochkultur aufgebaut. Sie waren aber nicht nur Blitzgneißer, sondern auch extravagant. Das Römisch-Germanische Museum in Köln zeigt Flipflops aus Glas, die sich eine reiche Dame wohl als Auftragsarbeit zugelegt hatte. Sogar Parfüm konnte in die Sohlen gefüllt werden.

Mit Riemen zwischen den Zehen waren auch die japanischen Holzsandalen Geta ausgestattet, die zu traditioneller Kleidung wie dem Kimono getragen wurden. Sie waren für feierliche Anlässe gedacht. Ein japanisches Sprichwort sagt: „Eine Schlacht ist erst vorbei, wenn man die Geta wieder angezogen hat“. Sagt zumindest Wikipedia.

Plateau-artige Holzsandalen mit zwei Holzpfköcken auf der Sohle.

Japanische Geta-Sandalen

©Getty Images/iStockphoto/y-studio/istockphoto

Gemütlicher sind die nicht minder traditionellen Zori aus geflochtenem Stroh. Sie sind laut Neue Zürcher Zeitung (NZZ) in Japan deshalb so verbreitet gewesen, weil man dort immer die Schuhe auszieht, bevor man ein Haus betritt. Und das Binden und Lösen der Schuhe war wohl zu mühsam.

Zori können aber auch unangenehm werden: Dann nämlich, wenn sie sich in Bake-zōri, den spukenden Grasschuh, verwandeln. Nach altem japanischem Volksglauben erwacht so eine Sandale zum Leben, wenn sie ihren 100. Geburtstag erreicht. Und obwohl schon in die Jahre gekommen, ist das Schuhwerk dann ziemlich agil. 

Zori bekommen Arme und Beine

Es bekommt zwei Arme und zwei Beine und spukt nachts durchs Haus. Wie gut, dass es kaum Zehensandalen gibt, die ein derart stolzes Alter aufweisen. Verschleiß beugt bösen Geistern vor.

Amerikanische und australische Soldaten ließen sich davon nicht abschrecken – oder kannten die Geschichten nicht. Sie brachten nach Ende des Zweiten Weltkriegs die Zori-Sandalen, die später auch aus Gummi gefertigt waren, aus Japan mit nach Hause.

Dort bekamen sie bunte Farben und ein kleines Re-Design verpasst. In den 1960er-Jahren schlüpften immer mehr Menschen an den Stränden Kaliforniens in Sandalen. Die Hippies, die sich von vielen Zwängen befreiten – auch von dem der drückenden Schuhe –, liebten die Sandalen. Die brasilianische Firma Alpargatas brachte zur selben Zeit die Havaianas auf den Markt. Sie waren billig und damit auch in den Armenvierteln des Landes erschwinglich.

Jennifer Lawrence in Flipflops am Roten Teppich

Mittlerweile schaffen sie es sogar auf den Laufsteg und in die Welt der Luxusmode. Im vergangenen Jahr zeigte sich Jennifer Lawrence mit roter Traumrobe auf dem roten Teppich in Cannes. Doch das Auffälligste waren ihre Flipflops, die sie darunter trug. „Nervige und auch gefährliche Stolperer, wie sie ihr schon bei öffentlichen Auftritten passiert waren, konnte die Oscarpreisträgerin so vermeiden“, analysierte die Gala.

Eine Stiege mit rotem Überzug. Darauf die Schauspielerin Jennifer Lawrence mit Flipflops.

Jennifer Lawrence trug in Cannes Flipflops unterm Abendkleid.

©REUTERS/ERIC GAILLARD

Aber ob billig oder teuer: Der Klang ist und bleibt entscheidend. In den USA wird alljährlich der Nationale Flipflop-Tag begangen. Hier werden „ausschließlich Schuhe anerkannt, die beim Gehen einen Flipflop-Sound erzeugen und auf die Fußsohlen schlagen, wenn wir zum Strand oder zum Pool gehen“.

Nichts für lange Märsche

Sie sind zwar für kurze Zeit angenehm zu tragen, aber für lange Fußmärsche eher ungeeignet. Wie der britische Independent einmal berichtete, muss der staatliche Gesundheitsdienst jährlich fast 50 Millionen Euro für die Behandlung von Verletzungen ausgeben, die durch das Tragen von Flipflops verursacht werden. In Großbritannien würden 200.000 Menschen pro Jahr über Probleme im Zusammenhang mit Flipflops klagen oder im Krankenhaus landen.

Falsches Schuhwerk kann Ischias-Schmerzen auslösen – und auf Ischia zu schmerzlichen Geldbußen führen. Der Bürgermeister der Stadt Forio auf der süditalienischen Insel findet die Flipflops offenbar unästhetisch. Er hat kürzlich das Tragen von Badeschlapfen nebst Badehosen in den Gassen der Stadt verboten. Verstöße können bis zu 500 Euro kosten.

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember 2020 über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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