Birkenstock plant Börsengang: Der Hype um den Schlapfen
Birkenstock erlebt einen ungebrochenen Erfolg: Der Aufstieg von der unbeachteten Öko-Sandale zum modischen It-Piece.
Es gibt kaum ein Kleidungsstück, das so stark polarisiert wie die Birkenstock-Sandale: Die einen verteufeln sie als schrecklichen Öko-Schlapfen, die anderen feiern sie als bequemes und vor allem modisches Statement-Stück. Sogar Barbie musste sich im Kinofilm zwischen High Heels und den braunen Sandalen entscheiden. Während sie zu Beginn noch empört im „Birkenschock“ auf ihre Pumps besteht, verlässt sie zum Schluss erhobenen Hauptes in den Gesundheitstretern das Barbieland in Richtung realer Welt. Auch für Tech-Ikone Steve Jobs zählten die Schuhe jahrelang zur Standard-Uniform. Vergangenes Jahr kam sein getragenes Paar in den USA unter den Hammer: Ein Fan zahlte 220.000 Dollar für die ausgetretenen braunen Schuhe, die definitiv schon bessere Zeiten gesehen haben.
Die Marke Birkenstock feiert gerade ihren größten Erfolg und hat ihr Öko-Image längst abgestreift. Die Google-Suchanfragen stiegen nach dem Auftritt im Barbie-Film zeitweise um 225 Prozent und erst kürzlich wurde der Börsengang angekündigt. Aber wann wurden die Sandalen zum Kult-Objekt?
Der Schuh gegen Fußleiden
Schuhmacher Johann Adam Birkenstock aus Langen-Bergheim, einem kleinen Ort in Hessen in Deutschland, konnte im Jahr 1774 diesen Hype natürlich nicht voraussehen. Sein Nachkomme, Konrad Birkenstock, hat im Jahr 1896 in seiner Frankfurter Schusterwerkstatt an einer Neuheit getüftelt. Er wollte in seinen geschlossenen Schuhen statt der üblichen flachen Einlage ein gewölbtes, der natürlichen Form des Fußes angepasstes Fußbett, einarbeiten. Birkenstock glaubte an einen Schuh, der den Fuß stärkt, und bewarb seine Erfindung in Deutschland und Österreich.
Doch erst sein Enkelsohn führte Jahrzehnte später das damals entworfene Birkenstock-Fußbett zum kommerziellen Erfolg. Auch heute noch muss das Fußbett den hohen Standards des Unternehmens entsprechen: Die Maße dürfen nicht verändert werden. Gegen Fälschungen wird strikt vorgegangen, auf Onlineplattformen wie Amazon sind die Schuhe nicht erhältlich.
Grünes Öko-Image
Lange Zeit mussten die Sandalen mit dem Etikett „Hässlich“ leben. Die heute so gehypten Modelle „Madrid“ und „Arizona“ kamen in den 1960er-Jahren auf den Markt – doch für sexy befand man sie damals nicht. Denn die breiten Sandalen – vorwiegend in Beige- und Schlammtönen – wurden nur in Reformhäusern verkauft, daher stammt auch das so lange Zeit noch anhaftende Öko-Image. Erst im Jahr 1990 wurden sie erstmals mit Mode in Verbindung gebracht. Das britische Modemagazin „The Face“ veröffentlichte eine Fotostrecke mit Kate Moss, die nur ein Shirt, eine Bikinihose und weiße Birkenstocks trug. 1993 schickte Marc Jacobs Models für die Marke Perry Ellis in Birkenstocks und Karohemden über den Laufsteg. Der Grunge-Look wurde geboren.
Designer-Sandale
Richtig in der High Fashion ist Birkenstock im Jahr 2012 angekommen. Die damalige Celine-Designerin Phoebe Philo entwarf die sogenannten „Furkenstocks“ – das waren mit Pelz gefütterte Sandalen, die sehr an Birkenstocks erinnerten. Labels wie Giambattista Valli, Givenchy und Isabel Marant orientierten sich daran und nahmen die Zweiriemer-Sandalen ebenfalls ins Sortiment auf. Birkenstock setzte Trends.
Heute macht das Unternehmen selbst mit großen Namen wie Rick Owens, Proenza Schouler oder Dior gemeinsame Sache. Stars und Fashionistas rund um den Globus schätzen die bequemen Schuhe. So sieht man Schauspielerin Jessica Alba, Kate Hudson oder Model Alessandra Ambrosio gerne im legeren Freizeitlook mit dem „Arizona“-Modell. Mit Birkenstocks wird jedes schicke Outfit eine Spur lässiger. Das wissen auch die Stars abseits der roten Teppiche zu schätzen.
Nach dem großen Hype soll nun also als nächster Schritt der Gang an die New Yorker Börse folgen, es soll ein Höhepunkt in der fast 250-jährigen Firmengeschichte werden. Oliver Reichert ist der erste familienfremde CEO des Unternehmens und hält trotz des Erfolgs an der bewährten Tradition fest: „Wir haben schon immer die gleiche Mission gehabt: Qualität und Funktion.“
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