Und nach dem Sex; Für Momente den Augenblick umarmen

Vorspiel? Kann (fast) jeder. Aber was ist nach dem Sex – und wie beherrscht man die Kunst des Nachspiels?

Worüber viel geredet wird: das Vorspiel. Wie wichtig es ist, damit beide in Fahrt kommen und die Sehnsucht nach Vögeln schließlich keine Grenzen mehr kennt. Fantasie ist gefragt, und Einfühlungsvermögen. Was aber passiert nach dem Sex, beziehungsweise, was sollte idealerweise folgen, damit’s schön rund wird?

Das Nachspiel also.

Da wären wohl ein paar gute Rituale angesagt, es schreit nach fantasievollen Ideen. Natürlich kann’s schon einmal vorkommen, dass es da jemand eilig hat, kommt und gleich danach geht: „Super war’s, aber jetzt habe ich zu tun. Bussibussi.“ Manche Männer wiederum können gar nicht anders und kippen nach dem Ejakulieren akut schnarchend ins Koma, während sie schnell aufs Klo und danach unter die Dusche huscht, um ja keine Blasenentzündung zu bekommen. Nichts dagegen zu sagen und sicher auch wichtig. Aber was spricht dagegen, das Danach zärtlich zu verlängern? Es zu zelebrieren, zu bleiben, feiern, zu genießen? „Nachspiel: Wie man den Augenblick umarmt“, nannte die legendäre Sex-Therapeutin Ruth Westheimer ein Kapitel in ihrem Buch „Sex für Dummies“ sehr schön. Aus ihrer Sicht ist das Nachspiel „so einfach, dass es wirklich keine Entschuldigung gibt, es nicht zu tun“. Jeder, der sich weigert, in diesem Punkt dazuzulernen, ist aus ihrer Sicht ein „Trottel“.

Manche Männer wiederum können gar nicht anders und kippen nach dem Ejakulieren akut schnarchend ins Koma, während sie schnell aufs Klo und danach unter die Dusche huscht, um ja keine Blasenentzündung zu bekommen.

Starke Worte, aber nicht ganz falsch. Zumal wir sowieso im Nonstop-Beschleunigungs- und Multitasking-Modus leben und viele Menschen sofort nach dem Geschlechtsverkehr zum Handy greifen, um zu schauen, ob eine WhatsApp von der Mama, dem Peppi-Onkel oder der besten Freundin gekommen ist. „Technisch ist das Nachspiel nichts Besonderes. Wir reden hier nicht über Raketenwissenschaften. Wir sprechen noch nicht einmal davon, wie man Papierflugzeuge bastelt“, schrieb Westheimer weiters. Es sind die simplen Dinge: einander in den Arm nehmen, ein bisschen plaudern (idealerweise nicht über Börsenkurse und den Großeinkauf im Supermarkt), da sein. Männer sind besonders gefordert. Weil Frauen länger brauchen, um – nach dem Orgasmus, in der „Auflösungsphase“ also – wieder in einen normalen physischen Zustand zu kommen. Männer sind Raketen in Sachen Erregung, die Frau hingegen Bummelzüge, wenn’s darum geht, wieder runterzukommen. Und ja, da kann es durchaus sein, dass er längst schon wieder das aktuelle Fußballspiel im Kopf hat, während sie sich nach noch einer Nummer sehnt.

Rein physiologisch geht das so: Nachdem der Mann einen Höhepunkt hatte, schrumpft sein Penis wie ein Ballon mit Loch. Der Herzschlag beruhigt sich rasch, die Erregung geht so schnell sie gekommen ist. Dazu haben die Sexforscher „Masters and Johnson“ in den 1950er- und 60er-Jahren Studien gemacht. Es zeigte sich, dass Frauen signifikant längere Zeit als Männer benötigen, um sich wieder zu erden. Sie liegen da und sind nach-geil, sie „sonnen sich im Glanz des Orgasmus“, wie es Westheimer anschaulich formuliert. Manche kippen sogar in eine gewisse Melancholie, den „Post-Sex-Blues“. Sinnierend nach dem Sex – was für eine interessante Vorstellung und vor allem eine Chance für Tiefe. Für Innigkeit, Hinwendung und Eintauchen ins Gegenüber. Ein guter Moment, um gemeinsam Stille zu erleben – und die umwerfenden Folgen der Lust. In dieser Phase tiefer Entspannung und Zufriedenheit sind die Sterne zum Greifen nah, man fühlt sich dem Partner sehr verbunden. Und eine wunderbare Zeit, um gemeinsam zu lachen und sich zeitlos zu fühlen. Wo doch gilt: Nach dem Sex ist vor dem Sex.

Aufklärung

Ein wirklich lässiges Buch für Jugendliche hat das Team „Jugend gegen Aids“ verfasst. „FAQ You“ ist ein übersichtliches Nachschlagwerk mit guten Illustrationen, das nicht wissenschaftlich rüberkommt, sondern sympathisch und nahbar. Es hantelt sich an typischen „Frequent Asked Questions“ entlang, von Fragen wie „Was ist Sex?“ über Notfallverhütung bis zum wichtigen Thema „Muss ich das?“. Empfehlenswert.

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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