Gute Pornos, schlechte Pornos: Schau mal, wer da stöhnt
Viele Pornos sind stupid. Und verkörpern nach wie vor den rein männlichen Blick. Wie gut, dass es nun immer mehr Anbieter gibt, die faire und feminin-feministische Erotikfilme produzieren.
Filme, Bilder und Worte können sexuell stimulieren – das ist Fakt. Darauf beruht das Geschäftsmodell der Pornografie, turboartig beschleunigt durch das Internet. Der klassische Mainstreamporno ist nach wie vor geprägt durch den männlichen Blick, den „male gaze“, wie es in der Branche heißt. Er hievt Frauen in die Rolle des Objekts, das Männer befriedigen soll. Dabei reduziert sich am Ende alles auf das eher schlichte Konzept „vögeln, blasen, spritzen“, lustiger wird’s nimmer. Dazwischen das große Geilheitsabjammern: Ja, ja, oh, ah. Die gute Nachricht: Da ändert sich gerade was – langsam, aber immerhin. Immer mehr wirklich gute Pornos fluten den Markt. Gut im Sinne von fair, im Sinne der Vielfalt, menschlich – einfach anders. Und vor allem aus Sicht des weiblichen Blicks, des „female gaze“.
Leicht erregbar
Okay, jetzt kann man sagen: Die Frau will das doch auch, diese Einsicht in die männlich-machtvoll geprägte Begierde. Die 100 Millionen Besucher, die große Pornowebsites täglich verzeichnen, sind wohl nicht nur Penisbesitzer. Außerdem ist’s nur ein Film und nicht Wirklichkeit, schmutzige Fantasien, die Spaß machen. Stimmt, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit ist es einer, der unter miesen Bedingungen gedreht wurde, ohne „Fair-Verkehr“-Emblem. Der „gute“ Porno hingegen wird unter fairen Arbeitsbedingungen gedreht, die die mitmachen, sollen und dürfen sich wohlfühlen. Und ja, richtig: Viele Frauen schauen Pornos und sind mitunter leichter erregbar als Männer! Das aber nicht nur, indem sie Pärchen beim Schmusen und Streicheln zuschauen (blödes Klischee). Nein, sie stehen, je nach Geschmack, auch auf harte, explizite Szenen, mögen aber gleichzeitig die Erzählung dahinter und vor allem die Sicht auf variantenreiche Spielarten abseits der reinen Rammel- und Blowjob-Performance. Es geht vielmehr um spielerische Sinnlichkeit, Authentizität und das Gefühl eines „echten“ Einblicks.
Der klassische Mainstreamporno ist nach wie vor geprägt durch den männlichen Blick, den „male gaze“, wie es in der Branche heißt. Er hievt Frauen in die Rolle des Objekts, das Männer befriedigen soll. Dabei reduziert sich am Ende alles auf das eher schlichte Konzept „vögeln, blasen, spritzen“, lustiger wird’s nimmer.
Ein wunderbares Beispiel, wie gut das funktioniert, ist „Cheex“. Ein Berliner Start-up, das im Jahr 2020 gegründet wurde und sich der Idee der „Sexual Wellness“ widmet – mit dem Ziel, „einen frischen und sicheren Zugang zu pornografischen und aufklärenden Inhalten zu ermöglichen.“ Auf der Plattform finden sich nicht nur einschlägige Filme, sondern auch Audiogeschichten sowie ein Magazin, das sich dem Thema Sexualität widmet. Es gibt Workshops, etwa zu Themen wie „Analsex“ oder, unlängst, zu „Lust und Mutterschaft“. Man versteht sich also als „sexpositive Community“ für Menschen, die sich nach sexueller Stimulation und Inspiration sehnen. Der zentrale Punkt dabei ist der vielfältige Blick auf vielfältige Bedürfnisse, und das möglichst „echt“. O-Ton: „Wir sind davon überzeugt, dass Sexualität so dargestellt werden muss, wie sie tatsächlich gelebt wird: divers, lustvoll, einvernehmlich.“ Mag ich. Mittlerweile wird Cheex schon als „Netflix der Erotikbranche“ gehandelt, ihr Abo-Modell generiert siebenstellige Umsätze und hat an die 100.000 UserInnen. Das macht Hoffnung. Weil es immer mehr Anbieter fairer und ästhetischer Erotikfilme gibt. Wie etwa „Lustery“ von Paulita Pappel, wo echte Paare zu sehen sind, die nicht eiskalt performen, sondern Spaß dran haben, sich zu zeigen. Ebenfalls faire und feministische Pornos produziert „feuer.zeug“, ein Projekt, das laut Website auch „Veranstaltungen zum gemeinsamen Pornogucken und Darüberreden“ sowie Workshops und Vorträge organisiert. Bekannteste Vorreiterin ist Erika Lust mit ihren „XConfessions“. Sie setzt echte, anonyme erotische Fantasien in Kurzfilme um. Spannend.
Jubiläum
Die Beratungsstelle „First Love“ feiert 30. Geburtstag. Gestartet wurde sie im Jahr 1992 von der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung in der nunmehrigen Klinik Landstraße. Nach wie vor können sich dort junge Menschen kostenlos anonym Hilfe und Antworten holen – zu Sex, Liebe, Verhütung. Es gibt - ohne e-card – gynäkologische Untersuchungen sowie Gratis-Verhütungsmittel. Info: firstlove.at
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